Am Solimões

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Solimões wird der Amazonas von den Brasilianern zwischen dem Dreiländereck Peru-Kolumbien-Brasilien und dem Zusammenfluss mit dem Rio Negro genannt. Die Fotos habe ich 1982 in Leticia (Kolumbien, 1,2) gemacht und am gegenüber liegenden Ufer des Amazonas bzw. Solimões im brasilianischen Tabatinga (3,4,8). Die Fotos auf dem Schiff stammen von meiner anschließenden 10-tägigen Reise auf dem Amazonas nach Manaus. Seltenes Foto: meine Füße in meiner Hängematte. (Privatsphäre sieht anders aus, immerhin schliefen Männer und Frauen getrennt.)




Vorratsdatenspeicherung light plus [Update]

Kurt Biedenkopf, Ex-Generalsekretär der CDU, soll 1973 gesagt haben: „Was sich heute in unserem Land vollzieht, ist eine Revolution neuer Art. […] Revolutionen finden heute auf andere Weise statt. Statt der Gebäude der Regierungen werden die Begriffe besetzt, mit denen sie regiert.“

Richtig: Wenn man dem politiischen Gegner die eigenen Begriffe und Definitionen aufzwingt, dann infiltriert man ihn auch mit den eigenen Ideen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger versucht es gerade wieder, einerseits, um der Überwachungs- und Zensurmafia die halbherzige FDP-Position schmackhaft zu machen, andererseits um die Gegner der Vorratsdatenspeicherung ins Leere laufen zu lassen.

Vorratsdatenspeicherung heisst jetzt Quick Freeze Plus. Jawoll. Folter heisst jetzt „rubuste Wahrheitssuche“, das Atommüllager nennen wir jetzt „Entsorgungspark“, und den Krieg kennen wir ohnehin schon als „Friedenserzwingung“.

Noch mal zum Mitschreiben: „Vorratsdatenspeicherung bezeichnet die Verpflichtung der Anbieter von Telekommunikationsdiensten zur Registrierung von elektronischen Kommunikationsvorgängen, ohne dass ein Anfangsverdacht oder eine konkrete Gefahr besteht (Speicherung bestimmter Daten auf Vorrat).“

Die Regierung will alle Verkehrs- und Kommunikationsdaten aller Bürger auf Vorrat sammeln – ohne konkreten Anlass. Im Prinzip ist die Richtlinie 2006/24/EG der Europäischen über die Vorratsspeicherung von Daten schuld; wie diese Vorgabe juristisch umgesetzt wird, bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen. Das deutsche Bundesverfassungsgericht erklärte die deutschen Vorschriften – also den ersten Versuch zur Vorratsdatenspeicherung – mit seinem Urteil vom 2. März 2010 für verfassungswidrig und nichtig.

Das interessiert die Zensur- und Überwachungsmafia und deren politischen Lautsprecher natürlich nicht. Und Leutheusser-Schnarrenberger ist nur so eine Art feministische Theologin: Sie versucht, das Falsche, Lächerliche, Böse noch irgendwie angenehm zu kostümieren und uns schmackhaft zu machen. Mit der Vorratsdatenspeicherung ist es aber wie mit der Schwangerschaft – ein bisschen geht nicht.

Wie absurd die Diskussion mittlerweile ist, zeigt das Beispiel: Welche Reaktion würde jemand ernten, der forderte, alle Jogger und sonstigen Fußgänger würden ab sofort generall überwacht und ihre Wegstrecken protokolliert werden, weil man auf diese Weise auch zu Fuß flüchtende Bankräuber erwischen würde? Genau so argumentieren die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung. Was offline gilt, muss auch online gelten: Anonymität im Internet ist ein Bürgerrecht!

Die German Privacy Foundation hat das so formuliert: „Die zunehmende Überwachung der Kommunikation erfordert das Recht auf und den Schutz der Privatsphäre. Die Freiheit in der digitalen Welt muss verteidigt werden. Das Recht auf ungehinderte Kommunikation ist ein Menschenrecht, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also auch auf Anonymität, ein unverzichtbares Bürgerrecht und eine Grundfeste des Datenschutzes. Jeder hat das Recht, selbst zu entscheiden, welche Informationen er oder sie über sich selbst preisgibt. Solange nicht ein staatliches Gesetz oder die Rechte anderer entgegenstehen, kann jeder Mensch sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung in der Form ausüben, dass er anonym auftritt und sich insbesondere im Internet anonym bewegt.“

