Die gar nicht so rätselhafte Anziehungskraft des Islamismus

Via Udo Vetter (lawblog): die Urteilsbegründung im sogenannten Sauerland-Verfahren. Das ist Pflichtlektüre für Zeitgenossen, die ihren Kopf noch selbst zum Denken gebrauchen. Die Formulierungen des Richters belegen sehr schön, dass es sich beim so genannten Kampf gegen Terrorismus um Moraltheologie handelt, um einen Vorwand also, um konservative Werte als eine anthropologische Konstante zu verkaufen:

„Aber ganz offenbar hat der gewaltbereite Islamismus zunehmend auch auf junge Menschen in unserer Gesellschaft eine verheerende Anziehungskraft, zumal auf solche junge Menschen, die in ihrem engsten Umfeld, ihren Familien – aus welchen Gründen auch immer – nicht die erforderliche Aufmerksamkeit erfahren, nicht die Antworten auf die essentiellen Lebensfragen finden, nach denen sie suchen, und die sich daher orientierungslos von den lauten und schrillen Angeboten der ideologischen Verirrungen unserer Zeit unkritisch begeistern lassen.“

Orientierungslos – das ist eine Worthülse, die wir auch im Zusammenhang mit dem Gewalt-, Rechtsextremismus- und Drogendiskurs hören. Die Jugend wird immer orientierungsloser – das kennen wird seit dem Neolithikum.

„Der Arbeit der Ermittlungsbehörden, des Bundeskriminalamts und der beteiligten Landeskriminalämter, aber auch der beteiligten Dienste, muss in ganz besonderer Weise Respekt gezollt werden.“

Dazu lesen wir ausnahmsweise Focus Offline: „Bei der Festnahme der mutmaßlichen Terroristen der Sauerland-Gruppe im Herbst 2007 hat es massive Kommunikationspannen unter den Einsatzkräften gegeben. Beinahe wäre der Anführer der Gruppe entkommen.“ Oder die WAZ: „Bei der Festnahme der ‚Sauerland-Gruppe‘ hat die Polizei eine Pannenserie erlebt.“

Respekt, Respekt: „Dies alles war nur möglich aufgrund der personell wie materiell überaus aufwändigen Ermittlungsarbeit der beteiligten Ermittlungsbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes, aufgrund des überobligationsmäßigen persönlichen Einsatzes und Fleißes vieler Polizeibeamter sowie der überaus professionellen Arbeit vornehmlich der Ermittlungsgruppe“.

Und zum Schluss: „Ein Käfig voller Enten„: „Bei näherer Betrachtung zeigten sich einige Sonderbarkeiten. Die Verhafteten wussten von ihrer Überwachung, der Stoff, aus dem die Bomben gefertigt werden sollten, ist frei erhältlich, und der Drahtzieher, die „Islamische Dschihad Union“, ist lt. baden-württembergischem Verfassungsschutz eine Internet-Ente.“