Hysterie, Cyberporn, Deutsch des Grauens und die Psychologie der Massen

Ich hatte mich vor einiger Zeit hier schon zum Krankheitsbild Hysterie geäußert. Wer mir nicht glaubt, sollte schnell Elias Canettis „Masse und Macht“ lesen. Und am besten noch Max Weber: „Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“.

Haben wir das? Gut. Damit haben wir die Prohibition, den „Krieg gegen die Drogen“ und den öffentlichen antikommunistischen Exorzismus der McCarthy-Ära erklärt. Sehr kühn wäre jetzt die These, das Exorzismus heute „Massenhysterie“ heißt – und in ihrer allerschwächsten Form das Lichterketten-Tragen gegen das jeweils Böse.

Auf netzpolitik.org wurde ich auf das folgende Zitat aus Spiegel Offline hingewiesen: „‚Total überrascht‘ über die Diskussion um Sicherheitslücken und angeblich nicht mehr aufklärbare Straftaten ist der Chef des Max-Planck-Institus für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, Hans-Jörg Albrecht. Er hält sie für ‚leicht hysterisch, politischen Interessen geschuldet und überhaupt nicht nachvollziehbar‘. Die aktuelle ‚Panikstimmung‘ sei ‚durch keinerlei Hinweis aus Forschung und Praxis belegt‘, sagt er.“

Ja, natürlich hat er recht. Das gilt übrigens auch für die 15-jährige Diskussion über Kinderpornografie im Internet und die real gar nicht existierende Online-Durchsuchung. Übereinstimmungen des Diskurses mit der Realität sind nicht beabsichtigt – es geht jeweils um das moraltheologische Wünschen und Wollen, um pseudo-lehrreiche mediale Fabeln, das Gute zu tun und das Böse zu lassen, genauer: Um die armen Sünder so zu erschrecken, welche Strafen ihnen drohten, dass die hinfort nicht mehr den Pfad der Tugend verlassen.

Aber in einem Punkt irrt der Professor, aber vermutlich weiß er es als kluger Mann: Seine Argumente werden ungehört verhallen. Gegen medial unterstützten Massenwahn ist kein Kraut gewachsen. Spiegel Offline wird morgen schon wieder den üblichen Quark breittreten und unkorrigiert das Internet umweltverschmutzen.

By the way: Welch garstiger Satzbau! Das vermeintlich Wichtigste („total überrascht“) wird nach vorn gezerrt, obwohl sich sogar der leicht bestechliche gesunde Menschenverstand sträuben müsste. Wer redet so? Total genervt ist Burks von diesem Deutsch des Grauens. Wann zum Teufel kommt dann endlich das Subjekt? Der arme Professor wurde von einem Spiegel-Offline-Schreiber noch hinter seinem ellenlangen Titel versteckt – eine Schande. In lesbarem Deutsch hieße es:

„Professor Hans-Jörg Albrecht ist total überrascht: Die aktuelle Panikstimmung sei durch keinerlei Hinweis aus Forschung und Praxis belegt. Er hält die Diskussion um Sicherheitslücken und angeblich nicht mehr aufklärbare Straftaten für ‚leicht hysterisch, politischen Interessen geschuldet und überhaupt nicht nachvollziehbar“. Albrecht ist Chef des Max-Planck-Institus für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg.“

Wer tut was? Hans-Jörg Albrecht ist überrascht. Worüber? Über die Panik. Warum? Die ist unbegründet, weil bla bla. Was ist das für ein Kerl? Ein Professor mit einem Haufen Titeln, der offenbar Ahnung hat. Das nennt man Logik der Sprache oder einen ordentlichen Satzbau, den auch Hänsel und Gretel verstehen.




Summa Summarum: Politische Landschaftspflege in gelb

Spiegel Offline schreibt gewohnt linkfrei: „Westerwelles enge Verbindungen zu Unternehmern prägt auch die Auslandsreisen des Vizekanzlers. Zu Delegationen des Außenministers gehörten Manager, die zuvor an die FDP gespendet hatten. So ist bei seiner für diese Woche geplanten Südamerika-Reise Ralph Dommermuth dabei. 2005 überwies der Gründer von United Internet [u.a. 1&1, sedo, web.de, gmx, B.S.] 48.000 Euro an die FDP.