Update: Vgl. Thomas Stadler: „Die Vorratsdatenspeicherung ist aus grundsätzlichen rechtsstaatlichen Erwägungen heraus abzulehnen und es hat dabei zu bleiben, dass deutschen Ermittlungsbehörden nicht dieselben Imstrumente an die Hand gegeben werden dürfen, wie den Behörden totalitärer Staaten. Zudem wäre wünschenswert, dass die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung stärker in den Kontext des Datenschutzes gestellt wird. Denn die Politik kann nicht einerseits ein hohes Datenschutzniveau, das nur durch die gesetzlich normierten Ziel der Datenvermeidung und Datensparsamkeit erreichbar ist, propagieren und andererseits eine Vorratsdatenspeicherung fordern.“




Was ist und zu welchem Ende betreiben wir Social Engineering?

Spiegel Online (ein Link zur Quelle, o Wunder!) fantasiert wieder wahllos herum: „Denn Bronk hackte sich in deren E-Mail-Konten…“ Das hätte die Taz auch nicht schlechter formulieren können. Wie zum Teufel, „hackt“ man sich in E-Mail-Konten? Etwa mit einer real gar nicht existierenden „Online-Durchsuchung“?

Nein, der Kerl war kein echter „Hacker“, sonder jemand, der sich des guten alten Social Engineering bediente: „Ausgestattet mit dem derart zusammengetragenen Hintergrundwissen ging er daran, die E-Mail-Passwörter seiner Opfer zu ändern. Dazu machte er sich nicht etwa die Mühe, zuerst deren Passwort herauszufinden. Stattdessen gab er sich deren E-Mail-Providern gegenüber als Inhaber des jeweiligen Accounts aus und beantragte, mit der Begründung, er habe sein Passwort vergessen, online ein neues. Weil viele Provider immer noch Standardabfragen, beispielsweise nach dem Mädchennamen der Mutter, verwenden, um in solchen Fällen die Identität des Antragstellers zu überprüfen, fiel es Bronk nicht schwer, die E-Mail-Konten zu übernehmen.“

„Social Engineering nennt man zwischenmenschliche Beeinflussungen mit dem Ziel, unberechtigt an Daten oder Dinge zu gelangen. Social Engineers spionieren das persönliche Umfeld ihres Opfers aus, täuschen falsche Identitäten vor oder nutzen Verhaltensweisen wie Autoritätshörigkeit aus, um Dinge wie geheime Informationen oder unbezahlte Dienstleistungen zu erlangen. Meist dient Social Engineering dem Eindringen in ein fremdes Computersystem, um vertrauliche Daten einzusehen; man spricht dann auch von Social Hacking.“

Also bitte keine Computermythologie, Technik-Schamanismus oder anderen Regenzauber: Man kann sich nicht einfach so irgendwo „reinhacken“.




Voyeuristic Blogger Portraits

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Wired hat eine hübsche Fotoserie von Gabriela Herman: „Herman disputes that technology has an isolating effect.“ (via Nerdcore)

Schön auch der Hinweis: „Wired’s 2002 declaration of the blog’s arrival now seems foolishly self-evident.“




Chachapoya – die Wolkenmenschen

Lieber Michael Tauchert,
herzlichen Dank für den wunderbaren und grossartigen Film über die
Chachapoya. Und ich dachte, ich wüsste fast alles Wesentliche über Peru…
Wenn ich könnte, würde ich auch in Kolumbien leben.
(Ich schreibe nie Leserbriefe, dieser hier ist eine Ausnahme.)
Mit freundlichen Grüssen
Burkhard Schröder




Das grosse Sonntagsrätsel aus Prinzapolka

prinzapolkaOtavalo

Was ist das auf dem obigen Bild? Ein Segelschiff der Primitivklasse? Gulliver auf dem Weg nach Brobdingnag? Ach nein, nur das Resultat meiner Langeweile: Ein Teil einer Kokusnussschale, zurechtgebastet zu einem Schiffchen von mir persönlich, das ein paar Minuten den Wellen trotzte, an einem einsamen Strand an der Atlantiküste Nicaraguas in der Nähe von Prinzapolka. (Ich glaube, dass die wenigen Häuser eher zu Puerto Isabel gehörten.)

