Wer sind hier eigentlich die Taliban?

Bildersturm

Die üblichen Verdächtigen beschweren sich immer, wenn die Realität plötzlich in einem Computerspiel oder in einer 3D-Welt auftaucht. Das ist doch total lächerlich. Natürlich ist im weitesten Sinn wieder der Protestantismus schuld. Ich sage nur: Bildersturm. Wer an primitive Magie glaubt, sagen der gebildete Völkerkundler und die gebildete Ethnologin, spricht Bildern, also symbolischen Repräsentanzen der Realität, eine Wirkung zu, die diese gar nicht besitzen, sondern denen eben diese „Wirkmächtigkeit“ a priori in kollektivem Konsens zugesprochen wurde.

Zu schwierig? Unsere modernen Bilderstürmer sind ohnehin zu dämlich für rationale Argumentationen. Guckst du hier: „In einem Fax an den Leitenden Oberstaatsanwalt, Dr. Andreas Behm, schreibt Knabe: ‚Ich bitte Sie hiermit zu prüfen, ob durch das Computerspiel der Tatbestand des § 131 StGB erfüllt ist.‘ In dem Paragrafen geht es um Schriften und Werke, die grausame oder unmenschliche Gewalttätigkeiten verharmlosen oder in Menschenwürde verletzender Weise darstellen. ‚Wenn sich dieser Verdacht bestätigt, dann muss das Spiel verboten und der Entwickler bestraft werden‘, so Knabe.“

Nein, nicht verbieten, Knabe, sondern verbrennen muss man Computerspiele. By the way: Die spinnen, die Gedenkstättenleiter. Er sollte sich doch mit dem Papst zusammentun, der einschlägig faselte: „Der deutsche Papst äußerte sich gestern anlässlich des Welttages der sozialen Kommunikation ablehnend gegenüber Spielen, in denen Gewalt zu sehen ist. Die Titel mit gewalttätigen oder pornographischen Inhalten seien pervers und abscheulich, so das Oberhaupt der Katholischen Kirche in seiner Rede. Jede Entwicklung zu Programmen und Produkten, die zu Unterhaltungszwecken Gewalt, unsoziales Verhalten und die menschliche Sexualität verherrlichen, sei falsch, besonders wenn damit Kinder und Jugendliche angesprochen werden sollen. Dabei bezog Papst Benedikt XVI. auch Trickfilmserien und Computerspiele mit ein.“

Second Life

War schon klar. Second Life und insbesondere Gor gehören sowieso auch verboten. Man erinnere sich: Die Taliban in Afghanistan zerstörten die Buddha-Statuen in Bamiyan. Auch ein Bildersturm. Computerspiele würden die „puritanical (!) Taliban Islamic militia“ auch verbrennen, damit sind sich die Taliban mit dem Aktionsbündnis Amoklauf Winnenden einig. Man verbrennt ohnehin viel zu wenig. Man sollte auch die in Deutschland zensierten Bücher dem reinigenden Feuer überantworten, am besten umrahmt von einem nächtlichen Fackelzug oder einer Lichterkette, was bekanntlich das Gleiche ist.

Ganz aktuell bei Heise: „Electronic Arts entfernt die Taliban aus dem Kriegsspiel ‚Medal of Honor'“. Bei Gamestar gibt es eine ausführliche Diskussion dazu. Dort schreibt jemand: „Das Schlimmste an der Sache ist diese bekloppte Doppelmoral. Das Militär hat keine Bedenken ihre Soldaten ins Ausland zu schicken (wo sie meiner Meinung nach eh nix zu suchen haben!) und deren Leben aufs Spiel zu setzen, gucken sich ohne Bedenken das 1000. Mal Soldat James Ryan an (oder einend er anderen 10.000 Filme zum Thema 2. WK, Irakkrieg, Vietnamkrieg), ja unterstützen solche Produktionen sogar noch, aber wenn’s dann ein Spiel gibt, in dem man dann den erklärten „Feind“ spielen kann… Oh weia, geht lieber in Deckung! In zwei Tagen kommt der Vergleich mit Kinderpornos.“

Das stimmt. Das Stichwort Kinderpornografie vermisse ich. Da haben die Jugendschutzwarte aber geschlafen!

Taliban