Die Eier der spanischen Schlüsseldienste

Klassenkampf in Spanien: Schlüsseldienste weigern sich, bei Zwangsräumungen mitzumachen. (via Fefe)

So etwas würde in Deutschland nie passieren, wegen Leitkultur und so. Tienen cojones, lost servicios clave en España.

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Investorenfreundliche Höschen aus Kambodscha und die Charaktermasken

adidas

Gestern habe ich mir zwei Sporthosen gekauft, kurz und lang. Ich hatte einen Gutschein für sportscheck.com bekommen. SportScheck gehört der Otto Group.

Löblich, dass in der SportScheck-Filiale in Berlin-Steglitz Verkäufer herumlaufen, die einen beraten, die nicht nur auf Zuruf herbeigeeilt kommen, sondern die den ziellos umherirrenden Kunden (Turnhosen? Wo gibt es Turnhosen?) sogar fragen, ob sie dienstbar sein können.

Ich ahnte allerdings schon, dass mein Kauf nicht reibungslos ablaufen würde. Ich hatte einen Gutschein. Was aber, wenn die Summe der gekauften Artikel kleiner war als die Summe, die ich geschenkt bekommen hatte? Und siehe, als ich den Gutschein abgab, begann die Verkäuferin eilig einen neuen auszufüllen.

Meine zeitliche Hemmschwelle, Ärger anzufangen oder – wie man im Englischen sagt „to stir the soup up“ – beträgt ungefähr eine Millisekunde (merkwürdigerweise gilt das auch für meinen Avatar in virtuellen Welten). Ich verkündete, dass ich den Differenzbetrag ausgezahlt haben wolle. Das ginge nicht, war die Antwort, die ich auch erwartet hatte. Ich fing an, laut und deutlich zu reden und sagte, entweder es ginge doch oder ich würde auf den Kauf ganz verzichten und den Schenkenden den Gutschein zurückbringen. Ob es einen Geschäftsführer gebe? Der kam auch und sagte, man dürfe mir das Geld auszahlen. Geht doch.

Beide Höschen sind von Reebok bzw. Adidas, was Rebook gekauft hat. Adidas ist bei der Kampagne für saubere Kleidung bestens bekannt.
Adidas verfügt über einen Verhaltenskodex, der auf der Homepage des Unternehmens einsehbar ist. Auch werden hier die weltweiten Zuliefererbetriebe sowie der Lizenznehmer veröffentlicht. Adidas ist seit 1999 Mitglied der Multi-Steakholder- Initiative Fair Labor Association (FLA). Immer wieder berichten NäherInnen von Arbeitsrechtsverletzungen in Fabriken, die für adidas fertigen.

Auf der Liste der Zuliefererbetriebe kann man nachlesen, welche Firmen in China und Kambodscha für Adidas produzieren. Guckst du hier:
Die Bekleidungsindustrie gehört in Kambodscha zu den Schlüsselindustrien für Exporteinnahmen und beschäftigt durchschnittlich 350.000 bis 400.000 Personen. Die große Abhängigkeit von diesem Exportstandbein führt dazu, dass Kambodscha aus Wettbewerbsgründen ein Interesse hat, die nationalen Mindestlöhne tief und somit investorenfreundlich zu halten. Mit den steigenden Lohnkosten in China wurde Kambodscha umso mehr zu einem begehrten Produktionsland, um billig Massenware zu produzieren. (…) In Kambodscha beträgt der gesetzliche Mindestlohn 61 US-Dollar (ca. 47 Euro) pro Monat. Dazu kommen 10 US-Dollar Anwesenheitsbonus und 7 US-Dollar als Beitrag für Transport- und Mietkosten. Der gesetzliche Mindestlohn wurde nach einem sektorweiten Streik im Jahr 2010 von 56 US-Dollar auf 61 US-Dollar angehoben.