Am 14.12.2003 bloggte ich:
Miskito Coast, Nicaragua, 03.12.1981. Tropische Nächte auf einem kleinen Schiff, lauer Wind und kitschige Sonnenuntergänge. Die Küste ist noch in Sicht, am zweiten Tag verschwindet sie am Horizont. Nach Süden, nach Bluefields, dem ehemaligen Schmugglernest, das schon oft durch Hurrikane verwüstet wurde. Wie so oft bereitet uns der capitan des Schiffes eine Überraschung. Wir legen in Prinzapolka an, einem Küstendorf, besiedelt von Miskito, die alle zu den protestantischen Herrnhuter Brüdern gehören. Uns bleiben nur wenige Stunden. In einem komfortablen Haus am Strand wohnt ein junges Ehepaar, beide überzeugte Anhänger der Sandinistischen Bewegung und offenbar deshalb sozial isoliert. Sie freuen sich riesig über die Fremden und zeigen uns voller Stolz ihre Bibliothek, die fast ausschliesslich aus Reader’s Digest-Bänden besteht.

Über Nicaragua kurz nach der Revolution demnächst mehr.




Trendsetter in Neukölln, aufgemerkt!

rixdorf

Nachdem der Reuterkiez in Neukölln jetzt schon zu den „angesagten“ Gegenden gehört, muss ich für meinen eigenen Kiez Entwicklungshilfe leisten. Ausser der B-Lage gibt es hier keine Szenekneipen, und in der B-Lage spielen sie grauenhafte Musik – es ist nicht zum Aushalten. Diese Kneipe, die zum Verkauf steht, liegt hier am recht idyllischen Böhmischen Platz. Hier gibt es zahlreiche Studenten, weil die Wohnungen billig sind – die Gegend ist also für Szenekneipen eine Goldgrube und ein Geheimtipp. Und nicht vergessen: Wer nichts wird, wird Wirt.




Frau Sarrazin und die Nationalpädagogik

Spiegel-Vorabmeldung: „Massive Vorwürfe gegen den Erziehungsstil von Ursula Sarrazin gibt es länger als bislang bekannt. So kam es im März 2009 zu einer Sammelbeschwerde von gut 50 Eltern. ‚Viele Kinder litten unter dem autoritären Lehrstil von Frau Sarrazin‘, sagt Ines Zimzinski, eine der Mütter, die das Schreiben bei der Schulaufsicht abgab. In der Beschwerde hieß es unter anderem, dass die Lehrerin ‚im Unterricht die Beherrschung verliert und die Kinder anschreit‘. Eltern eines japanisch-deutschen Jungen hatten sich außerdem beklagt, dass Sarrazin ihren Sohn wiederholt wie eine Automarke in ‚Suzuki‘ umtaufe. Dies geschehe ‚zum Teil unter dem Gelächter der Klassenkameraden, die ihn dann prompt auch so nennen‘.

Gleich zu gleich gesellt sich gern, weiß schon der Volksmund. Auf der Website der betreffenden Schule, an der Frau Sassazin lehrt, steht: „Wir orientieren uns dabei an großen Pädagogen, wie z.B. Herman Nohl, der den von ihm so genannten ‚Pädagogischen Bezug‘ zwischen Lehrendem und Lernenden als die Basis des Lernens bezeichnet hat.“ Wikipedia ist recht aufschlussreich: „Schon vor Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft waren Nohls Schriften geprägt von völkischem und rassistischem Gedankengut. So forderte er immer wieder eine ‚Nationalpädagogik‘, die der besonderen politischen Situation Deutschlands Rechnung trägt.“

Ich frage mich ernsthaft, wie doof eine Schulleitung und ein Kollegium sein müssen, ein positives Bekenntnis zu einem Rassisten und völkischen Pädagogen auf ihre Website zu stellen? Dann meinen die es erst mit ihrer Nationalpädagogik.




Radikalenerlass, revisited

Spiegel-Vorabmeldung: „…dürfen Empfänger von Geld aus den Anti-Extremismus-Programmen des Ministeriums nicht mit Teilen der Linkspartei kooperieren.“ Schon klar: Staatsknete gibt es nur bei politischem Wohlverhalten.

Dazu passt: „Der als ‚Schlächter von Lyon‘ berüchtigte NS-Verbrecher Klaus Barbie war zeitweise Agent des Bundesnachrichtendienstes (BND). (…) Wenige Wochen nach seiner Anwerbung übernahm er die bolivianische Repräsentanz eines Bonner Unternehmens, das weltweit überschüssiges Rüstungsmaterial der Bundeswehr verkaufte.“

Man kann darauf warten, wann der Radikalenerlass wieder eingeführt wird. Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch.




Otavaleños

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Marktszenen in Otavalo, Ecuador (1979). Ich bin erstaunt, dass nicht nur der deutsche (da erwarte ich es nicht anders), sondern auch der englische Wikipedia-Eintrag nichtssagend und dem Thema unangemessen sind – der spanische Beitrag sieht da schon anders aus.

