Die wegen Strahlung Todgeweihten grüssen dich

Frankfurter Rundschau: „Doch die wegen Strahlung dem Tode geweihten Techniker vor Ort erzielen kleine Fortschritte.“

Es ist immer schwierig, wenn man alles, was man sagen will, in einen Satz packt, vor allem dann, wenn es sowohl eine gute als auch eine schlechte Nachricht ist. (Außerdem steht nach „wegen“ der Genitiv.)

Die Techniker sind dem Tod geweiht – dem „Geweihten“ ist eine pathetische-religiöse Schwere zu eigen, um es philosophisch zu sagen; man müsste diesen Stil beibehalten, sonst wäre es ein Stilbruch. Der Leser soll, nachdem ihm mitgeteilt wurde, etwas sei geweiht worden, sozusagen in den moraltheologischen Zeitlupen-Modus umschalten. Ab jetzt wird’s feierlich. Während der Verehrung höherer Wesen darf man auch nicht herumrennen. Der Laufstil -das gemessene Schreiten – trennt symbolisch das Religiöse vom Profanen.

Jetzt haben wir die Leser soweit, dass sie die Nachricht, die Techniker müssten bald sterben, verarbeitet haben. Sie trauern und fühlen mit den Angehörigen.

Und jetzt zu etwas ganz Anderem: Die Todgeweihten haben Fortschritte gemacht! Hurra! Lasset uns jauchzen und frohlocken! Wie beim Focus: Die Lage an der Ostfront scheint stabilisiert! Radioaktives Material muss nun aber nicht abgelassen werden! Wir atmen alle gemeinsam erleichtert auf.

Nun lesen wir weiter: „Die Strahlung hat derweil weitere Nahrungsmittel erreicht.“ Äh – ist das jetzt gut oder schlecht? Was soll ich jetzt fühlen – etwas kognitiv Dissonantes?

Schnell noch drei unabhängige journalistische Quellen nachgelegt, um nach guter deutscher journalistischer Tradition, der sich der Focus bekanntlich verpflichtet fühlt, die Leserschaft hin- und ausreichend zu informieren: „Regierungsvertreter beteuerten aber, dass die Belastung unbedenklich sei.“

By the way: Wer hat euch eigentlich ins Hirn geschissen, mit Verlaub?