700.000 Euro für eine Ente

Die wohlwollenden Leserinnen und Leser ahnen bestimmt schon, was heute unser Thema sein wird. Der Tagessspiegel meldet: „Als wichtiges Instrument im Kampf gegen den internationalen Terrorismus wurde sie gepriesen, doch bisher hat das Bundeskriminalamt (BKA) keine einzige Online-Durchsuchung durchgeführt.“ Heise dazu: „BKA nahm bislang keine Online-Durchsuchung vor“.

Schon klar. Wie ich schon in meinem Buch behauptete: Es hat noch keine gegeben (und wird es auch nicht geben). Wie sollte das auch funktionieren….

„Demnach investierte das BKA bislang knapp 700.000 Euro in Online-Durchsuchungen. Davon entfallen rund 581.000 Euro auf Personalkosten“. Und auf was entfiel die restlichen 119.000 Euro? Auf den Kauf von neuen Computern vermutlich. Die Ente kann man wahrhaftig in reinem Gold aufwiegen.

Nur zur Erinnerung:
– Sueddeutsche.de (07.12.2006): „‚Es gab bereits Einzelfälle in Strafverfahren, bei denen richterlich angeordnet solche Durchsuchungen stattgefunden haben‘, sagt Dietmar Müller, Pressesprecher des BKA in Wiesbaden. Das Verfahren sei relativ neu und erfolge ausschließlich in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft und mit richterlichem Beschluss. Aus ‚ermittlungstechnischen Gründen‘ könne Müller nicht sagen, wie die digitale Spionage technisch funktioniert.“
– Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jan Korte, Petra Pau, Kersten Naumann und der Fraktion Die Linke (22.12.2006, Drucksache 16/3787):
„Seit wann wenden deutsche Sicherheitsbehörden das Instrumentarium des ‚heimlichen Abziehens von Daten auf fremden Computern mittels spezieller Software‘ (Online-Durchsuchung) an?“ – „Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über in Ermittlungsverfahren durchgeführte Online-Durchsuchungen vor.“
– Heise Newsticker (25.04.2007): Bundesregierung gibt zu: Online-Durchsuchungen laufen schon.
„Zur Anzahl der bisher durchgeführten verdeckten Netzermittlungen gab die Bundesregierung keine Auskunft. Dem Vernehmen nach gibt es aber noch Probleme bei der praktischen Durchführung der Online-Durchsuchungen. So soll von Regierungsseite beklagt worden sein, dass so viele Daten gesammelt worden seien, dass man ihrer nicht Herr habe werden können.“
– Tagesschau.de (27.04.2007): „Seit 2005 haben deutsche Geheimdienste nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp ein Dutzend Privatcomputer heimlich via Internet durchsucht.“
– Tagesschau.de (28.04.2007, Wolfgang Wieland im Interview): „Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt…“
– Spiegel Online (09.07.2007, Wolfgang Schäuble im Interview): SPIEGEL: „…wie etwa die heimlichen Online-Durchsuchungen zeigen. Die haben die Sicherheitsbehörden ohne gesetzliche Grundlage jahrelang angewandt. Schäuble: Moment. Es gab einen Anwendungsfall im Inland.“
– Focus Online (05.01.2008): „Reda Seyam klickte laut FOCUS die getarnte E-mail der Verfassungsschützer an und aktivierte so die erste und bislang einzige Online-Durchsuchung in Deutschland.“
– Bundesverfassungsgericht (27.02.2008): „Vereinzelt wurden derartige Maßnahmen durch Bundesbehörden bereits ohne besondere gesetzliche Ermächtigung durchgeführt. Über die Art der praktischen Durchführung der bisherigen ‚Online-Durchsuchungen‘ und deren Erfolge ist wenig bekannt. Die von dem Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angehörten Präsidenten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz haben mangels einer entsprechenden Aussagegenehmigung keine Ausführungen dazu gemacht.“
– Spiegel Online (01.03.2008): „Die beiden bekannten Fälle von Online-Durchsuchungen wurden gegen den Berliner Islamisten Reda S., der gute internationale Kontakte in die Dschiahd-Szene [sic] unterhält, und einen Iraner geführt, der der Proliferation verdächtigt wurde.“

Noch Fragen zum einflussreichsten Medien-Hoax des Jahrzehnts?