Es ist entschieden

fdp

Ich habe heute schon gewählt. Beide Parteien, mit denen ich sympathisierte, bekamen eine Stimme. Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser können jetzt raten. Ich hoffe, ihr wisst, dass die Zweitstimme (auf der rechten Seite des Wahlzettels) entscheidet und die Erststimme nur etwas bedeutet, wenn es um Überhangmandate geht?

Hier noch ein paar Argumente zur Wahl an sich.

Wahlen ändern nichts. Wenn das anders wäre, wären sie verboten.
Man kann die parlamentarische Demokratie als Sedativum verstehen, im Kapitalismus den Wählern das Gefühl zu geben, sie hätten etwas zu sagen. Die Regierung hat aber weniger zu bestimmen als gemeinhin angenommen wird. Die Regierung ist auch nicht die herrschende Klasse, sondern nur deren Erfüllungsgehilfe. Angela Merkel hat ja im so genannten „TV-Duell“ zugeben, dass sie nur das macht, was die Europäische Zentralbank rät. Ausserdem ist die herrschende Klasse kein monolitischer Block, der identische Interessen hat.

In Nicaragua ist die nach der Revolution abgewählte FSLN durch Wahlen wieder an die Macht gekommen. Auch in Chile ist Salvador Allende 1970 in freien und geheimen Wahlen Präsident geworden, in Südafrika Nelson Mandela. Die deutschen Revolutionäre haben 1848/49 im Kampf für Wahlen mit der Waffe in der Hand gekämpft.

Wahlergebnisse können den Willen der Mehrheit dokumentieren, wie auch immer der zustandekommen. Wahlergebnisse können auch dukumentieren, dass die Wähler zuviel vom Opium des Volkes genossen haben. „Pressefreiheit ist die Freiheit von 200 reichen Leuten, ihre Meinung zu verbreiten… Da die Herstellung von Zeitungen und Zeitschriften immer größeres Kapital erfordert, wird der Kreis der Personen, die Presseorgane herausgeben, immer kleiner.“ (Paul Sethe)

Wer nicht wählt, sollte auch sonst konsequent das Maul halten und sich in seine Biedermeier-Datsche zurückziehen und Mücken beobachten oder neue Grassorten züchten.

Es gibt keine Partei, die es wert wäre, gewählt zu werden.
Das stimme ich natürlich zu. Es gibt aber nur zwei Wege, wie das Volk versuchen kann, seine Ideen punktuell in Gesetze zu formen: Über das System der politischen Parteien oder über Volksabstimmungen.

Ich stehe Volksabstimmungen sehr kritisch gegenüber, da sie erstens meistens das „gesunde“ Volksempfinden widerspiegeln, also das Grauen, insbesondere in Deutschland (das gilt auch für das piratische Liquid Democracy). Volksabstimmungen können noch mehr von den Medien manipuliert werden als Wahlen.

Zweitens bilden sich politische Ideen innerhalb von Parteien immer auf der Basis des kleinsten gemeinsamen Vielfachen, weil nicht die Klügsten und Besten das Sagen haben, sondern die größten Opportunisten, die deshalb nach vorn geschubst werden, weil sie nur wenigen weh tun und immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort herumstehenn, um von vielen gesehen zu werden. Das gilt für die CDU genauso wie für die Piraten oder die Linke. Man hat also bei der Art und Weise, wie man den Willen des Volkes feststellt, die Wahl zwischen Pest und Cholera. Es gibt aber keine Alternative.