„Otavalo es el municipio de mayoría indígena más rico de la República de Ecuador“. Die Gemeinde ist die reichste von allen „indianischen“ Orten in Ecuador. Der Bürgermeister gehörte dem Movimiento de Unidad Plurinacional Pachakutik – Nuevo País (MUPP-NP) an. Das ist eine Partei in Ecuador, die mit der indianischen Dachorganisation CONAIE verbündet ist und die Interessen der indigenen Bevölkerung ganz Ecuadors vertritt.

Bevor sich jetzt die völkischen Romantiker und andere reaktionären Multikultis und „Kulturen“-Groupies zu Wort melden: Wer „Indianer“ ist, weiß in Südamerika kein Mensch. Das ist eine soziale Kategorie, die jemandem zugeschrieben wird – wie hierzulande „Fremder“ oder auch nicht. Ich habe selbst miterlebt, wie ein so genannter Mestize „(Karl May nannte die noch „Halbblut“) einen „indianischen“ Bauern als „Rothaut“ („pielroja“ – auch eine bekannte billige Zigarettenmarke in Bolivien) beschimpfte.

„Indigen“ (eigentlich „indianisch“) ist etwas Ähnliches wie eine „nationale Minderheit“ in Deutschland, also Sorben, Sinti und Roma, Dänen oder Friesen. Nation und Staatsangehörigkeit bedeuten nicht dasselbe, das muss man völkischen Reaktionären sie Sarrazin und Multi“kultis“, die alles Politische auf vermeintliche Folklore („Haus der Kulturen der Welt“) reduzieren, immer erst mühsam erklären. Ein „Indianer“ ist also nicht jemand, der traditionelle Tracht trägt (die in Südamerika oft spanische Bauernkleidung ist, die den „Ureinwohnern“ von den Konquistadoren aufgezwungen wurden), sondern jemand, der auf eine bestimmte Art und Weise lebt und politisch handelt und sich in eine Tradition stellt.

Eine „reine“ Kultur gibt es nur in den Köpfen deutscher Rassisten und anderer Neonazis und ihrem „linken“ Pendant, den paternalistischen Rettern der „bedrohten Völkern„. („Im Unterschied zu anderen Menschenrechtsorganisationen hat die GfbV in besonderen Situationen militärische Interventionen und Eingriffe unterstützt“.)

Im Deutschen sagt man auch nicht Volk, sondern vornehm „Ethnie“ (obwohl das genau dasselbe ist) oder, wenn man sich „grünalternativ“ gibt: „Kultur“. Besonders lächerlich verschraubt ist die Formulierung über Mario Conejo im deutschen Wikipedia: er habe einen „ethnischen Kichwa-Hintergrund“. Das entspricht dem Wortungetüm: „er hat einen Migrationshintergrund“ – statt: er ist Einwanderer oder das Kind von Einwanderern. Der Bürgermeister spricht also auch Quechua oder Runasimi, die Sprache der Inkas, so wie ein Sorbe Sorbisch spricht. (Man sagt ja auch nicht: „Er hat einen völkischen Sorbisch-Hintergrund.“) In Ecuador ist Quechau übrigens keine Amtssprache – im Gegensatz zu Peru. (Sorbisch ist in einigen Gegenden Deutschlands auch eine Amtssprache.)

Die Indigenas von Otavalho waren schon immer sehr geschäftstüchtig und wussten sich gut zu vermarkten. Die Männer erkennt man an ihrem langen Zopf und den blauen Ponchos, die sie auch im Ausland nicht ablegen. Ich habe sogar schon einen Otavalo auf einem Flohmarkt in Berlin getroffen und in einem Straßencafé in Caracas – der trug aber nur seinen Zopf, nicht den Poncho, und lachte sich kaputt, als ich ihm auf den Kopf zusagte, woher er stammte. Die Venezolaner wussten es nicht, aber der einzige Gringo weit und breit. Zuerst wollte er mir eine „indianische“ Decke verkaufen, als wir gemeinsam Kaffee schlürften, und er lachte sich noch mehr kaputt, als ich ihm sagte, von einem Otavaleno würde ich nichts kaufen, der würde mich sowie über’s Ohr hauen. Zum Abschied umarmte er mich und nannte mich „hermano“ („Bruder“), vermutlich weil wir die beiden einzigen Männer in Caracas mit einem Zopf bzw. Pferdeschwanz waren (1998).