Nur damit das klar ist: Ich kümmere mich nicht darum, wer das produziert hat, was ich am Leib trage. Die Trägerorganisationen der „Kampagne für saubere Kleidung“ bestehen mehrheitlich aus deutschen Gewerkschaftlern sowie Verehrern höherer Wesen und anderen Lichterkettenträgern aus der Abteilung „faier Lohn und Preis“. Letztere haben vom Kapitalismus so viel Ahnung wie ein „Volks“wirtschaftler vom Krabbenfischen. Man kritisiert aus moralischen Gründen, nicht aus Prinzip, fällt also intellektuell noch hinter die Befreiungstheologie zurück. Löblich ist es jedoch, dass die öffentlich machen, wie das Proletariat arbeiten muss, damit Firmen die Adidas billige Kleidung anbieten können.

Ich finde es interessant, dass man heute in Deutschland Hosen kaufen kann, die zum Beispiel in Kambodscha hergestellt werden. Vor fünfzig Jahren wäre das undenkbar gewesen. Man könnte diese Hosen als pädagogisch wertvolles Beispiel im Unterricht nutzen, um zu demonstrieren, wie der Fall der Profitrate funktioniert und warum Firmen die Produktion in Billiglohnländer verlagern und warum man das nicht verhindern kann. Man kann diesen Trend eben nicht einfach umkehren.

Die Kapitalisten machen das ja nicht aus Böswilligkeit, sondern weil sie als Charaktermasken agieren, es also tun müssen, weil die Gesetze des Marktes im Kapitalismus sie dazu zwingen. Kann man hier weiterlesen:
Charaktermaske bedeutet, dass im Kapitalismus die Menschen, weil sie über Warentausch miteinander in Beziehung treten, nicht einfach ausgehend von ihren individuellen, unmittelbaren und spontanen Bedürfnissen und Interessen handeln, sondern sich immer schon in vorgegebenen Rollen befinden, die ein bestimmtes Handeln als besonders rational belohnen. (…) Die gesellschaftlichen Prozesse sind nicht das Ergebnis von individuellen Willensentscheidungen. Aber sie sind auch nicht nur passive Opfer. (…) …die Individuen werden in und durch die Verhältnisse, unter denen sie leben, zu bestimmten Personen gemacht. Auf diese Weise werden sie zu Träger von Verhältnissen, aber nicht von irgendwelchen Verhältnissen, sondern von Klassenverhältnissen. Die Personen tragen aktiv die Verhältnisse und reproduzieren sie durch ihr Handeln.

Nur mal so unter uns Tarifpartnern: Die Höhe der Löhne sind nicht objektiv, sondern eine Machtfrage. Was würde geschehen, wenn das Proletariat weltweit ein Lohnniveau erkämpft hätte, das dem in den industrialisierten Staaten aka „Erste Welt“ ähnelt? Wo würde Adidas dann seine Hosen herstellen lassen? Ist das nicht eine ausgezeichnete Frage, um die von uns hier schon öfter erwähnte Glaubensgemeinschaft Freier Markt(TM) noch bescheuerter aussehen zulassen als sie eh schon ist?

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The Tennessee Waltz – RIP Patty Page


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Patti Page (8. November 1927 – 1. Januar 2013)

Sehr schön ist auch die Version mit Bonnie Raitt und Norah Jones.

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Das Ministerium für Wahrheit informiert

Das Ministerium für Wahrheit informiert: Sinti und Roma werden von der Polizei jetzt MEM genannt.

Zigeuner hört sich unschön an, aber wo kämen wir denn hin, wenn wir diese „mobile ethnische Minderheit“ jetzt so nennen würden, wie die es wollen?

