Radioaktive Strahlung schadet nicht „unmittelbar“, dann ist ja alles gut

FTD: 23:27 „Der brennende Reaktor sei nicht zu betreten, berichtete der Sender NHK. Weiter hieß es, dass um 6.00 Uhr Ortszeit (22.00 Uhr deutscher Zeit) 60 Kilometer entfernt von dem Krisen-AKW eine radioaktive Strahlung gemessen worden sei, die 500 Mal über den normalen Werten liege. Ob diese Gefahr in direktem Zusammenhang mit dem neuen Feuer steht, war zunächst nicht bekannt. ‚Diese Dosis wird nicht unmittelbar der menschlichen Gesundheit schaden‘, sagte der Reporter unter Berufung auf die Behörden.“

WTF? Der Reporter hat sich also nicht erkundigt, ob die Strahlendosis dem Menschen schade, sondern käut das kritiklos wieder, was „die Behörden“ behaupten. Fünfhundertfache Dosis! Natürlich nicht „unmittelbar“ – das wäre ein Strahlentod. Ein bisschen wird man noch leben nach der fünfhundertfachen Dosis. Was für ein Lügenpack.

Die Apotheken-Umschau schreibt: „Je mehr ionisierende Strahlung ein Mensch abbekommt, desto größer ist die Gefahr, dass sie ihm unmittelbar schadet. Das Bundesamt für Strahlenschutz spricht beispielsweise von einem kritischen Schwellenwert, wenn der ganze Körper – zum Beispiel bei einem Reaktorunglück – einer Dosis von 500 Millisievert ausgesetzt wurde. Mit der Einheit Millisievert oder Sievert messen Experten die Wirkung von Strahlen auf den Körper. (…) ‚Ein Deutscher ist im Jahr einer durchschnittlichen Strahlendosis von zwei Millisievert ausgesetzt‘, sagt Dikomey. Dieser Wert kann allerdings schwanken, je nach Wohnort und Lebensgewohnheiten. Wer beispielsweise viel fliegt, setzt sich einer zusätzlichen Belastung aus. Ein Flug von Hamburg nach New York und zurück kommt auf rund 100 Mikrosievert, also 0,1 Millisievert.“

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Kommentare

8 Kommentare zu “Radioaktive Strahlung schadet nicht „unmittelbar“, dann ist ja alles gut”

  1. stefle am März 16th, 2011 3:33 am

    Wenn man jetzt folgende drei Aussagen kombiniert:
    – 60 km von Fukushima Strahlung 500fach über normalen Werten
    – in D durchschnittlich 2 mSv pro Jahr
    – kritische Dosis 500 mSv (btw: was heißt hier „kritisch“?)

    Dann folgt, dass 60 km von Fukushima nach einem halben Hahr die „kritische Dosis“ von 500 mSv erreicht wäre (gleichbleibend 500fach erhöhte Strahlung vorausgesetzt). Bei der normalen Hintergrundstrahlung von D wäre sie nach 250 Jahren erreicht. Die in D durschschnittlichen 2 mSv/a gelten natürlich nicht überall.

  2. stefle am März 16th, 2011 3:47 am

    Es muss natürlich heißen:

    „(gleichbleibend 500fach erhöhte Strahlung und normale Hintergrundstrahlung von 2 mSv/a vorausgesetzt)“

    Um zu einer Bewertung zu kommen, bräuchte man noch mehr Informationen. Aber es sieht so aus, dass eine kurzfristige Belastung mit einer 500fach erhöhten Strahlung noch nicht „kritisch“ ist. Insofern würde ich die Aussage ‘Diese Dosis wird nicht unmittelbar der menschlichen Gesundheit schaden’ nicht als Lüge bezeichnen.

  3. stefle am März 16th, 2011 4:14 am

    Nochmal zur „kritischen Dosis“.
    Man erkält zwar kaum vertrauenswürdige Informationen aus den Reaktorbblöcken in Japan, aber in Block 4 sollen bei dem Brand 400 mSv direkt am Reaktor gemessen worden sein.

    Auf
    http://tickerforum.org/akcs-www?post=182121
    werden alle Meldungen ausgiebig diskutiert. Manche sagen da, dass man bei 400 mSv nur noch viertelstundenweise am Reaktor tätig sein kann. Die zehnfache Menge (4500 mSv) gelten als letal (d.h. 50% überlebenschance, möchte aber nicht wissen, in welchem Zustand).

    Ich zitier mal den User Genesis:
    „400mSv is bad, but you can take an hour of it without acute health effects and that was a peak level at one point (which you’d obviously avoid!) so emergency work can still be performed.“

    Der vertritt da die Beschwichtiger-Position („so emergency work can still be performed“).

  4. stefle am März 16th, 2011 4:31 am
  5. stefle am März 16th, 2011 7:47 am

    Auf NHK
    (http://www.ustream.tv/channel/nhk-world-tv)
    befragen die gerade jemanden („commentator“), der meint, dass ab 250 mSv niemand mehr am Reaktor arbeiten darf.
    Er meinte noch, bei dem Brand am Brennstab-Lager in Block 4, wo 400 mSv gemessen wurden, hätten die Löschenversuche unter sehr schnellen Schichtwechsel stattgefunden.

  6. Ano Nym am März 17th, 2011 1:35 am

    Dosis = Dosisleistung
    Wand des Reaktorgebäudes = Reaktorwand
    Indikativ = Konjunktiv

    Das alles gilt seit Samstag. Zumindest in Fachpublikationen wie SPIEGEL und anderen.

    Wer Dosis (mSv) nicht von Dosisleistung (mSv/h) unterscheiden kann, für den ist auch Arbeit (kWh) und Leistung (kW) identisch.

    Ein Satz wie

    „400 Millisievert pro Stunde wurden am Dienstag beim AKW Fukushima I gemessen. Das ist so viel, wie man in Deutschland im ganzen Leben aufnehmen darf.“ (Quelle: http://www.taz.de/1/zukunft/umwelt/artikel/1/das-bisschen-caesium/)

    entspricht dem Schema „gewollt aber nicht gekonnt“.

  7. stefle am März 17th, 2011 4:13 am
  8. stefle am März 20th, 2011 3:11 am

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