Heute ist Otavalo (Utavalu in Quechua) auf den ersten Blick ein Ort für Touristen, die den Markt so erleben wie Schwaben oder Ossis den Türkenmarkt in Kreuzberg.




Netzkongress der CSU

Eine Vorschau auf die Reden beim Netzkongress der CSU am 31. Januar gibt es bei Youtube. In der letzten Reihe sitzen zwei Mitglieder der Piratenpartei. Hier auch eine Anleitung: „How to break the internet with Google“ – ein Mitglied der Piratenpartei erklärt Mitgliedern der CSU das Internet. (Vgl. auch netzpolitik.org)




Monika Piel – der Volkssturm der Holzmedien

Die ARD-Vorsitzende Monika Piel in einem Interview mit dem Tagesspiegel (via Fefe): „Den Geburtsfehler des Internets – kostenlose Inhalte – zu beseitigen ist aber schwierig und langwierig.“ ARD – da weiß man, welche Anstalt man hat.




Datenspionage ist obligatorisch [2. Update]

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Golem.de berichtet: „Hamburgs Datenschutzbeauftragter, Johannes Caspar, hat seinen Internetauftritt abschalten lassen, da auf der Seite ‚unzulässige Trackingsoftware‘ zum Einsatz kam.“

Echten Datenschutz gibt es offenbar nur, wenn man gar nicht mehr kommuniziert. Har har. Rechtsanwalt Thomas Stadler hatten dem Datenschutzbeauftragten die Leviten gelesen: Unter datenschutz-hamburg.de werde „Tracking-Technologie eingesetzt“ und „kräftig getrackt“.

„Stadler spielte auf das in den Seiten integrierte IVW-Pixel an, mit dem die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern die Reichweiten vieler deutscher Websites misst, auch die von Golem.de. Die Teilnahme am Messverfahren der IVW ist für größere Websites, die sich über Werbevermarktung finanzieren, auf dem deutschen Markt praktisch obligatorisch.“

Aha. Gut zu wissen. Die Formulierung ist verräterisch: „praktisch obligatorisch“? Das heisst: Alle tun es, aber keiner möchte darüber reden? Dazu passt ja die heuchlerische Titelgeschichte im aktuellen Print-Spiegel – mit „Datenkraken“ sind immer nur die anderen gemeint.

Abhilfe gegen Tracking schafft das Firefox-Add-on ghostery. Ihr werdet euch wundern, wie viele Websites plötzlich nicht mehr „korrekt“ angezeigt werden bzw. meckern, dass ihr angeblich „veraltete“ oder „falsche“ Browser benutzt. Derartige Add-ons sind ein Sargnagel für das Internet-Geschäftmodell auch deutscher Medien. Deswegen empfiehlt die niemand.

[Update] Besonders dreist ist die taz: „Auch taz.de hat den Zählpixel von INFOnline für IVW auf seiner Website integriert. Was genau sie dabei erheben, inwieweit sie anonymisieren, das steht außerhalb der direkten Kontrolle von taz.de und allen anderen Kunden-Websites.“ Dann ist ja alles gut.

[2. Update] Die Süddeutsche verschweigt in einem linkfreien Artikel sogar, dass sie selbst diese Tracker nutzt (vgl. den Quelltext von sueddeutsche.de).




Die Heuschrecke geht von Bord

Der Guardian meldet: „David Montgomery has quit Mecom after losing a boardroom showdown to stay on at the company, leaving the pan-European newspaper publisher he founded a decade ago without a chief executive.“




Die Schattenseiten des Internetzes

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Das ist doch mal eine halbwegs gute Nachricht: Laut Heise setzt zum Glück nur ein Viertel aller Eltern Software ein, um das Online-Verhalten ihrer Kinder zu überwachen. Das sind zwar immer noch viel zu viele, aber eine zweite gute Nachricht kommt gleich hinterher: Die Filter- und Zensursoftware ist in der Regel grottenschlecht. Quod erat demonstrandum.

„Demnach lassen sich mit 84 Prozent der untersuchten Programme nicht für Kinder geeignete Seiten recht gut blockieren. Während die Erfolgsquote wird vor allem beim Filtern von Erotikangeboten hoch sei, funktioniere das bei Webseiten rund um Magersucht, Suizid oder Selbstverstümmelung weniger gut. Gleichzeitig würden teils Angebote mit besonders kindgerechten Inhalten fälschlich blockiert.“

Bruhahaha. Wie kann man bei solchen Sätzen überhaupt ernst bleiben? Ist es ein Erfolg, wenn Kinder keine „Erotik“ mehr sehen dürfen? Und sind Websites, die sich mit Magersucht beschäftigen, jetzt auch verboten und fallen unter den klostertauglichen deutschen Jugend“schutz“? Die Erfolgsquote bei Selbstverstümmelung ist nicht hoch – ich weiß gar nicht, was die meinen?

