Kinderpornos als Vorwand für Netzsperren

Erich Moechel auf orf.at über „Kinderpornos als Vorwand für Netzsperren“ (via Blogosphäre):

Warum allen technischen Argumenten zum Trotz an der Einrichtung einer europaweiten Internet-Sperrinfrastruktur festgehalten wird, hat andere Gründe als die Bekämpfung von „Kinderpornografie“. Das jährliche „Round-up“ von ein paar Dutzend Konsum-Triebtätern sorgt für eine gleichbleibend hohe „Aufklärungsrate“ von etwa 75 Prozent bei diesem Delikt.
Warum die eigentlichen Täter, nämlich die „Produzenten“ und Geschäftemacher, so gut wie nie unter den Gefassten sind, wird in den Medien nicht hinterfragt. (…) Die wütenden Reaktionen europäischer Politiker auf die WikiLeaks-Enthüllungen haben gezeigt, worum es dabei geht. Ist eine solche Sperrinfrastruktur erst einmal erstellt, lässt sie sich ad hoc zur Blockade aller unerwünschten Inhalte benutzen.

Die Blockade würde zwar nicht funktionieren, aber man weiß jetzt schon, wie es gemeint ist. Lesebefehl!

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ARD & Co.: Die vorhersehbare Talkshow

Wolfgang Michael auf Carta:

„In diesem Jahr werden die öffentlich-rechtlichen Sender fast jeden Abend eine Talkshow von Senioren für Senioren senden. Nur samstags, da kommen die lustigen Rate-Sendungen für Kinder. Warum die ARD ein gewaltiges Nachwuchsproblem hat… (…)

Erwähnt werden soll zum Abschluss noch die äußerst kluge Sandra Maischberger mit ihrer sehenswerten Kalkshow Talkshow ‚3 nach 90‘. Zwar haben ihre Lieblingsgäste Norbert Blüm, Hans-Jochen Vogel, Hans-Dietrich Genscher, Arnulf Baring, Kurt Biedenkopf und Gregor Gysi bei der ARD noch nicht das Bleiberecht als Talkshow-Einrichtungsgegenstand erkämpft, aber sie werden auch im nächsten Jahrhundert ganz sicher wieder dabei sein. Bis dahin freuen wir uns auf spannende Diskussionen mit Peter Scholl-Latour (86), Richard von Weizsäcker (90), Helmut Schmidt (92) und Joopi Heesters (107).“

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This is Maurice Bishop speaking

Grenada

Gesehen und fotografiert in Grenada (Kleine Antillen) während der leider fast vergessenen Revolution 1982.

13 March 1979,
Radio Free Grenada,
Maurice Bishop,
Address to the Nation
Brothers and Sisters,
This is Maurice Bishop speaking.
At 4.15 am this morning, the People’s Revolutionary Army seized control of the army barracks at True Blue. The barracks were burned to the ground. After half-an-hour struggle, the forces of Gairy’s army were completely defeated, and surrendered.

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Carsten Maschmeyer: Der Drückerkönig und die Politik

„Im Übrigen sei Herr Maschmeyer auch bereit gewesen, dem NDR ein Interview zu geben, wenn konkrete Fragen vorher vorgelegen hätten.“

Das ist doch mal ein Satz, der eines Erich Honecker oder Kim il Sung würdig gewesen wäre. Das kommt davon, wenn man Interview autorisieren lässt: Die Interviewten kommen dann auch noch auf die Idee, die Fragen vorher wissen zu wollen. (Quelle: SpOff: „Maschmeyer-Anwalt bedrängt TV-Intendanten“).

Ich kannte den Kerl gar nicht. Aber jetzt werde ich mir die Sendung natürlich ansehen.
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hamburg@prinzlaw.com
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Prinz,

Seien Sie bedankt für das wunderbare – sinngemäße – Zitat, das ich der einschlägigen Presse entnehme und das Ihnen zugeschreiben wird: „Im Übrigen sei Herr Maschmeyer auch bereit gewesen, dem NDR ein Interview zu geben, wenn konkrete Fragen vorher vorgelegen hätten.”

