Bizarre Argumente der Holzmedien zu Chávez

El Nacional

Man braucht nur die Überschriften Revue passieren zu lassen, dann ahnen die medienkompetenten Leser schon, dass wieder einmal eine falsche Sau falsch durchs falsche Dorf getrieben wurde. „Chavez fordert Kontrolle des Internets! (Deutsche Welle). „Chávez will Internet in Venezuela streng kontrollieren“ (AFP). „Venezuelas Präsident hat Angst vor Online-Putsch“ (Welt „Online“. „Venezuelas Präsident fordert Internetregulierung“ (TDNet.de). „Web-Opposition – Venezuelas Präsident Chávez fordert Kontrolle des Internets“ (Spiegel Offline).

„Web-Opposition“? Verwechselt da wieder ein Internet-Ausdrucker das World Wide Web mit dem Internet? Immerhin ist dieses zwei Jahrzehnte älter als dieses.

Aber zum Thema: Das ist eine Falschmeldung, die bewusst etwas suggeriert, was sich bei einer fünfminütigen Recherche als Blödsinn herausgestellt hätte. Besonders perfide formuliert Spiegel Offline: „bizarr anmutende Argumente – unter anderem berief sich Chávez auf Aussagen von Bundeskanzlerin Merkel.“ Das ist mitnichten bizarr, sondern völlig korrekt, weil Chavez genau das sagte, was auch Merkel verlautbart hat. Das ist kein Journalismus, sondern Meinungsmache und Agitprop.

Was ist geschehen? „Venezuela: Wir planen keine Zensur des Internets. Keine staatlichen Eingriffe wie in China, Kuba oder im Iran“ (golem.de). Aha. „Eine rechtsextreme Internetseite verbreitet gezielt Falschmeldungen, legt dem Militär einen Staatsstreich nahe, verbreitet manipulierte Fotos und Leserkommentare, in denen offen zur Ermordung bekannter Politiker und Journalisten aufgerufen wird. Nun ist Venezuelas Präsident Hugo Chávez endlich der Kragen geplatzt. Am Sonnabend forderte er die Staatsanwaltschaft des Landes auf, Ermittlungen gegen die Internetseite ‚Noticiero Digital‚ einzuleiten. (…) Tatsächlich hatte Chávez gesagt, das Internet dürfe ‚kein rechtsfreier Raum‘ sein und zitierte damit ausdrücklich niemand anderes als Bundeskanzlerin Angela Merkel.“ (Junge Welt).

Natürlich ist auch die Junge Welt ein verschnarchtes Holzmedium, das nicht in der Lage ist, einen Link zur betreffenden Website zu setzen, damit die Leser sich selbst ein Bild machen können (Ja, verdammt noch mal, ich kann Spanisch!) Und ich wüsste verdammt noch mal auch gern, wo und wann er das gesagt hat! (Da gibt es doch so eine Linksammlung OMG: „Last update: 05.08.2006, last check: 19.05.2005“. Ich hatte ganz vergessen, dass es die noch gibt…)

El Nacional: „Chávez: Internet no puede ser una cosa libre donde se haga y diga lo que quieran“. Das ist nichts anderes als die Sprachblase, hier man hierzulande permanent hört: Das Internet dürfe kein „rechtsfreier Raum“ sein (was es sowieso nicht ist und noch nie war). Also nichts Aufregendes.

„Wenn in Venezuela eine faschistoide Seite (hoffentlich bald) geschlossen wird, die immer wieder Menschen zum Abschuß freigibt, dann ist das Zensur“, schreibt die Junge Welt. Die Heuchelei der Mainstream-Medien ist damit zwar korrekt benannt, die Junge Welt outet sich damit aber als reaktionäres Blatt, das Zensur fordert und das mit dem modernen Verständnis von Meinungsfreiheit auch für die Gegner der Demokratie nichts anzufangen weiß. Melde gehorsamst, Herr Block- und Jugendschutzwart: Verbot „faschistoider“ Meinungen im Internet durchgeführt!

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