Zugegeben, ich würde einem kleinen Kind die Fotos auf rotten.com nicht zumuten, selbst ich kann mir das kaum ansehen. Aber warum sollte ich das sperren wollen? Ich würde meinen Kinder eher verbieten, sich ohne Aufsicht einem katholischen Pfaffen zu nähern. Medienkompetenz bedeutet doch, dass man Kinder über die Risiken und Nebenwirkungen des Surfens aufklärt und diese erzieherische Aufgabe nicht irgendeiner Software überträgt, deren Programmierer ich weder kenne noch deren Kriterien. Vielleicht wollen die lieben Kleinen porn später an der University of Sussex studieren, können sich aber nicht informieren, weil der Rechner sich bei Eingabe der Zeichenfolge s e x gleich in die Luft sprengt?

Der Titel derartiger Medienberichte dürfte nicht heissen „Kinderschutz-Filter oft noch unzureichend“, weil das suggeriert, es gebe einen zureichenden Schutz durch Zensur-Programme, sondern: „Filter-Software ist nicht imstande, Kinder zu schützen.“ Und natürlich gehört zu einer guten Erziehung der lieben Kleinen, dass Eltern Hilfe leisten können, wenn Zensur im Internet umgangen werden muss.

Bei SpOff finden wir heute einen ähnlich schlampig formulierten Artikel: „Seit langem will der Inlandsgeheimdienst FSB Internetanbieter dazu zwingen, missliebige Seiten zu sperren. Ein Gesetz verpflichtet Internetdienstleister, auf eigene Kosten eine Hardware zu installieren, durch die der FSB – nach Genehmigung durch einen Richter – verfolgen kann, wer welche Web-Seiten besucht und welche E-Mails schreibt. Manche Unternehmen üben sich mitunter schon in freiwilliger Selbstzensur.“

Moment – wir hier Russland beschrieben oder Deutschland? Ein kritisches Wort vermisse ich – das wäre eine journalistische Aufgabe. Wie will ein Geheimdienst einen Provider zwingen, „missliebige“ (wem?) Webiste zu sperren? In Nordrhein-Westfalen wurden die Internet-Anbieter gezwungen, zum Beispiel die missliebigen Seiten <a href="http.//www.rotten.com und <a href=" http.="" www.stormfront.org zu sperren. Die deutsche TKÜV – ein Gesetz, dass die rot-grüne Regierung uns bescherte, verpflichtet Internetdienstleister, auf eigene Kosten eine Hardware zu installieren, durch die nicht nur der deutsche Inlandsgeheimdienst, sondern auch Polizeidienststellen alle E-Mails in Echtzeit mitlesen können. Freiwillige Selbstzensur ist bei deutschen Providern ohnehin Standard, (Die These, man könne mit einer Hardware verfolgen, wer welche Web-Seiten besucht, ist übrigens schlicht grober Unfug. Wer als Chef vom Dienst so etwas durchlässt, ist ein Internet-DAU.)

Ein verantwortungsvoller Journalist hätte in einem Artikel über „Russlands Angst vor Datenlecks“ erwähnt, dass Deutschlands „Angst“ nicht nur genauso groß ist, sondern dass auch die Zensur und die Überwachung hierzulande keinen Vergleich mit Diktaturen zu scheuen braucht.

Bei Heise lese ich, „dass 39 Prozent der europäischen Kinder und Jugendlichen bereits mit Schattenseiten des Internets in Berührung gekommen sind.“ Das muss ich energisch zurückweisen – so viele Benutzer hat burks.de denn doch nicht.

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Tweet of the day 30

Huxi: „Unser „Bundesminister des Innern“ heisst also jetzt Karl de MaiziERRORre“. [Hintergrund]




Das grosse Flughafen-Quiz auf burks.de

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Ihr könnt es eh nicht herausfinden – nur der Flughafen in Havanna/Kuba (1984) dürfte klar sein oder das zweite Foto – das ist der Tocumen International Airport in Panama (1981). In Panama habe ich Silvester 1981/82 verbracht.