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Von grôzer arebeit und ihrer fantastischen Gestalt

nibelungenlied

Wahrscheinlich bin ich der einzige Mensch auf der Welt, dem bei „Nibelungenlied“ und „Das Kapital“ von Karl Marx gleichzeitig etwas einfällt. Da die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser dieses kleinen und gesellschaftlich irrlevanten Blogs vermutlich zu einer bildungsbürgerlichen Elite gehören, die die Hexameter Homers und das Geschwurbel Hegels auswendig zitieren können und gleichzeitig bei „Python“ nicht nur Schlangen assoziieren, die das Hildebrandslied beim Duschen summen und die wissen, was das Zahlkörpersieb mit asymmetrischer Kryptografie zu tun hat, kann ich heute die intellektuelle Schraube noch weiter anziehen. Nein, die allgemeine Relativitätstheorie kommt nicht vor. (Noch jemand hier?)

Ich habe in den letzten Tagen den ersten Band des Marxschen „Kapital“ durchgeblättert, was ich seit den 70-er Jahren so ausführlich nicht mehr getan hatte. Man fragt sich natürlich, warum man sich das antun sollte und warum Marx mehr als hundert Seiten braucht, um den Begriff „Ware“ zu analysieren, anstatt das auf Wikipedia-Niveau mit ein paar Sätzen abzuhandeln. Nur damit das klar ist: Wenn man mit der Marxschen Theorie nicht hinreichend und einleuchtend erklären könnte, was es mit der so genannten „Krise“ in Griechenland auf sich hat, oder wenn man den tendenziellen Fall der Profitrate nur gebrauchen könnte, um bei einer Party von „Volks“wirtschaftlern die Gäste zu erschrecken, dann könnten wir uns das auch ersparen und Marx im Ordner „Alles, was die Welt dringend nicht braucht“ abheften, gleich neben Adalbert Stifter, dem Vordenker des Lebensgefühls der Grünen, Anaximander und dem Vaterunser auf Prägermanisch.

Das Publikum stritt hier herum, was „Arbeit“ und „gesellschaftlich“ bedeute. Im Nibelungenlied (mittelhochdeutsch, 12. Jh.) zum Beispiel ist von „grôzer arebeit“ die Rede: Das Wort hat aber mitnichten mit dem etwas zu tun, was wir darunter verstehen. Im Althochdeutschen, das ungefähr zur Zeit Karl des Großen gesprochen wurde, bedeutet „Arbeit“ nur „Mühsal“ oder „Beschwernis“. „Arbeit“ als ein Tun, das Werte schafft, ist bis zum hohen Mittelalter in der gesamten Literatur unbekannt. Im Neblungenlied steht es als Synonym für „Kampf“.

Marx arbeitet (sic!) sich ja deswegen am Wort „Arbeit“ ab, weil diese in der Zeit vor dem entwickeltem Kapitalismus anders organisisiert war. Ein abstrakter Begriff „Arbeit“ im Sinne von „Wertschöpfung“ war im Sinne des Wortes undenkbar, genausowenig wie die Himmelsmechanik Isaac Newtons im antiken Griechenland hätte erdacht werden können – die alten Griechen hatten zwar von Mechanik Ahnung, aber für eine wissenschaftliche Theorie der Astronomie waren zu ihrer Zeit die Produktivkräfte und die Technik noch nicht genug entwickelt. Denken und abstrakte Begriffe fallen eben nicht einfach vom Himmel. Ökonomie ist eine Wissenschaft, und für die gilt das auch. Marx schreibt:

