Krieg gegen Libyen

Nehmen wir mal den ehemaligen Aussenminister Joschka Fischer. Laut Wikipedia unterstützte dieser 1999 „maßgeblich die deutsche Beteiligung am völkerrechtlich umstrittenen Kosovokrieg, [„ein Land, in dem organisierte Kriminalität die Staatsform ist“] wodurch erstmalig seit dem Zweiten Weltkrieg wieder deutsche Soldaten an einem Krieg beteiligt waren. Er begründete diesen Krieg unter anderem auch mit dem Verweis auf den Holocaust. Am 7. April 1999 sagt er: ‚Ich habe nicht nur gelernt: Nie wieder Krieg. Ich habe auch gelernt: Nie wieder Auschwitz.'“

Weil Libyien nicht Auschwitz ist, Serbien aber sehr wohl, wenn man diese Logik glaubt, bomben wir jetzt nicht Libyen, dafür aber um so mehr in Afghanistan – das ist bekanntlich vergleichbar mit Serbien. Nein, nicht? Irgendwie verstehe ich die Welt nicht mehr. Da setzt sich Merkel mit Nicolas Sarkozy und Hillary Clinton und Silvio Berlusconi an einen Tisch und dealt wie ein Kesselflicker:

„Nein, ich möchte gerade keine Bomben auf Libyen abwerfen, das kommt nicht so gut wie ein Oder-Hochwasser, und wir haben auch bald Wahlen.“ – „Gut Angie, wir haben auch bald Wahlen in Frankreich. Le Pens Tochter macht mir Sorgen, die kann auch sinnfreien Populismus. Ich muss unbedingt irgendwo Bomben werfen. Das honorieren die Wähler, gerade bei kleinen Männern, die gern symbolisch lange harte Gegenstände irgendwo in etwas Weiches hineinsausen lassen.“ – „Nicolas, wir haben zwar keine Wahlen, aber mein Chef hat gerade alle seine Wahlversprechen gebrochen, und unsere Kriege in Afghanistan und im Irak bringen keine positiven Schlagzeilen. Unsere Wähler wissen zwar nicht, wo Libyen liegt, aber wir haben ihnen jahrelang eingebläut, dass dort die Bösen sitzen.“ – „Ich sage nur: Nutzt unseren Stüztpunkt in Neapel! Wir Italiener kennen uns in Libyen schon aus! Bunga Bunga!“ – „Silvio, halts Maul! Dann schlage ich vor: Wir Deutschen dürfen ein paar Leute mehr in Afghanistan killen (lassen), dafür halten wir uns in Libyen raus.“ – „Guter Plan, Angie! Wir wollten zwar unsere Kernkraftwerke nach Libyen liefern und Gaddafi wollte uns sein Uran geben, aber das kommt zur Zeit nicht so gut, wenn man darüber öffentlich redet.“ – „Bunga Bunga!“ – „Silvio, halt’s Maul! Wir machen es so: Hillarys Leute dürfen wie gewohnt das Kommando haben, Nicolas darf mit seinen Bomben spielen und wir halten uns raus und bezahlen nur.“

Aber mal im Ernst: Geht das jetzt so weiter? Immer, wenn ein Diktator auf seine eigenen Leute schießt, wirft die NATO planlos ein paar Bömbchen ab? Wie ist das denn, wenn man nur Afrika nimmt, zum Beispiel mit der Elfenbeinküste, dem Jemen oder dem Somalia? Nein, Bomben werden nur geworfen, wenn der Staat, in dem eine große Anzahl der Bürger rebelliert, einen bedeutenden Rohstoff besitzt (zwei Buchstaben, der erste ist ein Ö).

Mein gesundes Nerdempfinden sagt mir, dass niemand einen Plan hat. Bodentruppen können sie nicht einmarschieren lassen. Ohne Bodentruppen kriegen sie aber Gaddafi nicht weg, weil ein Teil der Stammesführer offenbar von Libyens Diktator bestochen worden ist oder sich von seinem Bleiben Vorteile verspricht. Wie sollen die Aufständischen in der Kyrenaika jetzt weitermachen? Sollen sie sich Ägypten anschließen? Oder abwarten, bis Gaddafi keine Lust mehr hat?

Meine private Verschwörungstheorie ist die: Gadaffi war ganz wunderbar, solange er den Europäern die Flüchtlinge vom Hals hielt. Der Deal war bekanntlich: Du darfst machen, was du willst, solange wir dir unsere Atomkraftwerke liefern und du im Gegenzug boat people aus Afrika wieder zurücknimmst. Es gibt aber nur zwei Interessen: Öl ja, Menschen nein. Solange ein klitzekleiner Krieg vor sich hin köchelt, ab und zu mal ein Bömbchen (in Libyen gibt es nicht so viele Ziele), läuft doch alles wie – äh – geschmiert.