Queen Röschen Zensursula

Zensursula

Ja, das ist ein Plädoyer, die Monarchie in Deutschland wiedereinzuführen. Ich bin für Königin Zensursula, auch bekannt als Familienministerin Ursula von der Leyen.

Nein, ganz im Ernst. Natürlich habe ich den Telepolis-Artikel gelesen: „Politisches Leyen-Spiel“. Von der Leyen sei die „denkbar schlechteste Alternative“, und es wird alles aufgezählt, was sie alles gar nicht kann („war nie eine Powerfrau“) und warum sie Karriere gemacht hat („dank der Netzwerke ihres Vaters“). „Ursula von der Leyen, die sich stets als opportunistische Karrieristin hervorgetan hat, ist kein geistiger Leuchtturm für die Republik, sondern bestenfalls ein Teelicht.“ Stimmt alles, auch dass allein schon ihrer Kandidatur „die ultimative Bankrotterklärung der politischen Klasse“ wäre. Geschenkt.

Ich habe mich in einer Mailingliste der Piratenpartei bei einigen Leuten recht unbeliebt gemacht, weil ich eine Bundespräsidentin Zensursula für einen Glücksfall hielte: Sie würde immer wieder klar formulieren, was auf der Agenda der Internet-Ausdrucker, Jugendschutzwarte, Content-Mafia und der Verfechter des Überwachungsstaates steht, und sie würde das wie gewohnt so dummdreist tun, dass die Wähler, deren Intelligenzquotient die durchschnittliche Sommertemperatur geringfügig übersteigt, in Scharen zu den Piraten überlaufen würden.

Man muss Politik so sehen wie Jon Gnarr und die „Beste Partei„: Politik ist nur absurdes Theater, in Deutschland orchestriert von unkritischen Medien wie der lobhudelnden FAZ, der kein kritisches Wort zur Karriere von der Leyens einfällt. Wer gegen von der Leyen ist, nimmt das Theater viel zu ernst. Alice Schwarzer hatte doch Recht: Geschlecht ist ein politisches Programm, und das Geschlecht ist auch Zensursulas Programmpunkt: „Zudem würde sich die SPD dem Vorwurf aussetzen, die Wahl der ersten Frau in das höchste deutsche Amt zu hintertreiben.“ Har har. Na und?

Ich wundere mich, dass sogar der Kollege Jens Berger in Telepolis die ultrareaktionäre Weltanschauung der deutschen Supermutter kaum erwähnt. „Konservativ“ ist nicht genug. Von der Leyen ist viel schlimmer – sie unterstützt sogar die Evangelikalen („die Bibel hat immer recht“) wie den „Jugend-Kongress“ Christival. „Träger des Christival ist der gemeinnützige Verein Christival e.V., der zur evangelikal ausgerichteten Deutschen Evangelischen Allianz gehört.“ Die Evangelikalen verhalten sich ideologisch zum Protestantismus wie Opus Dei zum Katholizismus. Die „Allianz“ ist „der organisierte reaktionäre Flügel des evangelischen Konservatismus.“

Und so jemand soll alle Deutschen parteiübergreifend vertreten? „Schließlich haben zahlreiche SPD-Politiker in der Vergangenheit behauptet, von der Leyen betreibe eine in Wahrheit sozialdemokratische Politik.“ Ach ja. Danke für den Hinweis, FAZ. Ich sehe das auch so.

Warum also Monarchie? Die Monarchie würde heute nicht mehr den Geburtsadel und die ostelbischen Junker vertreten wie noch im Kaiserreich. Die Monarchie suggeriert, dass Herrschaft etwas Angeborenes ist, etwas „Natürliches“ im Sinne des Wortes. Ein König in der europäischen Tradition ist kein Indianer-Häuptling, der abgesetzt wird, wenn er auf Dauer nur Unfug macht, sondern bleibt Herrscher, auch wenn er ein Idiot oder sonstwie geistig verwirrt ist. Dafür sorgt schon die Kirche, die zur Monarchie gehört wie der Eiter zur entzündeten Wunde.

