Ross William Ulbricht stolpert auf der Seidenstrasse

silk road

Wenn ich etwas in deutschen Medien lese, in dem „Tor“ vorkommt, weiß ich, dass ich eine Stunde eigener Recherche vor mir habe: Das Thema interessiert, aber mich infomiert niemand so, dass das den journalistischen Standards entspräche, die ich an mich selbst anlege. Da ich Freiberufler bin, kann ich natürlich die Klappe halten, wenn ich etwas nicht weiß; andere müssen etwa schreiben, weil eine Kuh den Schwanz gehoben hat und alle anderen Kühe sich dann auch so verhalten.

Der Betreiber von „Silk Road“ ist also geschnappt worden. Da schauen wir jetzt genauer hin als Heise.

Dem FBI ist ein großer Coup im Kampf gegen den Drogenhandel gelungen. Nein. Falsch. Das ist erstens Propaganda-Sprech im schon verlorenen Krieg gegen Drogen, und zweitens müsste die These auch noch verifiziert werden. Was wäre, wenn das FBI dem mutmaßlichen Täter nichts nachweisen könnte? Dann wäre es eine Aktion Heiße Luft nach dem Muster, was wir schon kennen: Die Polizei nimmt erst mal zahllose Leute fest, die sich dann – wie sich erst dann herausstellt, wenn sich niemand mehr für das Thema interssiert – als unschuldig herausstellen. Der Berliner Polizei ist ein großer Coup im Kampf gegen Bombenbauanleitungen im Internet gelungen, weil man bei Burks eine Wohnungsdurchsuchung gemacht hat? Nein. Zwei Jahre später (eben!): nix gewesen.

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Die Ermittler konnten anscheinend den Betreiber der Silk Road – einem berüchtigten Marktplatz für Illegales – verhaften und die Seite vom Netz nehmen. Berüchtigt. Ach?! Bei wem denn? US-Medien enthalten sich gewöhnlich solcher suggestiver Begriffe. In Deutschland machen sich Journalisten viel zu oft die doch sehr befangene Sicht der Ermittlungsbehörden zu eigen. Das ist nicht seriös, sondern unterschwellige Moraltheologie.

Vernünftige Leute fordern hingegen, den berüchtigten (!) Krieg gegen den Gebauch eher harmloser psychotropher Substanzen wie Haschisch und Marihuana einzustellen. In Deutschland dürfte man übrigens die Anklageschrift nicht veröffentlichen – mir hat man schon wegen einiger Zitate aus meiner eigenen (!) ein Verfahren angehängt. (§ 353d StPO – „Verbotene Mitteilungen über Gerichtsverhandlungen“)

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Was ist also im Fall Ross Ulbricht aka Dread Pirate Roberts geschehen? Trevor Creech fasst das sehr schön zusammen:

– Advertised Silk Road days after it’s launch on drug forums and bitcointalk.org with the username „altoid“. 8 months later he used this username looking for developers and included his personal email (rossulbricht@gmail.com) in the message.
– Using records from a seized webserver, the FBI agent subpoena’d his way back through a private VPN server to an IP address at a coffee shop on Laguna street in San Francisco. This happened to be 500 feet away from the house of one of Ross Ulbricht’s friends.
– US Customs intercepted a package containing 9 pieces of counterfeit id. All 9 had photos of Ross Ulbricht with different names.
– Ulbricht posted on Stack Overflow using his real name, asking “How can I connect to a Tor hidden service using curl in php?”. One minute later he changed his username to “frosty”, but a subpoena shows the original name.

O je. User im Silk-Road-Forum echauffieren sich über so viel Dummheit: „What a noob.“ Creech: „this guy was an amateur for someone running the largest drug dealing website in the world.“

Slate schreibt:

Oh, and the encryption key on the Silk Road server ended with the substring „frosty@frosty.“ Whoops.

Frosty’s account lives on at Stack Overflow, where you can inspect his code and pass judgment on his chops if you’re so inclined.

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Fazit: Der mutmaßliche Betreiber einer Internet-Plattform für den Handel mit psychotrophen Substanzen hat so viele dumme Fehler gemacht, dass die US-amerikanischen Fahnder nicht viel Mühe hatten, ihn aufzuspüren – übrigens ganz ohne Vorratsdatenspeicherung. Und Tor wurde auch nicht kompromittiert.