Die Links sind frei

Eines der wichtigen Urteile des Jahrtausends wird seinen Weg nicht in die Mainstream-Medien finden. Die Süddeutsche zum Beipiel berichtet mit dürren Worten: „Der Heise Verlag hat sich nach eigenen Angaben in einem langen Rechtsstreit mit der Musikindustrie um die Verlinkung von Internet-Texten vor dem Bundesgerichtshof durchgesetzt. (..) ‚Das ist ein klares Signal für die Pressefreiheit‘, kommentierte Christian Persson, Chefredakteur von ‚heise online‘, am Freitag die Entscheidung (Az. I ZR 191/08). ‚Hyperlinks sind essenzieller Bestandteil von Texten im WWW und ihr eigentlicher Mehrwert gegenüber Artikeln in Zeitschriften.'“

Natürlich ist die Süddeutsche zu blöd und zu faul, Links zu setzen – da die deutshcen Holzmedien mit dem hypermedialen Medium Internet ohnehin auf Kriegsfuß stehen, wundert das nicht. (Bericht bei Heise: „Heise vs. Musikindustrie: Bundesgerichtshof verwirft Link-Verbot“.)

Bei Heise lesen wir dann auch: „Nach Meinung der Verlagsleitung ist das Verlinken von Informationsquellen keineswegs nur ein zusätzlicher Service, sondern unerlässlicher Bestandteil von Online-Journalismus.“. Quod erat demonstrandum: Nur für Heise, aber nicht für Spiegel „Online“, Focus „Online“ und alle diejenigen, die glauben, „Online-Journalismus“ sei, wenn man die Zeitung auf Papier jetzt auch auf dem Monitor sehen kann.

Besonders pikant an dem Urteil ist, dass alle Vorinstanzen eine gehörige Klatsche bekommen haben, zum Beispiel das OLG München. Das Verbot eines Links hat schon seinen Weg in die Praxis gefunden wie die Zahnpasta, die aus der Tube gedrückt worden ist und partout nicht wieder hineinwill. Zahlreiche Rechtanwälte kauen diesen Quatsch wieder, sogar bei Seminaren, weil auch hier der Wunsch Vater des Gedankens ist, das müsse so sein.

Ich erinnere an meine Verfahren aus dem Jahr 2000: Tatvorwurf (Delikt mit kriminologischer Bezeichnung): Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Tatort (Anschrift): Links mit strafrechtlich relevantem Inhalt unter ‚burks.de, das schon damals sang- und klanglos eingestellt wurde.

Noch einmal: „Der Verlag betonte die herausragende Bedeutung der Linksetzung als originärem Bestandteil der Online-Berichterstattung. Diese ziele als interaktives Medium gerade darauf ab, dem Leser unmittelbaren Zugriff auf Quellen und weitergehenden Informationen zu ermöglichen. Die Annahme, dass dem Leser der Download der Software erleichtert werden sollte, sei abwegig. Auch ohne Linksetzung wäre es jedem Leser möglich gewesen, die betreffende Seite aufzurufen.“

Übrigens wird jetzt auch der juristische Regenzauber „SPIEGEL ONLINE ist nicht verantwortlich für die Inhalte externer Internetseiten“ obsolet. Trotzdem werden sie diesen Satz dort nicht entfernen – es ist eben eine magische Handlung. Auch das Das Märchen vom ‚Link-Urteil‘ hat nicht dazu geführt, dass der ominöse dümmliche und sinnfreie Texbaustein Mit dem Urteil vom 12. September 1998 – 312 0 58/98 – „Haftung für Links“ hat das Landgericht Hamburg entschieden, dass man durch die Anbringung eines Links die Inhalte der gelinkten Seiten ggf. mit zu verantworten hat. Dieses kann – so das Landgericht – nur dadurch verhindert werden, indem man sich ausdrücklich von diesen Inhalten distanziert. Hiermit distanziere ich mich ausdrücklich von allen Inhalten der von mir verlinkten Seiten verschwindet. Nein, auch hier geht es um einen Exorzismus, nicht um etwas Rationales.

Danke, Heise! Ohne euch wäre die Welt schlechter.

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