Mindestlohn und PPP [Update]

wachschutz

Foto: Burks (Titel eines Wachbuchs)

Ich habe mich mal umgesehen, ob es Blogs gibt, die sich mit der Situation der Arbeitenden in der Sicherheitswirtschaft befassen – aus deren Sicht. Zum Thema relevante Beitrage habe ich nur auf dem offenbar Polizei-nahen Cop2Cop gefunden. Aber ansonsten – ausser ein paar verstreuten Infos beim DGB und bei ver.di: Fehlanzeige.

Dabei ist das Thema pädagogisch wertvoll, um die Strategie und Taktik des Kapitals – hier meistens die der Kleinbourgeoisie, also des so genannten Mittel“stands“ – zu erläutern, was den Lohn angeht. Der Lohn sind die Kosten der Ware Arbeitskraft, also das, was die Arbeiter auf dem Markt verkaufen. (Sie sind also eigentlich die „Arbeitgeber“.)

Zur Info: Die Zahl der Beschäftigten und der Umsatz im Sicherheitsgewerbe steigen. Es gibt – laut FAZ – rund 4000 Unternehmen und 183.000 Beschäftigte. Je nach Ländern gelten unterschiedliche Mindestlöhne; Unternehmen, die in den neuen Bundesländern ihren Stammsitz haben, aber in Berlin ihre Dienste anbieten, sind also klar im Vorteil. Wenn das der freie Markt(TM) wüsste!

Erst ab Mai 2011 gibt es überhaupt einen allgemeinen Mindestlohn im Sicherheitsgewerbe – 7,50 pro Stunde im . Warum ist also die Kleinbourgeoisie dafür? Noch vor wenigen Jahren wurden Stundenlöhne von rund fünf Euro gezahlt, das ist im Monatsdurchschnitt fast weniger als der Regelsatz von Hartz IV.

Ein Unternehmensvertreter hat das hübsch gesagt: Die Anzeichen verdichteten sich, dass „besonders polnische Firmen“ ab Mai 2011 das Lohngefälle ausnutzen und massiv auf den deutschen Markt drängen würden.
Da Angebote mit dem niedrigsten Preis in der Regel den Zuschlag bekommen und effektive Kontrollen fehlen, werden künftig fragwürdige ausländische Dienstleister die Situation erheblich verschärfen.(…) Zahlreiche Sicherheitsfirmen stünden bereits in den Startlöchern, um auf dem deutschen Markt aktiv zu werden. Bei einem durchschnittlichen Stundenlohn von rund drei Euro rechnen sie sich gute Chancen aus, deutsche Unternehmen zu verdrängen.

Daher weht der Wind. Nun muss man wissen, dass im Wachgewerbe nicht nur unglaublich niedrige Löhne gezahlt werden, sondern dass die Unternehmen noch ganz andere Tricks auf Lager haben: Die durchschnittliche Arbeitszeit beträgt 12 Stunden; oft werden nur elf abgerechnet, weil Pausen nicht bezahlt werden.

Warum „boomt“ das Sicherheitsgewerbe überhaupt? Mir war das nicht wirklich klar, bevor ich mich mit einem ver.di-Gewerkschaftssekretär unterhalten habe. Die Polizei und Städte und Gemeinden müssen ihre Gebäude bewachen, die dort Beschäftigen bekommen aber den Tariflohn für den öffentlichen Dienst. Das ist denen zu teuer, also wird alles „outgesourct“. Private Sicherheistfirmen bewachen jetzt Rathäuser und Polizeiwachen und Schulen. Dafür hat sich die Neusprech-Abteilung den Begriff „Public-Private Partnership“ ausgedacht. Es geht also darum die Löhne zu drücken. Das beschreibt man am besten mit einem Begriff, der positiv klingt: „Partnerschaft“. Böse Menschen wie ich würden eher von einer öffentlich-privaten Komplizenschaft reden. Oder die Unternehmen treten aus den entsprechenden Verbänden aus – dann können sie zahlen, was sie wollen.

[Update] Spiegel online: „Wenn die Stunde 80 Minuten hat“.