Den dritten Flughafen gibt es gar nicht mehr: Es ist der winzige Airport Grenada Pearls der Antillen-Insel Grenada (1982). Der heutige Flughafen ist nach dem Revolutionär und ehemaligen Ministerpräsidenten Maurice Bishop benannt.

„Sein Bau wurde von den USA allerdings als Zeichen interpretiert, dass Grenada damit zum militärischen Vorposten der Sowjetunion ausgebaut würde. Daher landeten im Oktober 1983 im Rahmen der Operation Urgent Fury Fallschirmspringer und brachten ihn unter ihre Kontrolle.“ Der Flughafen diente den USA also zum Vorwand, um die linke Regierung von Grenada zu stürzen. Ich vergesse so etwas nicht – immerhin war ich Augenzeuge der Revolution in Grenada.

Flughafen Nummer vier liegt in Georgetown, der Hauptstadt Guyanas (1982). Wenn man sich das Gelände heute von oben anschaut, scheint sich nicht viel geändert zu haben. Ich war zwei Mal in Guyana und bin beide Male mit der Guyana Airways Corporation geflogen, die eine bewegte Geschichte hat: Guyana Airways Corporation„In the 1980s Guyana Airways Corporation’s domestic operations started to deteriorate for a number of reasons, not least among them the unrealistically low fares it was required to charge and the lack of access to foreign exchange for imported aircraft parts and other requirements. The private sector therefore began to fill the gap and by 1991 three major domestic charter operators had emerged. In the meantime, Guyana Airways Corporation’s domestic service continued to deteriorate and, by 1993, possessed only one Twin Otter DHC-6 to service the entire country“.

Haha. Das Luftwesen Guyanas machte schon damals keinen guten Eindruck auf mich. Der zweite Flughafen von unten ist der in Annai bzw. Mahdia in Zentral-Guyana. (Ja, ist schon gut, es handelt sich nicht um einen Flughafen, sondern um einen „Landeplatz“. So sah das auch aus.) Damals gab es noch keine Straße, die die Savanne an der Grenze zu Brasilien mit der Hauptstadt an der Küste verband. Das Hubschrauberwrack auf der Landebahn beruhigte die wenigen Fluggäste auch nicht gerade. Guyana ist ein echter Geheimtipp (ja, ich habe schon vor acht Jahren einmal darüber gebloggt). Ich hoffe, dass ich in meinem Leben noch einmal auf eine Entdeckungstour ins Landesinnere gehen kann.

Auch der letzte Flughafen ist nicht zu erraten – er gehört zur kleinen Insel San Andres (1979 fotografiert), die vor der Küste Nicaraguas liegt, aber erstaunlicherweise zu Kolumbien gehört. Ich kriege schon wieder Fernweh….




Veronica Ferres! Oder: Carsten Maschmeyer, reloaded

Veronica Ferres!
Daß Sie uns in Ihrer Eigenschaft als Deutschlands bestbezahlte Kartoffel praktisch nie glücklich machen, sondern stets nur schlimme Kopfschmerzen bereiten, dürfte Ihnen vielleicht noch gleichgültig sein.
Daß sich aber selbst Ihr Märchenprinz Carsten „Maschi“ Maschmeyer jetzt anscheinend aus dem Finanzberatungssumpf zurückzieht und eine Pharmafirma gründet, deren Ziele laut dpa „die weitere Erforschung von Gehirnerkrankungen und Entwicklung von Medikamenten im Kampf gegen Depressionen“ sind, gäbe uns an Ihrer Stelle langsam zu denken.
Versuchen Sie’s doch einfach mal, rät
Titanic




Verfassungsrechtlichen Anforderungen an die fachgerichtliche Prüfung des Versammlungscharakters einer Zusammenkunft

Das Bundesverfassungsgericht hat einem Neonazi Recht gegeben. Hinter dem sperrigen Titel „Verfassungsrechtlichen Anforderungen an die fachgerichtliche Prüfung des Versammlungscharakters einer Zusammenkunft“ verbirgt sich eine interessante Entscheidung, die aber wie gewohnt in ein verständliches Deutsch übersetzt werden muss, bevor man auch nur versteht, worum es eigentlich geht.