Der junge Karl Marx hat das in „Kritik des Hegelschen Staatsrechts unnachahmlich hegelisch verschwurbelt, aber völlig korrekt formuliert: „Wenn die Geburt, im Unterschied von den andern Bestimmungen, dem Menschen unmittelbar eine Stellung gibt so macht ihn sein Körper zu diesem bestimmten sozialen Funktionär. Sein Körper ist sein soziales Recht. In diesem System erscheint die körperliche Würde des Menschen oder die Würde des menschlichen Körpers (…) so, daß bestimmte, und zwar die höchsten sozialen Würden die Würden bestimmter durch die Geburt prädestinierter Körper sind. Es ist daher bei dem Adel natürlich der Stolz auf das Blut, die Abstammung, kurz die Lebensgeschichte ihres Körpers; es ist natürlich diese zoologische Anschauungsweise, die in der Heraldik die ihr entsprechende Wissenschaft besitzt. Das Geheimnis des Adels ist die Zoologie.“

Die Zoologie ist ja auch das Geheimnis der Karriere von der Leyens. Zudem findet Politik ohnehin nur noch symbolisch statt. Die PolitikerInnen dilettieren als „Verein der Versager“ herum, wie Spiegel Offline trefflich schrieb, sie haben keine Ahnung außer davon, wie man politische Gegner bekämpft, sie lassen sich für die Interessen des Großkapitals – hier des französischen – instrumentalisieren. „Politik“ findet als populistische Show statt, als Gruppenbild mit sehr wenigen Damen mit den sattsamen bekannten Arschgesichtern in der Glotze bei Maybrit und auch anderswo.

Das muss jetzt endlich konsequent durchgezogen und auf das Niveau von Gala, chrismon und Glanz & Gloria heruntergezerrt werden. Das Volk will höhere und niedere Wesen verehren, es will nicht denken, sondern unterhalten werden, und es will Blut und …äh… Brot und Spiele. Politik als Stierkampf im Colosseum – das fehlt Deutschland.

Ursula von der Leyen als erste deutsche Königin nach der Abdankung Kaiser Willems – aus der Dynastie „Albrecht und die Seidenbarone“ – das hat was. Eine deutsche Königin sollte nicht allzu intelligent daherreden (also nicht so wie die jordanische Königin), eine Opportunistin sein, damit die Deutschen sich auch mit ihr identifizieren können, und natürlich muss sie erzreaktionäre Ansichten vertreten wie deutsche Könige schon immer. Deswegen wurden sie ja von der Kirche unterstützt und vom Volk geliebt (nur die dummen linksextremistischen Arbeiter- und Soldatenräte nach dem ersten Weltkrieg machten eine Ausnahme). Nicht zu vergessen: eine deutsche Königin der Herzen muss höhere Wesen verehren und Kinder schon im zarten Schulalter mit Aberglauben und frommen Märchen belästigen und indoktrinieren wollen.

Kurz: Von der Leyen als Bundespräsidentin oder Königin passt zu Deutschland wie der Arsch auf Eimer. Ich bin dafür.

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Kommentare

11 Kommentare zu “Queen Röschen Zensursula”

  1. ebook leser am Juni 2nd, 2010 9:58 pm

    Nach dem Rücktritt von Horst Köhler, vom höchsten Amt in der Bundesrepublik Deutschland soll es nun die Ursula von der Leyen machen. Bis auf ihre Zensurmanie scheint sie mir eine recht patente Frau zu sein. Nun wir werden sehen, wie sie sich im Amt macht. Bei ihr scheint aber nicht die Gefahr bestehen, dass sie wie der Köhler Fahnenflucht begeht.

  2. baerchenbrueck am Juni 2nd, 2010 11:36 pm

    Na, wenn Du dafür bist musst Du auch den Ratzinger als optimale Puffmutter benennen, oder ?
    Ich erinnere noch, wie einer der Seidenbaron-Kaste nach dem Mauerfall meinte „nun hammwe schon mal Mitteldeutschland zurück“

    Solche bigotten Zyniker dann auch noch dulden in solch einer Rolle ?

  3. admin am Juni 3rd, 2010 1:53 am

    Brüderle wäre auch nicht schlecht. So einen schlauen wie Papier schlägt ohnehin keiner vor.

  4. epicykel am Juni 3rd, 2010 2:58 am

    Von wegen „lobhudelnde FAZ, der kein kritisches Wort zur Karriere von der Leyens einfällt“:
    http://tinyurl.com/2av4ja
    http://tinyurl.com/yz4rk9p

  5. Name am Juni 3rd, 2010 5:46 am

    Die wird glatt durchbefördert.

  6. admin am Juni 3rd, 2010 8:37 am

    @epicykel: du hast Recht, vor allem mit dem 2. Link. Aber meine Behauptung bezog sich nur auf den verlinkten Artikel.

  7. Der Ketzer am Juni 3rd, 2010 12:11 pm

    Am Ende ist es (für mich – ich lebe im Kapitalismus) eine finanzielle Frage.