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Kommentare

14 Kommentare zu “Mindestlohn und PPP [Update]”

  1. Ossiblock am Dezember 8th, 2013 7:03 am

    Moin moin Burks,

    du wirst auch so ziemlich der einzige schreibende Wachmann sein… ;-)

  2. .... der Trittbrettschreiber am Dezember 8th, 2013 9:58 am

    „Daher weht der Wind.“

    Dieser Wind weht schon sehr lange. Das was im Alltag als leicht säuselnde, manchmal sogar als frische Brise empfunden wird, ist eigentlich nichts anderes als die Wahrnehmung von Veränderungs-Prozessen, die Heraklit mit seinem ‚panta rei‘ bezeichnet haben könnte. Ich nenne dieses Phänomen ganz im Sinne unseres komplexitäts-phobischen und immer nach Vereinfachung strebenden Zeitgeistes schlicht und plump: Presenile soziale Demenz.

  3. andreas am Dezember 8th, 2013 2:06 pm

    http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/berlin-bundestags-fahrbereitschaft-droht-die-pleite-12694459.html
    ab jetzt mit dem taxi, hahaha. das wird sicher geld sparen. personal das in hotels zimmer reinigt wird ebenfalls beschissen bezahlt, wie im übrigen die restlichen angestellten in hotels auch. das ist ein weites feld.

  4. admin am Dezember 8th, 2013 2:11 pm

    Wer sagt, dass ich „Wachmann“ bin?

  5. Herr Karl am Dezember 8th, 2013 5:11 pm

    Ha, erwischt – auch der Burks liest die FAZ!

  6. André Dreilich am Dezember 8th, 2013 5:42 pm

    @admin Die Vermutung liegt nahe … das Thema, dazu die Nutzung des ÖPNV zu unjournalistischen Tageszeiten …
    Beste Grüße
    ad

  7. rainer am Dezember 8th, 2013 6:29 pm

    …….bewachen jetzt Rathäuser und Polizeiwachen……..

    …die POLIZEI muss bewacht werden…lach

  8. Ossiblock am Dezember 8th, 2013 6:34 pm

    Hmmh.. Sicherheitswirtschaftsfachkraft mit Gewerbeordnungsprüfungszertifikat?

  9. elvis am Dezember 8th, 2013 6:41 pm

    Also, Wachmann kennt selbst die Wikipedia nicht und die wird von Bundestagsabgeordneten und Wissenschaftlern zitiert. Das kanns also nicht geben.

    admin am Dezember 8th, 2013 2:11 pm

    Wer sagt, dass ich “Wachmann” bin?

    Du bist ungelernter, also Wachmann, wie das so schön umgangssprachlich genannt wird. Es gibt wohl auch geprüfte Wachmänner oder Sicherheitsmitarbeiter.

    Die Wikipedia nennt das Wächter, da musste ich erst mal laut lachen als ich das las. Habe ich noch nie gehört. Immer nur Wachmann.

    Bei uns bewachen so welche tatsächlich die hiesige Polizeiwache, die nennt sich Polizeiinspektion. Hat mich selbst gewundert das die Polizei sich nicht selbst bewachen kann. Das sind aber alles systemtreue, 3-fach geprüft und verifiziert und keiner von denen hat lange Haare.
    Das sind alles armselige, ausgebeutete Kreaturen.

  10. elvis am Dezember 8th, 2013 6:45 pm

    Sagt mal:

    Kann Frau/Mann noch im 80. Lebensjahr als Wachfrau/Wachmann arbeiten? Burks hat doch unlängst diesen „Schein“ für 200 € Gebühr gemacht. Quasi als Schein-Selbständiger.

  11. elvis am Dezember 8th, 2013 6:49 pm

    Burks, das auf dem Foto, bist Du das – mit Bart und kurzen Haaren und Kontaktlinsen?

  12. admin am Dezember 8th, 2013 9:03 pm

    Elvis: du kannst noch mit 100 in der Sicherheitswirtschaft arbeiten, wenn dich jemand nimmt… Und „ungelernt“ ist man nicht, wenn man die Prüfung nach § 34 a Gewerbeordnung abgelegt hat. Da fallen ziemlich viele durch… Die muss man auch haben, wenn man eine eigene Firma aufmacht.

    Das mit den „langen Haaren“ ist, wie so vieles, auch in der Sicherheitsbranche eine Eierfrage.

  13. Duckhome am Dezember 9th, 2013 5:03 am

    Aufgelesen und kommentiert 2013-12-08

    Petition: Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen Unterstützer sammeln bundesweit Unterschriften für Sanktionens-Petition Kein Recht auf Faulheit Deutschlandfunk-Podcast über Kinderarmut in Deutschland EU: Steuerflucht als Geschäftsmodell Trau, schau, de

  14. .... der Trittbrettschreiber am Dezember 9th, 2013 8:47 am

    …Eierfrage – endlich hab‘ ich’s verstanden.

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