Die Magdeburger Volksstimme schreibt: „Die vom Amtsgericht Bad Liebenwerda in Brandenburg verhängte Geldbuße gegen ein Mitglied der rechten Szene wegen Teilnahme an einer unerlaubten Versammlung ist rechtswidrig. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in einem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss, das Urteil des Amtsgerichts habe den Kläger in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit verletzt. (Az: 1 BvR 1402/06). Im August 2004 hatte in Finsterwalde in Brandenburg eine angemeldete Demonstration unter dem Motto „Keine schweigenden Provinzen – Linke Freiräume schaffen„, stattgefunden. Etwa 40 Mitglieder der rechten Szene, darunter auch der Kläger, postierten sich schweigend entlang der Route der Kundgebung. Das Amtsgericht verurteilte den Kläger wegen fahrlässiger Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung zu einer Geldbuße von 75,00 Euro.“

„Fahrlässige Teilnahme an einer unerlaubten Ansammlung“ – auf so etwas muss man erst einmal kommen. Worum geht es?

Wenn sich ein paar Leute treffen, ist das keine Demonstration im juristischen Sinn – die stünde durch das im Grundgesetz garantierte Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit unter einem besonderen Schutz. Der Artikel 8 des Grundgesetzes sagt zwar, dass alle Deutschen das Recht haben, sich ohne Anmeldung (!) oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln, das gilt jedoch nicht absolut: „Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.“

Die unteren Instanzen deutscher Gerichte treten dieses Recht regelmäßig mit Füßen, indem sie Demonstrationen von Neonazis verbieten – und gehen in Einklang mit dem gesunden linken Volksempfinden nach dem Motto: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen, was besagen soll: Grundrechte sollten nicht für die Bösen gelten. Ich formuliere das bewusst so boshaft, weil die Linken, also die Guten, immer noch nicht kapiert haben, dass sich nichts in Deutschland ändern wird, wenn nicht voher die Primärtugenden und -reflexe (mit denen man bekanntlich auch ein KZ betreiben kann) melden, durchführen und verbieten bei jedwedem gesellschaftlichem Problem ersatzlos gestrichen werden. Diese Leitkultur führt manchmal dazu, dass man Rinks und Lechts velwechsern kann.

Das Bundesverfassungsgericht musste also entscheiden, ob das versprengte Häuflein Neonazis, dass da herumstand, eine Demonstration gewesen, obwohl sie als solche nicht angemeldet worden war. „Nach der Auffassung des Amtsgerichts sei eine versammlungsrechtliche Auflösung vor Erlass des polizeirechtlichen Platzverweises nicht erforderlich gewesen, weil es sich bei der Zusammenkunft nicht um eine Versammlung im Sinne des Art. 8 Abs. 1 GG, sondern lediglich um eine Ansammlung nach § 113 Abs. 1 OWiG gehandelt habe.“ (Gesetz über Ordnungswidrigkeiten: „Ordnungswidrig handelt, wer sich einer öffentlichen Ansammlung anschließt oder sich nicht aus ihr entfernt, obwohl ein Träger von Hoheitsbefugnissen die Menge dreimal rechtmäßig aufgefordert hat, auseinanderzugehen.“)

Das Bundesverfassungsgericht watschte das Amtsgericht ab: „Angesichts dieser Umstände hätte das Amtsgericht sich damit auseinandersetzen müssen, dass der physischen Präsenz in einer die gegenteilige politische Ausrichtung zu erkennen gebenden Aufmachung gepaart mit dem Schweigen der Gruppe hier naheliegenderweise eine eigenständige Aussage zukommen kann.“ Wer also schweigend in der Nähe des politischen Gegners herumsteht und dieses Herumstehen als Statement verstanden haben will, der demonstriert im juristischen Sinn.

Die Polizei kann nicht einfach sagen „verpisst euch“. „Versammlungsspezifische Maßnahmen der Gefahrenabwehr richten sich nach den hierfür speziell erlassenen Versammlungsgesetzen. Die dort geregelten, im Vergleich zu dem allgemeinen Polizeirecht besonderen Voraussetzungen für beschränkende Verfügungen sind Ausprägungen des Grundrechts der Versammlungsfreiheit. Dementsprechend gehen die Versammlungsgesetze als Spezialgesetze dem allgemeinen Polizeirecht vor. Daraus folgt, dass auf das allgemeine Polizeirecht gestützte Maßnahmen gegen eine Person, insbesondere in Form eines Platzverweises, ausscheiden, solange sich diese in einer Versammlung befindet und sich auf die Versammlungsfreiheit berufen kann.“

Das Bundesverfassungsgericht hat also wieder einmal gut, schön und wahr entschieden, auch wenn es zum Vorteil der Bösen war.




Nicht Bungee-Jumping, sondern Banshee-Riding

Pandora

Ja, das ist schon wieder einer meiner Avatare – ich habe endlich kapiert, wie man die Dinger richtig fliegt. Ganz schön schwierig….