Jamel rockt den Förster für fünf Euro

Ich muss die gutmeinenden und lichterkettentragenden LeserInnen jetzt enttäuschen. Es kommt wieder etwas, das dem bräsigen Medien-Mainstream entgegensteht. Der Ostseeblick Nienhagen berichtet über einen Ort mit „zweifelhaftem Ruf“, der „in die Schlagzeilen geraten“ sei. Jamel. Es ist etwas hängengeblieben, was genau, wissen wir nicht. Deutsche Medien stehen bekanntlich mit dem Internet auf Kriegsfuß und setzen keine Links. Dem kann ich abhelfen.

In meinem Artikel Project Xanadu, reloaded hatte ich geschrieben:

„Kompliziert sind Themen, in denen die im Netz vorhandenen Quellen mehr verraten als die Personen, die genannt werden, vielleicht wollen. Interessante – und für das Niveau der Recherchen bezeichnende – Beispiele waren die Artikel über Neonazis im mecklenburgischen Ort Jamel. Die Schweriner Volkszeitung berichtete schon am 14.10.2003, die Frankfurter Rundschau am 06.11.2003, die taz am 17.10.2003 („Abgebrannte Häuser, aufgespießte Hühner, Wehrsportübungen“), die Jungle World am 05.11.2003, die Süddeutsche am 07.11.2003; Spiegel online holte das Thema am 16.08.2007 zum Teil wortgleich wieder hervor („Abgefackelte Häuser, aufgespießte Haustiere, vertriebene Neubürger“), ohne die vorherigen Artikel mit einem Wort zu erwähnen. Im zweiten Teil des Artikels wir der Musiker Horst Lohmeyer genannt, der mit seiner Familie in Jamel wohnt. Lohmeyer wirbt online für seinen Forsthof – der Link sollte in einem Artikel daher nicht fehlen. Man kann sich das Anwesen von oben per Google Maps ansehen. Der Spiegel-Autor hat vermutlich nicht danach gesucht, sonst hätte er schon während der Recherche mit dem Interview-Partner diskutieren müssen, wieviel an privaten Informationen der von sich preisgeben wollte. Im Vergleich aller online auffindbarer Artikel zum Thema wird auch die Praxis fragwürdig, Namen nicht zu nennen: Spiegel Online schreibt „Sven K., 30, Abrissunternehmer, polizeibekannter Neonazi.“ Dass der Mann Sven Krüger heißt, findet man mit wenigen Mausklicks.“

Eine der vielen Fragen zu der Berichterstattung über Jamel ist: Warum schreibt Spiegel Offline vier (!) Jahre, nachdem Jamel schon durchgehechelt wurde, noch einmal fast das Gleiche – natürlich ohne auch nur einen einzigen Link zu setzen?

Tut mir leid. Gut gemeint ist bei mir nicht automatisch gut. Hupen und Wäscheleine spannen gegen Rechts wirken nicht. Zentrale Frage wie gewohnt: Wo kommt die Kohle her und wo geht sie hin? Grundfinanzierung vom Fonds Soziokultur. („Auf die Auswertung und Dokumentation der Ergebnisse und Erfahrungen wird besonderer Wert gelegt.“ Schicken die die Liedtexte ein?) Und fünf Euro Eintritt. Dann kann ja nichts mehr schief gehen.