Richtig so! In einen Land, in dem die meisten Medien Interviews „autorisieren“ lassen, ohne dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gäbe, und in dem der „Untertan“, den wir aus der Literatur kennen, das charakterliche Maß aller Dinge ist, sollte sich niemand erdreisten, einem so genannten Prominenten eine Frage zu stellen, ohne diese vorher mit dessen Rechtsbeiständen hin- und hergewendet zu haben, damit auch nichts dabei herauskäme, was irgendjemanden in dessen Seelenruhe störe.

Sehr geehrter Herr Rechts- und Medienanwalt Prinz, ich empfehle auch, trotz meiner laienhaften juristischen Kenntnisse, zu versuchen, nicht nur die Fragen eines Interviews vorher festlegen zu lassen, sondern auch die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass die Antworten nur dann publiziert werden dürfen, wenn sie dem Interviewten in Gänze genehm sind.

Damit wäre der Unsitte, die man aus dem angelsächsischen Journalismus kennt, ein Riegel vorgeschoben, dass es die Journaille immer noch wagt, Dinge zu publizieren, die dem Allgemeinwohl des Staates schaden, die die sittlichen Grundlagen der Leitkultur unterhöhlen, insbesondere auch den Schutz der Jugend, und die die Öffentlichkeit mit Schmutz und Schund behelligen, etwa den lügenhaften und verachtenswerten Thesen, die man leider immer noch vereinzelt vernehmen muss, einer ihrer geschätzten Mandaten könnte eines jener zahlreichen Arschgesichter sein, die sich gewissenlos auf Kosten der kleinen Leute bereichern, wie es zwar der Kapitalismus vorgesehen hat, aber hierzulande zum Glück durch die Einführung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die wir alle lieben und verehren und zu der es bekanntlich keine Alternative gibt, komplett unterbunden worden ist.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin alles Gute und viel Erfolg!

Disclaimer:

Im Geschäftsverkehr mit Kaufleuten, juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder bei öffentlich-rechtlichem Unternehmen ist der Gerichtsstand Berlin. Im Falle von Namensrecht-/Domainstreitigkeiten, Textaussagen- u. Inhalte bzw. Abmahnungen gegen geltendes Wettbewerbsrecht bzw. Fernabsatzgesetz bitten wir Sie um unnötige Rechtsstreite und Kosten zu vermeiden, uns bereits im Vorfeld zu kontaktieren. Die Kostennote einer anwaltlichen Abmahnung ohne vorhergehende Kontaktaufnahme wird im Sinne der Schadensminderungspflicht als unbegründet zurückgewiesen. Unberechtigte Abmahnungen und / oder Unterlassungserklärungen werden direkt mit einer negativen Feststellungsklage oder Schlimmerem beantwortet.

Warning: This letter may contain explicit descriptions of or advocate one or more of the following: adultery, murder, morbid violence, bad grammar, deviant sexual conduct in violent contexts, or the consumption of alcohol and illegal drugs.

Diese E-Mail wurde maschinell erstellt und ist ohne Unterschrift gültig.

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Bauernhochzeit in den Anden

cabanaconde

Cabanaconde, damals noch ein winziges Bauerndorf, eine Tagesreise nördlich von Arequipa, in den peruanischen Anden (1984). Der Bräutigam (links, schon etwas angeheitert, neben ihm seine Braut) hieß Huaman Huamani, sein Name soll hier als Dank für die Einladung und das unvergessliche Erlebnis verewigt werden.

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Alter Mann und kein Meer

reggae

Das bin ich, 1984 in dem Dorf Macha im zentralbolivianischen Hochland. Das einzige Mobiliar meines „Hotelzimmers“ war ein Ziegenfell. Eines meiner Lieblingsfotos – eine unwirkliche Abendstimmung in 3500 Meter Höhe.

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Reggae Fever

reggae

Gesehen und fotografiert 1982 in Georgetown, Guyana, Südamerika

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Die Reise der bösen Avatare nach Pandora

Pandora

Gestern habe ich die Bösen im Spiel Avatar bis zum Ende durchgespielt – also die Soldaten, die alles kaputtmachen und die ökologisch-esoterisch korrekten blauen Na’vi bekämpfen.