Bei Westerwelles Antrittsbesuchen in Estland, Japan und China im Januar war Cornelius Boersch Teil der Delegation. Der deutsche Unternehmer ist Gründer der Schweizer Beratungs- und Beteiligungsfirma Mountain Partners Group. Er hat der FDP bislang über 160.000 Euro gespendet. Bis kurz nach der Wahl war Westerwelle im Beirat eines Tochterunternehmens und kassierte dafür jährlich mindestens 7000 Euro. Zu den Gästen gehörte außerdem Miele-Chef Reinhard Zinkann. Miele ist Co-Sponsor des von Mronz vermarkteten Aachener Reitturniers.“

Daraus kann man Online-Journalismus machen, Spiegel offline! Wir helfen gern und reichen die notwendigen Links nach (vgl. oben). Welches Tochterunternehmen? Dürfen wir das nicht wissen? Also müssen wir schnell recherchieren (ich schaue auf die Uhr; 16.16 Uhr). Zuerst Google: westerwelle beirat -spiegel (um die aktuelle Berichterstattung auszuschließen. Treffer 1: Guido Westerwelle (Beirat DVAG).

Das wird zu kompliziert, also bei Westerwelle nachschlagen: „Entgeltliche Tätigkeiten neben dem Mandat“. Welche Tochterunternehmen hat die Mountain Partners Group, die bei Westerwelle auftauchen? „Derzeit setzt sich der Investorenkreis aus privaten und institutionellen Investoren von den Vereinigten Staaten über Europa bis in den arabischen Raum zusammen.“ Heuschrecken. Und recht vage formuliert. Da passte Guido ja hin. Diese Frau müsste es wissen, aber heute ist Sonntag und mit E-Mails kommen die Heuschrecken nicht so richtig klar. „Diese E-Mail-Adresse ist gegen Spambots geschützt! JavaScript muss aktiviert werden“…blablabla. Internetausdruckende Heuschrecken eben.

Hm. Ich tippe auf Tellsell Consulting: „Dr. Guido Westerwelle- Beirat bei TellSell Consulting bis zum 1. Oktober 2009“. („Bis kurz nach der Wahl war Westerwelle im Beirat eines Tochterunternehmens.“) Ist das ein Tochterunternehmen der Mountain Partners Group? Bingo.

16.33 Uhr – das hat fast eine Viertelstunde gedauert. So viel Recherche kann man einem fest angestellten deutschen „Online“-Journalisten natürlich nicht zumuten. Auch der stern berichtet, widerholt aber nur, was die anderen Medien und Wikinews publiziert haben (wer von wem hier abgeschrieben hat, ist egel – es gibt keine erkennbar schöpferische Eigenhöhe bei der Recherche) und verzichtet auch darauf, den Leser per Links aufzuklären.

Westerwelle hat übrigens auf seiner Westerwelle immer noch seine Funktion als Beitrat der Tellsell Consulting stehen, obwohl er das gar nicht mehr ist. Internet-Ausdrucker – aber ich wiederhole mich.

Korruption ist laut Wikipedia auch „der Missbrauch einer Vertrauensstellung in einer Funktion in Verwaltung, Justiz, Wirtschaft, Politik oder auch nichtwirtschaftlichen Vereinigungen oder Organisationen, zum Beispiel auch Stiftungen, um einen materiellen oder immateriellen Vorteil zu erlangen, auf den kein rechtlich begründeter Anspruch besteht. Korruption bezeichnet Bestechung und Bestechlichkeit, Vorteilsannahme und Vorteilsgewährung.“ Die oben genannten Unternehmen spenden der FDP und die wiederum gewährt den Vorteil, dass die Unternehmer zusammen mit dem Außenminister in die weite Welt reisen dürfen.




