Bundesgeheimdienstrepublik Deutschland

Es wird immer gruseliger. In der Süddeutschen steht ein lesenswertes Interview mit dem Historiker Josef Foschepoth, dem Autor des Buches „Überwachtes Deutschland“ (2012):

Die Beschränkungen sind inzwischen so zahlreich, dass es ein Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Post- und Fernmeldegeheimnisses nicht mehr gibt. 1968 änderte die große Koalition Artikel 10 folgenschwer ab. Ein Zusatz sieht vor, dass die überwachten Personen nicht das Recht haben, informiert zu werden. Zudem wird der Rechtsweg ausgeschlossen. Mit der Ausschaltung der Gewaltenteilung wurde ein verfassungswidriges Prinzip in die Verfassung geschrieben. Das ist eine der schlimmsten Beschädigungen des Grundgesetzes.

Ich muss mich bei den wohlwollenden Leserinnen und geneigten Lesern entschuldigen, wenn ich vielleicht bisher den Eindruck erweckte, ich sei der Meinung, Deutschland sei ein souveräner Staat. Dem ist nicht so.

Foschepoth hat auch einen Artikel geschrieben, in dem er auflistet, welche Gesetze den US-amerikanischen Geheimdiensten praktisch alles erlauben. Ich frage mich, ob die Richter am Bundesverfassungsgericht dieses Buch gelesen haben? Aber die handeln und entscheiden nur auf Antrag.

By the way: Was macht eigentlich die Piratenpartei? Sie schreibt Briefe an die Kanzlerin. Wenn es denn der Wahrheitsfindung dient…

image_pdfimage_print

Kommentare

5 Kommentare zu “Bundesgeheimdienstrepublik Deutschland”

  1. sdfhh am Juli 9th, 2013 10:18 pm

    als ob die piratenpartei irgendwas daran ändern könnte

  2. flatter am Juli 9th, 2013 10:19 pm

    De facto hast du recht, de jure irrt aber auch Foschepoth, so wie die meisten, die sich auf „vökerrechtliche Verträge“ berufen:

    Welche Grenzen hat ein westalliierter Geheimdienst wie die NSA in Deutschland?

    Im Prinzip keine. Die NSA darf in Deutschland alles machen. Nicht nur aufgrund der Rechtslage […]

    Für die BRD gibt es kein Recht, das das Grundgesetz außer Kraft setzt, dieses ist u.a. überhaupt die Basis für vökerrechtliche Verträge mit der BRD. Glaubt man also noch an jedwedes Recht, wurde das GG behandelt wie subalternes Gesetzeswerk, was aber eben das gesamte Kartenhaus zum Einsturz bringt. Man muss sich entscheiden, ob das GG und damit alle Rechtsstaatlichkeit Wirkung hat oder nicht. Sonst kannst du morgen mit der Knarre einkaufen gehen und de jure kann dir keiner was.

    Soweit die Theorie.

  3. AntiTerrorist am Juli 9th, 2013 11:01 pm

    na endlich kommt mal frischer wind in die debatte, ich geh lieber mit ner knarre einkaufen, als mich weiterhin der willkür dieser Reststaat-gmbh auszusetzen. wenn ich mit denen keine Geschäfte machen will, haben die das zu akzeptieren. ich lebe schon einige jahre am a. der gesellschaft, innerhalb einer ‚beschwerdeschwachen randgruppe‘, wie es im internen amtsdeutsch so schön heisst. wenn ich nicht alleine auf mich aufpassen könnte, wäre ich schon nicht mehr, dazu benötige ich dieses staatsgebildegeschäft keinesfalls. im gegenteil, wie die exekution am berliner neptunbrunnen zeigt, gibt es keinen grund, sich von den freunden und helfern beschützt zu fühlen.

    gruss, der Tr0LL

  4. Michael am Juli 10th, 2013 2:17 pm

    Ich denke, dass man die Form der Demokratie, die als Folge des Merkantilismus entstanden ist – eine Sonderform des Feudalismus mit Wahlkönigen anstelle einer Erbfolge – nicht von den Geheimdiensten trennen kann.

    Die Geheimdienste überwachen die Bevölkerung, um das System zu stabilisieren. Ein stabiles System ist ein System in dem jeder der ein eigenes System errichten will – egal wie es aussieht – ausgeschaltet oder unter Kontrolle gebracht worden ist.

    In diesem Sinne gibt es zwischen einer Diktatur und einer Demokratie nur noch ein Merkmal, das sie unterscheidet:

    Anzahl und Heftigkeit der Repressionen. (Auch die Repressionen gegen Demonstranten wie bei Stuttgart 21, Heiligendamm zählt nur bedingt, da der Schlagstockeinsazt dort im letzen Augenblick abgesagt werden mußte)

    So gesehen wundern die Sonderbefugnisse für die Geheimdienste der USA nicht sonderlich. Man lagert Aufgaben, die Kosten- oder Personalintensiv sind einfach an die Verbündeten aus. Ist ja auch praktisch. Für Deutschland wäre es ja wegen seiner Vergangenheit noch unangenehmer gewesen, wenn sie anstelle der USA beim systematischen Foltern erwischt worden wären.

    Natürlich ist unangenehm in einer formalen Demokratie zu leben, aber so leicht wird sich das nicht ändern lassen. Dafür sind die Geheimdienste zu tief im System verwurzelt.

  5. FDominicus am Juli 11th, 2013 7:39 am

Schreibe einen Kommentar