The noble Experiment – Details zu den Pseudo-Sperren

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Netzpolitik.org weist auf Wikileaks hin: Dort sind die Prozessunterlagen zu den Sperr-Verträgen veröffentlicht worden. Nichts Aufregendes, die Zusammenfassung bei netzpolitik.org reicht, um informiert zu sein.

Sehr hübsch: „Arcor hatte im September 2007 Porno-Seiten gesperrt. Später fiel dann auf, dass bei der Sperrung auf IP-Adress-Ebene etwa 3 Millionen Domains unbeteiligter Dritter gesperrt wurden.“ Darüber hatte ich am 20.10.2007 schon gebloggt.

Klar ist die Maxime des BKA: Legal, illegal, scheißegal. „Was die Ausführungen des BKA angeht, es würde zunächst mehrfach die Serverbetreiber anschreiben, um eine Löschung der Inhalte zu erwirken, ist doch zumindest fraglich, ob diese Aussage in der Realität der Strafverfolgung haltbar ist: In einem laufenden Ermittlungsverfahren käme dies einer Aufforderung gleich, doch bitte sämtliche Beweise zu vernichten.“

Aber will man in einer hysterischen Debatte um das Böse im Internet, die dem Krankheitsbild der Prohibition und der McCarthy-Ära gleicht, mit rationalen Argumenten kommen? Die Diskussion um die Pseudo-Sperren ist ein öffentlicher Exorzismus, eine magische Handlung wie ein Regenzauber, vergleichbar mit einem Kind, das die Hände vor das Gesicht hält und hofft, es würde jetzt nicht mehr gesehen.

„Hinweise von Bürgern“. Wenn ich das lese, muss ich an mein eigenes Ermittlungsverfahren aus dem Jahr 2000 denken: „Im September meldete sich ein besorgter Bürger aus Berlin-Neukölln bei einem Kriminaloberkommissar und teilte mit, er habe die Homepage burks.de gefunden. Er sei empört, dass man darüber die Homepages der NSDAP/AO oder ‚Blood and Honour‘ erreichen könne. Der besorgte Bürger ‚vereinbarte‘ mit dem Kommissar, Ausdrucke anzufertigen und gab diese auf der Dienststelle des LKA ab.“

Das Gesetz über die Pseudo-Sperren ist in Kraft. Es wird nur – das ist vermutlich einmalig in der Rechtsgeschichte – nicht angewendet. In einem Jahr sehen wir weiter. Man kann darauf wetten, dass es genug „Bürger“ gegen wird, die sich als Blockwart und Hilfspolizist im Internet betätigen wollen. Das mag der Deutsche: Melden, durchführen und verbieten.