Ich muss zugeben, dass die Rolle als Soldat noch mehr Spaß macht: Man darf mit hübschen Fahrzeugen über Stock und Stein brettern, während die Na’Vi meistens zu Fuß laufen mussen, man bekommt sogar futuristische Fluggeräte, die zu steuern extrem anspruchsvoll sind – die Vögel, auf denen die Na’Vi reiten, haben im Spiel ausser dem Transport nichts zu tun – und muss sich in der Endphase des Spiels richtig anstrengen – ist man nur eine Sekunde unaufmerksam, wird man gleich niedergehauen oder -geschossen. In der obigen Szene hat mein Avatar rund eine halbe Stunde gebraucht, um sich aus der Umzingelung freizuschießen – und ich bin nicht unerfahren im Ballern. Ich kam richtig ins Schwitzen.

Eine supergeile Grafik ohnehin und Adrenalin pur – also auch ein Ego Shooter vom Feinsten, was ich gar nicht erwartet hatte. Ihr Jugendschutzwart Burks empfiehlt also: Dieses Spiel ist besonders geeignet für Jugendliche unter 18 Jahren.

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Bananenrepublik, revisited

Die FAZ macht sich zum unkritischen Propaganda-Instrument der Regierung (aber das war nicht anders zu erwarten): „Großprojekte sollen schneller genehmigt werden“. (via Fefe)

Der gesamte Artikel besteht daraus wiederzukäuen, was die Regierung will. Wozu hat die Regierung überhaupt noch einen Presseapparat und -sprecher, wenn die Medien diesen Job schon erledigen?

„‚Die Behörden werden diese Möglichkeit verantwortungsvoll nutzen und den Verzicht nicht zum Regelfall machen‘, heißt es in der Begründung zwar. Doch bei Großvorhaben ‚mit einer großen Zahl von Einwendern‘ sei eine solche Veranstaltung oft kaum noch handhabbar.“

Das ist ja mal eine Begründung. Wenn die Bürger zu viel meckern, kann der bürkokratische Apparat seine Geldvernichtung auf Kosten der Steuerzahler nicht mehr ungestört durchziehen. „. Ein Großprojekt kann außerdem auch dann genehmigt werden, wenn die Rechte Außenstehender „nur unwesentlich“ beeinträchtigt werden“. Was wesentlich ist, entscheiden Mappus und Konsorten eh selbst.

Was lesen wir auf SpOff (nur fünf selbstreferenzielle Links) und auf srw.de? „Die direkte Bürgerbeteiligung müsse künftig in Deutschland gestärkt werden. ‚Die Zeit der Basta-Politik ist vorbei‘, sagte Geißler.“

Und was lernen die Politiker daraus? Man muss die Bürgerbetiligung schwächen. Quod erat demonstrandum.

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Piratenpartei Hessen spendet TOR-Server an die GPF

Bad Vilbel online – Rhein Main News: „Seit Ende letzten Jahres läuft ein von der Piratenpartei Hessen gesponsorter Anonymisierungsserver bei der German Privacy Foundation. Die Adminstration des neuen TOR-Exit-Nodes „gpfTOR4“ erfolgt in Zusammenarbeit durch die Piratenpartei Hessen (1. Admin) und die GPF (2. Admin). (…) ‚Durch einen weiteren Server leisten wir einen Beitrag für sichere und vertrauenswürdige TOR-Exit-Nodes. Wir möchten an dieser Steller der renommierten German Privacy Foundation dafür danken, dass sie als Betreiber und Berater zur Verfügung stehen“ erklärte Ralf Praschak, Stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Hessen. „Gerade in Zeiten, in denen über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert wird und Ungarn eine Zensur innerhalb der EU beschlossen und umgesetzt hat, ist dies nötiger denn je.'“

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Ebay-Eliza, reloaded

ebay

Ja, Sie mich auch.