Kritische Fragen und Fakten zur Vorratsdatenspeichung und mehr

Malte Spitz (Die Grünen) hat die Lügen einiger Politiker zu den Folgen des BVG-Urteils hübsch auseinandergenommen (Mirror bei netzpolitik.org). Lesenswert!

Treffend auch ein Kommentar (typos corrected) bei netzpolitik.org: „Schämt sich eigentlich unser ‚Qualitätsjournalismus‘ nicht, dass sie selbst solch eindeutige und mit 5 Minuten Recherche zu widerlegende Aussagen ohne Gegenwort, ohne Hinweis für den Leser, weiterverbreiten?“ Nein, sie schämen sich nicht, weil sie es nicht gewohnt sind, den Mainstream zu kritisieren. Das gesunde Volksempfinden ist leider häufig identisch mit dem Medienempfinden.

By the way: holländische und englische Journalisten haben es vorgemacht, wie es sein könnte…




Warum lernt die Bundeswehr persisch?




Kinderschänder-Organisation mahnt Blogger ab

Nerdcore fasst ein paar Links zusammen: „Katholische Kirche mahnt Blogger ab, der über Missbrauch berichtet“. Dazu Telepolis: „Vom Kinder- zum Abmahnmissbrauch?“ und: „Mehr Abmahnmissbrauch im Bistum Regensburg?“

Sehr hübsch der Kommentar: „LOL – die Kirche geht gegen unbewiesene Behauptungen vor. Und verbreitet täglich millionenfach unbewiesenen Unfug. Treppenwitz!“ Nein, kein Treppenwitz, sondern traurige Wahrheit, weil der millionenfach unbewiesenen Unfug sogar in der Schule gelehrt wird.

Ceterum censeo (nein, nicht ich, sondern mein Hausphilosoph: „Unsere Welt wird noch so fein werden, dass es so lächerlich sein wird einen Gott zu glauben als heutzutage Gespenster.“ Nein, in Deutschland müssen wir darauf noch weitere hundert Jahre warten.




Das Gedächnis des Finanzministers [Update]

Hans-Jürgen Papier auf sueddeutsche.de: „Nach deutschem Verfassungsrecht ist eine vorsorgliche, anlasslose und flächendeckende Sammlung personenbezogener Daten unverdächtiger Bürger durch den Staat im Prinzip unzulässig. Sie kann nur erlaubt sein in Verbindung mit einer präzisen Zweckbestimmung. Ich finde, das ist eine wichtige Aussage: Schon die Vorratsdatenspeicherung als solche ist verfassungswidrig, weil angesichts der Schwere des Eingriffs in das Fernmeldegeheimnis die Regeln über die Verwendung der Daten zu undifferenziert und zu weit waren. (…) Wer dem Gericht diese Entscheidungsmacht über die Abgrenzung von politischen Spielräumen und gerichtlicher Kontrolle entziehen will, beginnt die Verfassungsgerichtsbarkeit der Sache nach in Frage zu stellen.“

[Dazu Heise: „Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble meint, das Bundesverfassungsgericht greife zu sehr in die Gesetzgebung ein. Als Beispiel nennt er laut einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) die einstweilige Anordnung des Gerichts zur Vorratsdatenspeicherung.“ (11.03.2009) sowie Kai Biermann in Zeit Online: „Unsinn gebiert Unsinn“.]

Kauder ist – wie gewohnt – noch schlimmer. In Focus Offline sagt er: Die Verfassungsrichter erschwerten die Arbeit des Parlaments, denn in ihren Urteilen wie zur Vorratsdatenspeicherung fänden sich ‚zu konkrete Vorgaben‘, (…) Kauder wünscht sich auch mehr Rücksicht von Seiten des Gerichts. Fragen, die das Parlament betreffen, würden bisher meistens in den Bundestags-Sitzungswochen mündlich verhandelt, beklagte Kauder.“

Da kommen einem wirklich die Tränen…Wie wäre es, einfach mal Gesetze zu machen, die das Bundesverfassungsgericht nicht für ungültig erklären muss?




