Dieses wunderbare Land USA

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Fotos: Washingon D.C. 1979; Memphis 1979, El Paso 1979 (die Grenzbrücke zu Mexiko), irgendwo in Oklahoma (1982)

Nein, ich jubele nicht über den Wahlausgang in den USA, obwohl ich den Mormonen Romney für eine ausgemachte Dumpfbacke halte. Es ist schon seltsam, wie das Feuilleton und die selbst ernannten „liberalen“ Intellektuellen in Deutschland die USA so komplett missverstehen.

Es geht nicht, wie Jakob Augstein das denkt, um den Gegensatz zwischen einem „schwerreichen Investmentbanker“ und einem „kultivierten Menschenrechtsanwalt“. Es erstaunt, dass jemand, der es nicht schafft, den Folterknast Guantanamo zu schließen oder ein Wort gegen die Todesstrafe zu verlieren, als „kultiviert“ gelten soll.

Sowohl Obama als auch Romney sind Vertreter der herrschenden Klasse der USA – nur mit unterschiedlichen Interessen. Die Pole „links“ (Solidarität, wir da unten) und „rechts“ (jeder soll selbst sehen, wo er bleibt, die da oben) gelten in den USA nicht oder bedeuten etwas anderes. Wie erklärt man sich in Deutschland, dass mehr US-Amerikaner mit Hochschulabschluss Romney gewählt haben als Obama?

In den USA herrsche der „totale Kapitalismus“? Nein, das ist gar nicht wahr. Er herrscht dort nicht weniger als hier. Die US-Amerikaner sind es nur gewohnt, selbst anzupacken anstatt immer nach dem Staat zu rufen – wie hierzulande üblich. Unzählige private Initiativen helfen den Armen in den USA – mehr als in Deutschland in Relation zur Einwohnerzahl. Es wird eben per default nicht erwartet, dass „der Staat“ sich um soziale Probleme und um eine kaputte Infrastruktur kümmert.

Was die Meinungsfreiheit angeht – das sind wir in Deutschland ein Entwicklungsland auf erbärmlichen Niveau. „Wenn wir von Deutschland aus dorthin blicken, von Europa aus, sehen wir eine fremde Kultur“, schreibt Augstein. Eben. Dort hält sich die Demokratie für stark genug, um ihre Gegner frei reden zu lassen. Hier setzt der Staat sein Meinungsmonopol mit der Justiz durch. US-Amerikaner würden nur verständnislos den Kopf schütteln und in Deutschland „eine fremde Kultur“ diagnostizieren.

„Das politische System ist in der Hand des Kapitals und seiner Lobbyisten“, lesen wir in der Kolumne „Im Zweifel links“ über die USA. Ach?! Und was genau ist in Deutschland anders?