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Wo er recht hat, hat er recht

„Plötzlich erkannte ich: Nicht ich war bekloppt – die anderen waren es!“ (Rainer Langhans, Symbolfigur)

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Ebay-Eliza

ebay

„Vielen Dank für Ihre Nachricht. Sie haben uns mitgeteilt, dass Sie keinen Artikel einstellen können. Sie benutzen den Browser Firefox 3.6.6. Gern helfe ich Ihnen.
Die Ursache scheint ein Add-On zu sein, das Sie für Ihren Browsers Firefox verwenden, um Anzeigen zu blockieren. Ich empfehle Ihnen, die eBay-Seiten bis auf Weiteres mit dem Internet Explorer aufzurufen.
Außerdem sollten Sie ActiveX-Elemente, Java und JavaScript dulden, damit das Verkaufsformular problemlos funktioniert.“

Vermutlich war das eine Art ebay-Eliza. Wer mir rät, den Internet Explorer zu benutzten und alle Sicherheitsfeatures auszuschalten, gehört doch unter ärztliche Aufsicht. Ich werde meinen Account bei ebay jetzt kündigen.

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Dragon Age: Ich bin Burks, schön Euch zu treffen

Dragon Age

Vor einigen Tagen habe ich mir in einem Anflug geistiger Umnachtung das Computerspiel Dragon Age Origins gekauft, installiert und versucht zu spielen. Was für eine langweilige, dämliche und ästhetisch anspruchslose Sch…

Zugegeben: ich bin es aus Second Life gewohnt, dass man Avatare hübsch aussehen lassen und sie individuell ausstatten kann – da kommt kein Computerspiel mit. Von Avatar bin ich ein anspruchsvolles Ambiente gewohnt, Dragon Age ist im Verhältnis dazu eher ein Plattenbau. Und unter „Rollenspiel“ stelle ich mir eine phantasievolle Storyline vor, nicht aber die zwangweise Lektüre eines Ekel erregenden fucking manuals mit hunderten langweiliger Details, die man sich eh erst merken kann, wenn das Spiel schon vorbei ist.

Und erst die Dialoge! Dieses pseudo-mittelalterliche Getue mit dem friderizianischen „Euch“ und „Ihr“ und den pseudo-mittelalterlichen Rüstungen. Man weiß gar nicht, ob man sich kaputtlachen oder sich mit Grauen abwenden soll. Wenn das Genre „Fantasy“ dumm und schlecht ist, dass ist Dragon Ice das beste Beispiel dafür.

Und Pseudo-Mittelalter heisst nicht, dass ich das Frauenbild aus der Adenauer-Ära oder das unserer aktuellen Familienministerin vorgesetzt bekommen muss! Schon mal was von Lara Croft gehört? Auch wenn die einem feuchten Männertraum entsprungen ist: Warum sollte ich mich mit virtuellen Frauen langweilen, die ungefähr so sexy aussehen wie eine Rancherfrau in einem Cowboy-Film der fünfziger Jahre? Und ich will in Computerspielen nicht beten müssen, verdammt noch mal! Auch die Frisuren der Männer sind extrem verbesserungswürdig.

Es würde mir Spaß machen, die Dialoge aktueller Spiele in ein ordentliches und unterhaltsames Deutsch zu übersetzen. Auch bei „Avatar“ lockert sich mir manchmal das Zahnfleisch, wenn ich mir die Mixtur aus „Jugendsprache“ und Denglisch antun muss.

Jetzt bin ich zu faul, das Spiel bei ebay anzubieten. Ich musste schon fünfunddreißig Mal meine Browsereinstellungen verändern, um mich überhaupt einloggen zu können. Weiter komme ich nicht….das sollte irgendwie daran liegen (Ich benutze Firefox 3.6.6., ihr ebay-Pfeifen!) Aber ich muss das nicht herausfinden, sondern ebay müsste mir vorab verraten, welche meiner Hosen ich herunterlassen soll. Ihr könnt mich mal bei ebay.