Causa Tauss

Sehr interessantes Posting auf Blog Fürst zur causa Tauss. Mehr braucht man zum Fall nicht sagen. Der auf vier Verhandlungstage angesetzte Prozess gegen Tauss beginnt am 18. Mai.

Ich teile übrigens diese Meinung: „Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hat nun großspurig angekündigt, gegen Tauss Anklage erheben zu wollen. Viele fragen sich wieso die Staatsanwaltschaft soviel PR um die Causa Tauss betreibt. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Staatsanwälte wissen, dass eine Verurteilung unwahrscheinlich ist und versuchen deshalb wenigstens mit öffentlichen Verlautbarungen den sozialen Status von Jörg Tauss zu vernichten. Allein der Gedanke daran ist schon viel widerlicher als die Vorwürfe die gegen Tauss erhoben werden.“




Why did the chicken cross the road?

Kindergarden teacher: „To get to the other side.“
Plato: „For the greater good.“
Aristotle: „It is the nature of chickens to cross roads.“
Martin Luther King: „I envision a world where all chickens will be free to cross roads without having their motives called into question.“
Isaac Newton: „Chickens at rest tend to stay at rest, chickens in motion tend to cross roads.“
Albert Einstein: „Whether the chicken crossed the road or the road moved beneath the chicken depends on your frame of reference.“
Captain James T. Kirk: „To boldly go where no chicken has gone before.“
Werner Heisenberg: „We are not sure which side of the road the chicken was on, but it was moving very fast.“
Wolfgang Pauli: „There already was a chicken on this side of the road.“

Einfach, aber ganz nett…. Physikerwitze eben.




Hinzugedachte Leitplanken im Nebel

Pressemitteilung: „Die Piratenpartei Deutschland kritisiert die heute vom Deutschen Bundestag eingesetzte Internet-Enquetekommission als ‚Alibi-Veranstaltung‘. Deutschland hat keinen Bedarf an weiteren Schwatzrunden zum Thema Internet, sondern netzpolitischen Handlungsbedarf.

„Wie überflüssig diese Kommission ist, zeigt sich auch am Schicksal des Vorgängers aus den Jahren 1995 – 98. Wesentliche Papiere und Empfehlungen dieser Kommission, zum Beispiel zu Datenschutz und IT-Sicherheit, sind im federführenden Innenausschuss auch 12 Jahre danach noch nicht behandelt worden.

Scharfe Kritik üben die Piraten auch an der personellen Zusammensetzung der Kommission: Ihr Vorsitzender ist ein CDU-Mann ohne Internetaffinität. Als Provokation wird außerdem die Berufung des SPD-Mitglieds Martin Dörmann empfunden, der für die Durchsetzung des als „Zensursula“ bekanntgewordenen Zugangserschwerungsgesetzes verantwortlich war. Damit hat die SPD das in sie gesetzte Restvertrauen verspielt.“

By the way 1: Leitplanken, die der Bundestag im Internet aufstellen will – dazu lese man einfach nur das Heise-Forum. Ich habe Tränen gelacht. Meine Favorit: „Leitplanken gibt’s doch schon. Bei IP-Nummern ist links von der Null und rechts von der Zweihunderfünfundfünfzig Schluß.“

By the way 2: the best without Leitplanken-Video ever… wenn man fahren kann, braucht man keine Leitplanken. Aber das können Internet-Ausdrucker eben nicht.




Politische Landschaftspflege bei den saarländer Grünen

Spiegel Offline: „Der Unternehmer Hartmut Ostermann zeigte sich den Grünen gegenüber sehr großzügig. Insgesamt 57.000 Euro flossen 2008 und 2009 von der Victor’s Unternehmensgruppe an die Partei, wie diese selbst bekanntgab. Vorsitzender des Aufsichtsrats von Victor’s ist der Saarbrücker FDP-Kreisvorsitzende Hartmut Ostermann (Link: 02.09.2002). Er nahm für die Liberalen an den Verhandlungen zur Jamaika-Koalition teil.“




German Privacy Foundation | Wikipedia

Die German Privacy Foundation hat jetzt auch eine Eintrag bei Wikipedia.




