Bürgerschaftswahl Hamburg oder die Antropomorphisierung der Politik

Die SPD hat mit voraussichtlich 63 Stimmen die absolute Mehrheit in der Hamburger Bürgerschaft. Aber ist das wirklich wichtig?

Was schrieb SpOff vor kurzem über ihn? „Der Ex-Arbeitsminister ist ein Aktenmensch. Wofür er inhaltlich steht: unklar.“ Eben. Wenn man keine Inhalte vertritt, wird man im Land, das den Führerkult erfunden hat, gewählt. Es geht um die Anthropomorphisierung der Politik. Ein Politiker darf nicht smeinen, wie auch Ex-Dr. zu Guttenbger, dafür muss seine Visage aber Gala-tauglich sein. Es muss menscheln. Früher streichelte man vor Kameras den Schäferhund, heute hat die Gatten ein Arschgeweih oder auch anderswo, das sie in der Yellow Press herzeigt.

Was zählt, ist die Wahlbeteiligung: Sie lag um 18.00 Uhr bei 63,5 % (inklusive geschätzter Briefwahlbeteiligung von 16,8 %). Dazu kommt die Wählerstruktur: Es gibt 1 260 500 Wahlberechtigte, aber rund 441.000 Wähler haben nicht gewählt, also fast genausoviel wie die, die die SPD gewählt haben.

Kennzeichnend für die Altersstruktur der Hamburger Wahlbevölkerung im Ganzen ist der recht hohe Anteil von Seniorinnen und Senioren: Etwa 231 000 Bürgerinnen und Bürger (18 Prozent der Wahlberechtigten) haben ein Alter von 70 und mehr Jahren. Zwischen 60 und 69 Jahren alt sind weitere 162 000 oder 13 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger. Die 35- bis 59-Jährigen machen 42 Prozent, die 18- bis 34-Jährigen 27 Prozent der Wahlberechtigten aus. Knapp 53 Prozent der Wahlberechtigten sind Frauen. Bei der über 60-jährigen Bevölkerung beträgt der Frauenanteil sogar 58 Prozent, dies sind etwa 226 000 Hamburgerinnen. Die Gruppe der älteren Frauen stellt damit etwa 18 Prozent der zur Stimmabgabe aufgerufenen Einwohnerschaft.

Alte Frauen wählen Sozialdemokraten. Man muss nur „soziale Gerechtigkeit“ und „Wir kümmern uns um die Wirtschaft und vergessen auch die lieben Kleinen in den Kindergärten nicht“ sagen, dann hat man schon fast gewonnen.

Die Hamburger Piratenpartei kommt auf rund 70.000 Stimmen (wow!), also rund zwei Prozent. Das ist nicht schlecht.