Ich verkaufe das Spiel, Originalpreis 29,99 Euro (Rechnung wird mitgeliefert). Angebote E-Mail an burks@burks.de – eletronische Briefe bevorzugt oder Postkarten mit Signatur.

ebay

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Kreuzberg, 80-er Jahre

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Die WAZ und das Internet

Ruhrbarone: „Die WAZ hat ihr im Februar 2007 gestartetes Kulturblog Westropolis nicht nur eingestellt, sondern komplett aus dem Netz genommen. (…) Westropolis war 2007 als Teil der Online-Offensive der WAZ-Gruppe gestartet (…) In einer Pressemitteilung hieß es damals (…): ‚Der wesentliche Aspekt von Westropolis ist die Öffnung der klassischen, von Redakteuren erstellten Kritik hin zu einer aktiven Einbindung der Nutzer. (…) Jeder kann für Westropolis über ein Eingabeformular einen Beitrag senden, dazu ist keine Registrierung erforderlich. Der Text wird von der WestEins-Redaktion geprüft und freigeschaltet. Kommentare sind direkt und ohne Registrierung möglich.“

Formular. Prüfen. Wäre ja noch schöner. Dafür musste man damals vermutlich noch dankbar sein: Man durfte einfach so kommentieren, ohne dass der zuständige Jugendschutz – und Meinungswart dazwischenfunkte! Potztausend. Geholfen hat es auch nichts. „Online“ ist für die Holzmedien fast immer nur eine dumme Ausrede und Heuchelei. Man will „drin“ sein, aber vor lauter Angst vor dem unberechenbaren Leser weiß gar nicht, was man da soll.

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Assange: claiming he owned the information

Slashdot – “ The Guardian’s Complicated Relationship With Julian Assange“ – verweist auf einen interessanten Artikel: „Vanity Fair has published an interesting behind-the-scenes look at the unlikely and tumultuous working relationship between WikiLeaks‘ Julian Assange and The Guardian as the Iraq War Logs were being published. The piece highlights the differences and conflicts between the Guardian’s journalistic standards and WikiLeaks‘ transparency. Particularly interesting is the revelation that Julian Assange threatened to sue The Guardian if they publish a portion of Iraq War Logs leaked to them by a disgruntled WikiLeaks volunteer, claiming ‚he owned the information and had a financial interest in how and when it was released.'“

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In memoriam Antares und Salami

cats

Ich musste lange überlegen, wann ich dieses Foto meiner Katzen Antares und Salami gemacht haben könnte – vermutlich 1980 oder 1981. RIP

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Erschütternden Inkompetenz

Ich wollte eigentlich zu dem Thema, dass Twitter aufgefordert wurde, Nutzerdaten von Wikileaks-Sympathisanten herauszurücken, etwas bloggen. Aber Feynsinn hat alles Nötige dazu schon gesagt, auch zu den Journalisten-DAUs, die beim Freitag hanebüchenen Unfug verbreiten. Mich erschüttert die Inkompetenz jedoch eher nicht, ich erwarte es geradezu – deutsche Journaille eben.

„Mir ist völlig klar, dass ich mich mit meinen andauernden Rufen nicht beliebt mache und muss sogar davon ausgehen, dass die Mehrheit meiner Leser einen Facebook-Account hat,“ schreibt Feynsinn. Bei mir macht er sich beliebt, und ich habe auch keinen Facebook-Accout mehr.

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Momente der Vollkommenheit (Venezuela 98)

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Nein, Fotos aus Lateinamerika sind ist kein Biedermeier in dem Sinn, dass ich mich des Politischen nicht mehr annähme: „als typisch gilt die Flucht ins Idyll und ins Private“. Meine Reisen waren für mich wichtiger als die doppelte Zeit, die ich in Berlin verbrachte. Venezuela zumal ist die Basis für meinen Roman „Die Konquistadoren„, der eben dort spielt.