Die gar nicht so rätselhafte Anziehungskraft des Islamismus

Via Udo Vetter (lawblog): die Urteilsbegründung im sogenannten Sauerland-Verfahren. Das ist Pflichtlektüre für Zeitgenossen, die ihren Kopf noch selbst zum Denken gebrauchen. Die Formulierungen des Richters belegen sehr schön, dass es sich beim so genannten Kampf gegen Terrorismus um Moraltheologie handelt, um einen Vorwand also, um konservative Werte als eine anthropologische Konstante zu verkaufen:

„Aber ganz offenbar hat der gewaltbereite Islamismus zunehmend auch auf junge Menschen in unserer Gesellschaft eine verheerende Anziehungskraft, zumal auf solche junge Menschen, die in ihrem engsten Umfeld, ihren Familien – aus welchen Gründen auch immer – nicht die erforderliche Aufmerksamkeit erfahren, nicht die Antworten auf die essentiellen Lebensfragen finden, nach denen sie suchen, und die sich daher orientierungslos von den lauten und schrillen Angeboten der ideologischen Verirrungen unserer Zeit unkritisch begeistern lassen.“

Orientierungslos – das ist eine Worthülse, die wir auch im Zusammenhang mit dem Gewalt-, Rechtsextremismus- und Drogendiskurs hören. Die Jugend wird immer orientierungsloser – das kennen wird seit dem Neolithikum.

„Der Arbeit der Ermittlungsbehörden, des Bundeskriminalamts und der beteiligten Landeskriminalämter, aber auch der beteiligten Dienste, muss in ganz besonderer Weise Respekt gezollt werden.“

Dazu lesen wir ausnahmsweise Focus Offline: „Bei der Festnahme der mutmaßlichen Terroristen der Sauerland-Gruppe im Herbst 2007 hat es massive Kommunikationspannen unter den Einsatzkräften gegeben. Beinahe wäre der Anführer der Gruppe entkommen.“ Oder die WAZ: „Bei der Festnahme der ‚Sauerland-Gruppe‘ hat die Polizei eine Pannenserie erlebt.“

Respekt, Respekt: „Dies alles war nur möglich aufgrund der personell wie materiell überaus aufwändigen Ermittlungsarbeit der beteiligten Ermittlungsbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes, aufgrund des überobligationsmäßigen persönlichen Einsatzes und Fleißes vieler Polizeibeamter sowie der überaus professionellen Arbeit vornehmlich der Ermittlungsgruppe“.

Und zum Schluss: „Ein Käfig voller Enten„: „Bei näherer Betrachtung zeigten sich einige Sonderbarkeiten. Die Verhafteten wussten von ihrer Überwachung, der Stoff, aus dem die Bomben gefertigt werden sollten, ist frei erhältlich, und der Drahtzieher, die „Islamische Dschihad Union“, ist lt. baden-württembergischem Verfassungsschutz eine Internet-Ente.“




Mont Saint-Michel 2.0

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Fickpulver und mehr

Ich muss kurz zwischendurch einen pädagogisch wertvollen Link empfehlen: „Wie die populärsten Drogen wirken“. Auszug:

„Kokain, auch Fickpuder genannt, gilt als die Gesellschaftsdroge Nr. 1. Sie suggeriert dem Konsumenten, ein extrem gutaussehender, höchst eloquenter Nobelpreisträger mit der sexuellen Anziehungskraft eines schwarzen Loches zu sein. Auf jemanden, der kein Kokain genommen hat, wirkt das eher wie ein exkommunizierter Trappistenmönch, der weiße Puderreste an den Nasenlöchern hat und sich um Kopf und Kragen quasselt.

