732 Milliarden Euro Fazilitäten

Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts: „Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat entschieden, dass die Regelung des § 3 Abs. 3 Stabilisierungsmechanismusgesetz (StabMechG), wonach die Entscheidungsbefugnisse des Deutschen Bundestages hinsichtlich der (erweiterten) Maßnahmen der EFSF in Fällen besonderer Eilbedürftigkeit und Vertraulichkeit von einem aus Mitgliedern des Haushaltsausschusses gewählten Gremium ausgeübt werden, die Antragsteller in ihren Abgeordnetenrechten aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.“

In diesem Gesetz, dass jetzt in die Tonne getreten wurde, heisst es:
§ 3, Abs 2 (3) In Fällen besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit werden die in Absatz 1 bezeichneten Beteiligungsrechte des Deutschen Bundestages von Mitgliedern des Haushaltsausschusses wahrgenommen, die vom Deutschen Bundestag für eine Legislaturperiode gewählt werden. Die Anzahl der zu benennenden Mitglieder ist die kleinstmögliche, bei der jede Fraktion zumindest ein Mitglied benennen kann und die Mehrheitsverhältnisse gewahrt werden.

Fast schon Comedy-tauglich waren die „Argumente“ für das „vertrauliche“ Gremium, wie man bei Zeit online schön nachlesen kann:
Kurz vor der Verkündung des Urteils noch hatte sich Lammert für das Gremium eingesetzt. „Der Deutsche Bundestag hat mit einer überwältigenden Mehrheit der Regelung zugestimmt“ und sei deshalb ausreichend demokratisch legitimiert, sagte er im ARD-Morgenmagazin. Einer der beiden Kläger gegen die Regelung, der SPD-Abgeordnete Swen Schulz, widersprach. Es könne nicht im Sinne des Parlamentarismus sein, „dass sozusagen nur pro forma irgendwie Abgeordnete angehört werden“, sagte er im Deutschlandradio Kultur. „Das ist etwas anderes als Demokratie.“

Ach: Wenn die Mehrheit der Abgeordneten sich übertölpeln lässt oder gar keine Ahnung hat, warum es geht, dann nennt man das „Demokratie“? „Eine Umfrage des ARD-Magazins Panorama fördert erschreckend zu Tage: Die meisten Abgeordneten hatten überhaupt keine Ahnung, worüber sie bei der Erhöhung des EFSF abstimmen.“

Das Bundesverfassungsgericht erklärt das, was bisher geschah, genauer als manche deutsche Medien:
Als Reaktion auf die Staatsschuldenkrise im Gebiet der Europäischen Währungsunion schufen deren Mitgliedstaaten den „Euro-Rettungsschirm“, in dessen Rahmen sie eine privatrechtlich organisierte
Zweckgesellschaft, die Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) gründeten. Diese Zweckgesellschaft erhält Garantien von den Euro-Mitgliedstaaten, um die Mittel an den Kapitalmärkten aufzunehmen, die sie für überschuldete Mitgliedstaaten bereitstellt.

Guckst du bei Wikipedia: „Insgesamt umfassen sämtliche Rettungspakete ein Volumen von 1849 Milliarden Euro. Im denkbar schlechtesten Fall entfielen auf die Bundesrepublik Deutschland also 732 Milliarden Euro.“

732 Milliarden Euro? Wieviel ist das? Deutschland hat rund 82 Millionen Einwohner. Wenn ich richtig gerechnet haben, sind das pro Einwohner Deutschlands knapp 10 000 Euro. Na super. Nur zum Vergleich: Der Verteidigungshaushalt der USA im Jahr 2011 betrug 698,3 Mrd. US$, das sind rund 516 Milliarden Euro. Der Entwurf des deutschen Verteidigungshaushalts für 2012 sieht Ausgaben in Höhe von 31,7 Milliarden Euro vor. Und wieviel ist das im Vergelich zum Haushalt insgesamt? „Der Bundestag hat den Bundeshaushalt für 2012 verabschiedet. (…) Die Ausgaben des Bundes bleiben mit 306,2 Milliarden Euro nahezu stabil.“

Das Risiko, die Banken zu alimentieren, weil die sich verzockt haben, beträgt also das Doppelte des gesamten deutschen Haushaltsvolumens.

Max Otte, dem man beim besten Willen keine Kapitalismus-kritischen Ideen unterstellen, sagt dazu in Focus Online:
„Es profitieren weder Europa noch die griechischen Bürger oder die Bevölkerung der Geberländer wie Deutschland von den Abermilliarden an Euro, die hier wieder lockergemacht werden. Es profitieren allein die Banken, die sich diesmal mit griechischen Anleihen verzockt haben. Also noch mal: Wir haben keine Euro-Krise. Es gibt eine neue Bankenkrise.“