Wikileaks, Opportunismus und Geld

wikileaksIch lese gerade von Marcel Rosenbach und Holger Stark: „Staatsfeind WikiLeaks“ (Deutsche Verlags-Anstalt, Januar 2011). Wer hier nicht weiterlesen will: Das Buch ist überraschend gut und nicht so oberflächlich, wie ich es vom Spiegel erwartet hätte. Nicht unbedingt erfrischend für Nerds, aber sehr informativ für normal Sterbliche, für die Tor, VPN und asymmetrische Kryptografie auf ewig Fremdwörter bleiben werden und die unter der PrivacyBox eine Art Babyklappe vermuten.

Ein Zitat sollte reichen. Nachdem die Dokumente über Afghanistan von Wikileaks publiziert worden waren und jeder Journalist sich hätte ein realistischen Bild vom Krieg am Hindukusch machen können, kam es ganz anders:

Stattdessen sind die Tage danach ein Armutszeugnis für verschiedene Medien. Viele Journalisten reagieren nach einem simplen Muster: Die Widerworte der Regierung wiegen für sie den Wert des enthüllten Materials auf. Sie glauben lieber dem Pentagon, als dem Material selbst, das, Ironie der Geschichte, ja ebenfalls aus dem Pentagon stammt. Nur wenige Redaktionen machen sich die Mühe und arbeiten mit den Papieren(…) vor allem die konservativen Medien in den USA berichten kaum über den Inhalt der Dokumente, sondern fast ausschließlich über den bösartigen Charakter ihrer Veröffentlichung. Eine Aufarbeitung des Kriegsverlaufs mit seinen Fehlern wie Erfolgen aus konservativer Sicht, die sich aus dem Material speist und die wertvoll für die Debatte wäre, fehlt bis heute. [auch in Deutschland, B.S.]

Das weitgehende Versagen des Journalismus lässt sich auf zwei ursachen zurückführen: Opportunismus und Geld. Er ist bequem, der Linie der Regierung zu folgen, während es Courage erfordert, sich ihr entgegenzustellen. Und es ist billig, vorgefertigte Statements und Pressemitteilungen abzudrucken, aber teuer, sich tage- und wochenlag mit der Auswertung der Afghanistan-Dokumente zu beschäftigen.

Der Holger Stark ist ein guter Mann; ich habe ihn kennengelernt, als er noch für den Tagesspiegel und für die Tageszeitung Spandauer Volksblatt schrieb.

Besonders interessant war das Psychogramm Assagnes, das sich schlicht aus den Fakten seiner Biografie ergibt – die Autoren beginnen gar nicht, die Leser mit populärpsychologischen Thesen zu behelligen. Ich konnte mir auch eine Meinung über die Vergewaltigungsvorwürfe machen und wie es dazu kam. Ein gutes Buch!

By the way, Openleaks: Solange ich euch keine anonymen Nachrichten schicken kann, kriegt ihr keine von mir – obwohl ich schon etwas anzubieten hätte (vgl. Auszug unten).

geleakt