Kokain steigert das Mitteilungsbedürfnis, lähmt aber in gleichem Maße die Selbstkritik, was dazu führt, dass man jeden chemischen Kurzschluss im Kleinhirn für bares Geld hält und meint, dass er umgehend einer breiteren Öffentlichkeit vermittelt werden muss. Kokaingenuss ist die Hauptursache für Rap-Lyrik, Performances und die Gesamtwerke von Rainer Werner Fassbinder und Hermann Göring. (…)

Haschisch ist keine Droge, sondern ein homöopathisches Mittel, das einer Dämonisierungskampagne zum Opfer gefallen ist. Unter Haschischeinfluss dehnt sich das Raum-Zeit-Kontinuum um 500 Prozent, d. h., man kann bei konsequentem Haschischkonsum 400 Jahre alt werden, mehr als bei jeder anderen Droge.“ [mehr…]




Wie lang sind 19 Terabyte?

Bei Heise lese ich: „Derzeit lagern einem Sprecher zufolge allein bei der Telekom noch 19 Terabyte Vorratsdaten, was ausgedruckt 4,85 Millionen DIN-A4-Seiten entspreche.“

Das ruft nach Mathematik. Eine Din A 4-Seite ist rund 29,5 Zentimeter lang. 29,5 Zentimeter sind 0,295 Meter. 4,8 Millionen multipliziert mit 0,295 – das sind 1416000 Meter, also rund 1400 Kilometer. Das ist die Entfernung Berlin-Paris.




Piratinnen reloaded – von Mann zu Mann

Piratinnen

Die jetzige Gender-Debatte in der Piratenpartei ist das Beste, was ihr passieren konnte. Man kann das auch „Piraten vs. Feminismus“ nennen. Wie bei allen Themen, die lange Zeit mit dem Argument verdrängt wurden, sie gäbe es gar nicht, kommt es jetzt gleich um so heftiger.

Frauen wie Lena Simon erleben jetzt das, was in anderen Parteien unter anderen Vorzeichen (ja, sogar in der CSU!) schon längst gelaufen ist, um die Diskussion möglichst schnell abzuwürgen. Die Männer schieben formale Gründe vor. (Lena habe bei ihrer Pressemeldung nicht den piratischen „Dienstweg“ eingehalten…) Oder die Männer schreiben den Frauen vor, was sie zu tun und zu lassen haben: „So <a href="sagte Parteichef Jens Seipenbusch auf dem Bundesparteitag in Hamburg, er finde es merkwürdig, ‚dass Frauen sich nicht für Bürgerrechte interessieren‘. Ein interessanter Satz, impliziert er doch, dass es ein Problem der Frauen ist, wenn bei den Piraten davon nicht genug mitmachen und keines der Piraten. Doch ist der ernst gemeint. Seipenbuschs Logik lautet: ‚Frauen sind in der Pflicht, sich demokratisch zu beteiligen. Wir bieten dafür eine Plattform.'“

Das hatten wir schon. Weiße Rassisten neigen auch dazu, den Farbigen vorschreiben zu wollen, wann diese sich diskriminiert fühlen dürfen und wann nicht. Und natürlich wollen auch einige Piratenmänner den Frauen vorschreiben, ob und wie diese sich zu organisieren und zu äußern haben. Dazu von mir ein uralter piratischer Tipp, den ich auch immer den kackbraunen Kameraden gegeben habe, von Mann zu Mann: Einfach mal die Fresse halten! Auch wenn das schwer fällt, weil Mann doch der Welt noch soooo viel mitzuteilen hätte!

Die Diskussion ist nicht neu, sondern wurde schon 2009 geführt, von Danilola zum Beispiel („diese nähe von antifeministischen maskulisten und der piratenpartei ist für mich ein weiterer grund zu dieser organisation in eine kritische distanz zu treten“), in Telepolis oder von Antje Schrupp: „Allerdings müssen wir feststellen, dass am Ende des Patriarchats ganz offenbar nicht das Paradies auf uns wartet, sondern dass es in vielerlei Hinsicht eher schlimmer als besser wird.“

Piratinnen

Es geht hier nicht um eine Frauenquote. So etwas haben die Piraten nicht nötig. Geschlecht ist kein politisches Programm, und Frauen in der Piratenpartei werden sowieso gewählt, wenn sie sich nicht allzu dämlich anstellen, und sei es aus schlechtem Gewissen, weil eine bloße Männergruppe einen doofen Eindruck im Wahlkampf machte und außerdem abschreckte. (Nicht vergessen: Dieses klammheimliche schlechte Gewissen gibt es nur, weil es die Suffragetten und die Ikonen der sexuellen Befreiung in den 60-er und 70-er Jahren gab – sonst lebten wir geschlechterpolitisch noch in der Adenauer-Ära.)