    Als Bundesministerin mit Bundestagsmandat und allem Pi-pa-po hat sie momentan min. 200k €/a

    Als Bundespräsidentin ebenso (lebenslang)

    In jeder unionsbeteiligten Regierung wäre vdL mit dabei (als Ministerin) und über die Liste auch als MdB.

    Eine andere Regierungskonstellation kann ich mir momentan (SPD gegen Linke) nicht vorstellen.

    Müsste mal jemand ausrechnen, was sie das „deutsche Volk“ als Bundespräsidentin kosten würde (abzüglich dem, was sie als BM+MdB über x-Jahre bekommen würde).

    Dann müsste man entscheiden, ob das ein angemessener Preis dafür ist, dass UvdL aus dem „operativen Geschäft“ der Regierung raus wäre.

    Denn „operativ“ hat sie nachweislich auf ganzer Linie versagt. (Jugendschutzgesetz, Internetsperren, …)

    Für ihre Gegner wäre das eine „Entsörgung nach Bellevue“

    Der Ketzer

  8. Der mit der Mütze denkt am Juni 3rd, 2010 12:20 pm

    Danke „Burk’s“ für diesen Artikel.
    Ich weiß nun endlich, was ich bei Dir hätte lernen können, formell online-journalistisch im August-Oktober-Kurs 2009 – echte verlinkte Lyrik, die direkt ins Lymbische System katapultiert wird und dort ganz langsam Wünsche zur Subversion weckt.

    Gleichzeitig Lachen und Weinen – wer kann das heut schon noch. Danke, jetzt geht’s wieder.

    Dein Schüler aus der letzten Reihe.

  9. Dominic am Juni 3rd, 2010 8:06 pm

    „Von der Leyen ist viel schlimmer – sie unterstützt sogar die Evangelikalen (”die Bibel hat immer recht”) wie den “Jugend-Kongress” Christival. “Träger des Christival ist der gemeinnützige Verein Christival e.V., der zur evangelikal ausgerichteten Deutschen Evangelischen Allianz gehört.” Die Evangelikalen verhalten sich ideologisch zum Protestantismus wie Opus Dei zum Katholizismus.“

    Boah… *brech*

    Also mal etwas anderes dazu, frei von der Leber weg sozusagen. Für jemand, der in der ach so rückständigen DDR aufgewachsen ist, fühlt sich sowas schon sehr merkwürdig an. Als hätte man damals eins mit der Keule über den Schädel bekommen und wäre dann in einem quietschbunten Mittelalter wieder aufgewacht. Völlig abstrus, was heutzutage noch/wieder nicht nur als „salonfähig“ gelten muss, sondern tatsächlich über Macht und Einfluss im Staat verfügt. Hey… DAS HATTEN WIR DOCH ALLES SCHON LÄNGST ÜBERWUNDEN!1!!

    SCNR, musste mal raus ;-)
    Dominic

  10. Seitenhiebe » Blog Archive » Wer wird Bundespräsident?: Der Kandidat der Koalition heißt Wulff – Bundespräsidentenwahl – Politik – FAZ.NET am Juni 3rd, 2010 11:56 pm

    […] Man hat also von von der Leyen Abstand genommen. Warum? Nun, klar: Es lag wohl an internen Streitigkeiten. In Wirklichkeit hat in meinen Augen der massive Widerstand vor allem aus der Netzgemeinde diese Bundespräsidentin verhindert. Eine gute Nachricht? Ich meine, ja. Auch wenn Burks dagegen war. […]

  11. Royalist am Juni 4th, 2010 2:08 am

    Gratulation! Ursula von der Leyen wird nicht Bundespräsidentin. Aber das haben keine Internetpetitionen verhindert, sondern zwei konservative Männer:

    Die CDU-Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg und Hessen, Stefan Mappus und Roland Koch, hatten bei Kanzlerin Angela Merkel Widerspruch gegen die Nominierung von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) für das Amt des Bundespräsidenten eingelegt. Das berichtet die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Freitag-Ausgabe) unter Berufung auf führende Kreise in CDU und CSU. Mappus und Koch hätten Merkel
    signalisiert, daß sie zwei protestantische Frauen an der Spitze des Staates nicht akzeptieren würden.

    Aber diese Aussage kann ich unterschreiben:
    Warum also Monarchie? Die Monarchie würde heute nicht mehr den Geburtsadel und die ostelbischen Junker vertreten wie noch im Kaiserreich.

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