Das Jugurtha-Syndrom und die Brüchigkeit des republikanischen Systems

Jugurtha

Soeben spielte ich (jaja, es ist fast drei Uhr in der Nacht) eine äußerst schwere Online-Partie Schach gegen jemanden, der als Pseudonym „Jugurtha“ gewählt hatte. Irgendetwas klingelte bei mir, humanistische Bildung und so. Das höchst aktuelle Ergebnis meines Nachdenkens will ich den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern nicht vorenthalten.

Die Jugurtha-Episode nimmt trotz ihrer außenpolitisch eher marginalen Bedeutung für die römische Geschichte einen wesentlichen Stellenwert ein, da durch sie die Korruption innerhalb der römischen Nobilität am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. deutlich wurde. Jugurthas in jeder Hinsicht illegales Vorgehen, das trotzdem vom Senat wenigstens in weiten Teilen gebilligt wurde, ist ein Symptom für die Brüchigkeit des republikanischen Systems, das unter anderem durch den ungeheuren Machtzuwachs Roms nach dem Ende der Punischen und Makedonischen Kriege und der damit verbundenen hemmungslosen Bereicherung zahlreicher Vertreter der römischen Oberschicht ins Wanken geriet. Zudem förderte das selbstherrliche Hinwegsetzen von Mitgliedern der Nobilität über Recht und Gesetz die Spaltung von Nobilität und einfacher Bevölkerung,…

Jugurtha hatte einen großen Teil der römischen Nobilität gekauft. Dazu passt, dass Deutschland die UN-Konvention gegen Korruption unterzeichnet, es bislang aber noch nicht ratifiziert hat. Wetten wir, dass das auch unter der großen Koalition nicht passiert?

Und was lesen wir über die Spalttung zwischen der herrschenden Klasse samt ihrer verbündeten Schichten und der Mehrheit der deutschen Bevölkerung? „In Deutschland gibt es demnach gegenüber 2002 sowie den 1990er Jahren eine Zunahme der Ungleichverteilung der Einkommen. Laut der OECD hat die Einkommensungleichheit seit Mitte der 1990er Jahre in Deutschland stärker zugenommen als in den anderen OECD-Ländern.“ Nein, das ist keine linke Propaganda, sondern die Bundeszentrale für politische Bildung: „Detailliertere Untersuchungen unter Einbeziehung der Top-Einkommen aus der Einkommensteuerstatistik zeigen, dass von 1992 bis 2005 nennenswerte reale Einkommenszuwächse nur bei den reichsten zehn Prozent der Bevölkerung angefallen sind.“

Hat hier jemand spätdeutsche „Dekadenz“ gesagt?