Eine Ironie der Geschichte ist auch, dass einige Frauen in der Piratenpartei jetzt, wenn es nach der Herrenwitz-Fraktion geht, ihr Geschlecht verleugnen sollen, genauso wie die historischen Vorbilder Mary Read und Anne Bonny: „Weil Frauen an Bord von Piratenschiffen nicht gern gesehen waren, kleidete sie sich als Mann.“ So weit möchten die maskulistischen Nerds und Geeks dann doch nicht gehen: Frauen live sind besser als nur in Form von jpg- oder mp3-Dateien.

Die Gender-Debatte zeigt, was auf die Piraten noch alles zukommen wird: Auch die Diskussion, in welcher historischen politischen Tradition die Partei steht, wurde bisher mit dem denkbar naivsten „Argument“ vom Tisch gewischt, das Links-Rechts-Schema spiele keine Rolle. Natürlich will man bisherige Nicht-Wähler damit ansprechen, glaubhaft ist es nicht. Wer meint, die Geschichte könnte man einfach ignorieren, indem mal vor alle weltanschaulichen Merkmale ein „post“ setzt („Post-Feminismus, Post-Kapitalismus), um schwierigen Fragen auszuweichen, der ist entweder nur dämlich oder ein Heuchler.

Und nun die gute Nachricht. Die Piratenpartei wird gezwungen sein, sich der Gender-Frage zu stellen, weil sie von einer Ein-Themen-Partei zu einer Bürgerrechtspartei der Zukunft werden wird. Ob sie will oder nicht: Sie ist es in Wahrheit schon. Männer können nicht so tun, als gäbe es 2000 Jahre Geschlechterpolitik nicht. Zum Glück gibt es kein Technik-Tool, mit dem man sich vor der Frage drücken kann. Die Piraten sollen eher misstrauisch sein, ob jetzt nicht merkwürdige Figuren in die Partei strömen, die das nur deshalb tun, weil sie in anderen Parteien Frauen den Vortritt lassen müssen.

Piratinnen

Es gibt eine einfache Lösung des Problems, der jeder Mann in der Piratenpartei zustimmen kann, wie sie laut naturgetr.eu Mela Eckenfels formuliert hat: „In allen Gesprächen die ICH bislang innerparteilich zu diesem Thema geführt hatte, kamen die Vorschläge für Frauen-AGs o.ä. von männlichen Piraten und wurden von weiblichen Piraten abgelehnt.“ Noch einmal langsam zum Mitschreiben – es ist wie bei der Abtreibung: Was Frauen tun, lassen oder sollen, entscheiden Frauen. Nicht die Männer. Alles klar soweit? Puls und Atmung noch normal? Wenn nicht: Quod erat demonstrandum. DU hast ein Problem, Mann, nicht die Frauen.

Screenshot unten: Credits to Fefe




Warum die Piraten gebraucht werden [Update]

..weil die Politiker nichts dazulernen: „Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten hat der brandenburgische CDU-Innenpolitiker Sven Petke eine Nachfolgeregelung gefordert. Das Urteil verändere nicht die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus, sagte Petke heute der Deutschen Presse-Agentur dpa in Potsdam. ‚Wir brauchen die Überwachung der Telekommunikation und des Internets, wenn auch auf anderer rechtlicher Grundlage.‘ Das sagt Sven Pettke, CDU. (via netzpolitik.org)