Versetzen wir uns nun (…)in das finstre europäische Mittelalter. Statt des unabhängigen Mannes finden wir hier jedermann abhängig – Leibeigne und Grundherrn, Vasallen und Lehnsgeber, Laien und Pfaffen. Persönliche Abhängigkeit charakterisiert ebensosehr die gesellschaftlichen Verhältnisse der materiellen Produktion als die auf ihr aufgebauten Lebenssphären. Aber eben weil persönliche Abhängigkeitsverhältnisse die gegebne gesellschaftliche Grundlage bilden, brauchen Arbeiten und Produkte nicht eine von ihrer Realität verschiedne phantastische Gestalt anzunehmen. Sie gehn als Naturaldienste und Naturalleistungen in das gesellschaftliche Getriebe ein. Die Naturalform der Arbeit, ihre Besonderheit, und nicht, wie auf Grundlage der Warenproduktion, ihre Allgemeinheit, ist hier ihre unmittelbar gesellschaftliche Form. Die Fronarbeit ist ebensogut durch die Zeit gemessen wie die Waren produzierende Arbeit, aber jeder Leibeigne weiß, daß es ein bestimmtes Quantum seiner persönlichen Arbeitskraft ist, die er im Dienst seines Herrn verausgabt. Der dem Pfaffen zu leistende Zehnten ist klarer als der Segen des Pfaffen. Wie man daher immer die Charaktermasken beurteilen mag, worin sich die Menschen hier gegenübertreten, die gesellschaftlichen Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten erscheinen jedenfalls als ihre eignen persönlichen Verhältnisse und sind nicht verkleidet in gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen, der Arbeitsprodukte.

Wir sind also immer noch beim „Warenfetisch“. Lauschen wir Stefan Niemann und der „Tagesschau“ vom 29.12.2012, der als aktuelles pädagogisch wertvolles Beispiel dienen kann:
Spätestens dann müssen auch die republikanischen Abgeordneten öffentlich bekennen, was ihnen am Ende wichtiger ist: ihre Parteilinie oder die Ängste des amerikanischen Volkes oder die Nervösität der Märkte.

Die Nervösität der Märkte?! Im Marxschen „Kapital“ heisst es dazu: „Ihre eigne gesellschaftliche Bewegung besitzt für sie die Form einer Bewegung von Sachen, unter deren Kontrolle sie stehen, statt sie zu kontrollieren.“

Das Geld, die Waren, das Kapital, der „Markt“ erscheinen als beseelte Dinge, die eigenständig agieren – also wie ein Fetisch, dem Eigenschaften zugesprochen werden, die das Ding in Wahrheit nicht hat. Friedrich Engels nannte das „ein Naturgesetz, das auf der Bewußtlosigkeit der Beteiligten beruht.“ Marx: „Derartige Formen bilden eben die Kategorien der bürgerlichen Ökonomie. Es sind gesellschaftlich gültige, also objektive Gedankenformen für die Produktionsverhältnisse dieser historisch bestimmten gesellschaftlichen Produktionsweise, der Warenproduktion.“

(Wer sich das im Detail antun will, lese die Anmerkung 32, in der Marx die Mängel und Beschränktheit der damaligen Theorie der Ökonomie referiert. Die heutige „Volks“wirtschaftslehre verzichtet ganz auf die Anaylse und „argumentiert“ nur noch auf auf dem Niveau des gesunden Volskempfindens – mit dementsprechenden Ergebnissen.)

Jetzt wird es aber Zeit, dass wir endlich zu(m) Geld kommen. In Kürze mehr in diesem Theater.

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Augstein und der Bud Spencer unter den deutschen Kommentatoren

Die FAZ: formuliert sehr nett:
Deutsche Debatten sind oft verklemmt und von allgemeiner Zurückhaltung geprägt, Broder ändert das zuverlässig: Er ist der Bud Spencer unter den deutschen Kommentatoren. Wenn er hinlangt, liegen anschließend alle auf dem Parkett und sehen Sternchen. Ihn aber als weisen Experten zu benennen führt in die Irre, es ist als riefe man, um das Porträt eines Mannes zu schreiben, nur bei dessen Exfrau an.

Es geht um den Verleger Jakob Augstein, der vom Simon-Wiesenthal-Zentrum auf die Top Ten der Antisemiten in der Welt gesetzt wurde.

By the way. Trotz der großen Verdienste Wiesenthals, was die Jagd nach Nazis angeht: Was aus dieser Ecke in den letzten Jahren zum Thema Internet gesagt wurden, kann man auch getrost in die Tonne treten.

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Nice Haircut

Haarschnitt

Meine kleine Schwester Judith versucht mich hier zu kämmen. Das Foto wurde vermutlich 1959 oder 1960 gemacht.

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