Vor sieben Jahren habe ich schon einmal über dieses Thema gebloggt, die meisten Leser werden sich nicht daran erinnern und die Fotos waren damals von sehr schlechter Qualität:

Der Bus fährt direkt nach Coro. Krachendes TV, daily soap auf venezolanisch, ich brauche nicht lange, um mich daran zu gewöhnen und trotzdem zu schlafen. Um kurz nach fünf rüttelt mich jemand – wir sind schon da. Eine Brise, irgendwo muss das Meer sein. Mit schweren Füßen durch schmale, holprige Straßen einer Vorstadt. Ich bin ganz allein. Hunde bellen mich an, ohne mich zu sehen. Ein zartes Blau im Osten. Endlich: die Plaza von Santa Ana de Coro, gegründet 1527 vom Spanier Juan de Ampiés, der sich dazu die Erlaubnis des Kaziken Manaure holte. Die kleine Kathedrale, dem heiligen Franziskus geweiht. Als Georg Hohermuth von Speyer und Philipp von Hutten 1528 auf diesem Platz standen, war sie noch im Bau. Sonnenaufgang. Ich sitze auf einer Bank und versuche mir vorzustellen: 400 deutsche Landsknechte und sächsische Bergknappen, die hier, genau an dieser Stelle, damals, vor fast 500 Jahren, aufgebrochen sind nach El Dorado. Ich schaue auf die Uhr. Es ist unfassbar. Von Berlin nach Coro in weniger als 48 Stunden.

Warum Momente der Vollkommenheit? Weil ich beim Anblick dieser tanzenden Mädchen heimlich geweint habe. Zum Glück war es dunkel, und das Publikum achtete nicht auf mich. Ich sah für einen Moment vollkommene Schönheit.

Kurz bevor ich in die Berge aufbreche, in die Sierra de San Luis: Kultur am Abend – consejo de la dansa. Der Gouverneur des Bundesstaates Falcón, die herrschende Klasse von Coro. Tanzgruppen aus der Karibik, sogar aus Guyana! Es ist ein komisches Gefühl – wahrscheinlich bin ich der Einzige, der schon einmal in Guyana war – ausser den Guyanern selbst. Ich bin schon wieder restlos glücklich. Die Menge drängt sich in einen Hof, Lachen und Lärmen. Die Band bleibt im Hintergrund, genau wie die ältere, drahtige Frau, die mit knappen und herrischen Händen die Tänzerinnen auf der Bühne dirigiert. Niemand könnte jemals mit Worten beschreiben, wie die jungen Frauen tanzen. Wenn es Engel gäbe, sähen sie so aus wie die Mädchen aus Coro. Sie schweben über dem Boden, nicht so artifiziell wie eine europäische Ballerina, rhythmisch, aber verspielt, nicht zu vergleichen mit dem verkrampften Getue der Boy- and Girlbands bei Viva und MTV. Es ist unirdisch schön. Man spürt pralle Erotik, aber überlagert von einer Unschuld, die rührend ist. Ich muss die Tränen zurückhalten. Vermutlich habe ich mit offenem Mund dagestanden. Die Mädchen lachen und flirten miteinander, während sie umherwirbeln. Ich versuche, die Atmosphäre mit dem Fotoapparat irgendwie einzufangen, werde aber sehr traurig, als ich später die Bilder sehe: zu dunkel und ohne Bewegung. Die Tänzerinnen von Coro: das ist einer der intensivsten Eindrücke, die ich in Venezuela hatte.

Das Mädchen vor dem Coca-Cola-Schild habe ich in einem Dorf am Orinoco aufgenommen. Ich war gerührt und musste schmunzeln, als sie noch schnell versuchte, ihre Haare irgendwie zu einer Frisur zu ordnen, bevor ich sie fotografierte. Oder das Mädchen in einem Laden in Tintorero – sie war vielleicht 12 Jahre alt, aber bediente mich perfekt wie eine Erwachsene, zuckte auch nicht mit der Wimper, als ich sie fragte, ob ich sie fotografieren könnte, sondern blieb cool hinter der Theke stehen und schaute direkt in die Kamera.

Das Kind ganz untern sitzt in meiner Hängematte, seine Mutter, bei der ich ein paar Tage im „Garten“ übernachten durfte, hatte es hineingelegt. Ein perfektes Bild, für das ich nichts arrangieren musste – ich habe einfach spontan auf den Auslöser gedrückt.

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