Die Süddeutsche hat es korrekt beschrieben: „Der Jubel der Beschwerdeführer ist berechtigt, muss aber doch im Hinblick auf die mittel- und langfristigen Folgen im Hals stecken bleiben. Die Beschwerdeführer haben gewonnen, aber nicht gesiegt: Zum ersten Mal wird vom Karlsruher Gericht die Speicherung von Daten auf Vorrat zu noch unbestimmten Zwecken für zulässig erklärt, ohne dass es einen konkreten Anlass oder gar einen Verdacht geben muss. (…) Die Richter riskieren den Konflikt mit der EU und dem Europäischen Gerichtshof nicht. Sie warnen und drohen: Bis hierher und nicht weiter. Das reicht nicht mehr.“

Laut afp sprach der Vizevorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Wilfried Albishausen, angesichts der Karlsruher Entscheidung von „einem guten Tag für alle Kriminellen“.

Update: Hier die gewohnte Ziercke-Lyrik: „Die Polizei könne angesichts der vielfältigen Flatrate-Angebote und der damit einhergehenden recht kurzen Aufbewahrung der Informationen durch die Provider nur noch erschwert etwa gegen Amok- oder Suizidankündigungen im Internet, Vermisstenfälle, Kinderpornographie, Hacking-Angriffe oder selbst „schwerwiegende Betrugsstraftaten“ vorgehen. Auch Terrorismus und organisierte Kriminalität könnten nicht mehr „in der Tiefe aufgeklärt“ werden, meinte Ziercke.“




Die nächste VDS kommt bestimmt….

bvg

BVG tritt Vorratsdatenspeicherung in die Tonne…..Argument: Transparenz, Rechtsschutz und Normenklarheit müssen gewährleistet sein, seien es aber nicht. Die VDS ist prinzipiell möglich, aber nur bei Gefahr für Leib und Leben oder den Bestand des Staates. „Es gelten die gleichen Anforderungen wie für die Online-Durchsuchung“, sagt Papier.

Geheimdienste und Polizei dürfen aber auch in Zukunft nicht präventiv auf Daten zu greifen. Der Staat darf übrigens auch in Zukunft nicht direkt auf die Daten zugreifen, es darf also keine „Superbehörde“ geben.

Pressemeldung des Bundesverfassungsgerichts: „Eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof kommt nicht in Betracht, da es auf einen möglichen Vorrang des Gemeinschaftsrechts nicht ankommt.“

[Das Urteil im Wortlaut]

Update: Hier ist die Liste derjenigen Mitglieder des Bundestags. die für die Vorratsdatenspeicherung gestimmt haben…




Piratinnen

Spiegel Offline: „Wüsten Beschimpfungen sieht sich derzeit ein Mitglied der männerlastigen Piratenpartei ausgesetzt. Dabei hatte Lena Simon bloß eine Mailingliste ausschließlich für Piratinnen angekündigt.“ – „‚In der Partei herrscht die Auffassung, wir seien über Geschlechterfragen hinweg‘, sagt die Philosophie-Studentin. Doch davon könne keine Rede sein, sonst hätte es Fragen zu den Gründen der Frauen-Mailingliste geben müssen. Stattdessen sei das Thema für viele Mitglieder der Netzgemeinde, nicht nur bei den Piraten, ‚ein rotes Tuch‘.“

Allein schon die Reaktionen auf die Frauen-Mailingliste zeigen, dass sie nötig war. Nichts provoziert Piraten mehr als Frauen, die ab und zu unter sich sein wollen. Wo kämen wir denn da hin. Fehlen nur noch Herrenwitze.

Interessant, dass männliche Nerds und Geeks zwar Technik-Tools für die innerparteiliche Willensbildung nutzen wollen, was die Geschlchterfrage angeht, aber unbedingt auf dem Stand der frühen sechziger Jahre verharren wollen. Immerhin wurden drei Frauen in den Vorstand gewählt. Und das ist auch gut so – aus ungefähr 762 Gründen.

Dazu auch Gulli und das Piratenwiki.




Dieser Verbindung wird nicht vertraut

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