Residenzpflicht wird leider nur in Brandenburg abgeschafft

Heute beginnt der Tag mit einer uneingeschränkt guten Nachricht, obwohl das nur eine Art Pressemeldung in der taz ist: „Berlin und Brandenburg wollen gemeinsam die Residenzpflicht für Asylbewerber abschaffen (…) Die per Bundesgesetz festgeschriebene Bewegungssperre hindert Asylbewerber daran, Kontakt mit Landsleuten, Freunden oder ihrer Familie aufzunehmen, sich an in ländlichen Gebieten dünn gesäte Beratungsstellen oder Fachanwälte zu wenden oder auch einfach nur das Land kennenzulernen, von dem sie hoffen, dass es neue, sichere Heimat wird. (…) Kein Wunder, dass es sich dabei um das von Asylsuchenden am häufigsten übertretene Gesetz handelt. Die so entstehenden Brüche eines unnötigen Gesetzes liefern bisher Asylgegnern nicht nur Material, auf die „hohe Kriminalitätrate“ von Flüchtlingen hinzuweisen.“

Die Welt als Wille und Vorstellung der SPD und der Linken? Wenn es ein Bundesgesetz ist, kann es doch nicht einfach abgeschafft werden? Ein acht Jahre alter „>Telepolis-Artikel erklärt die Hintergründe: „“In Südafrika wurde die Apartheid vor mehr als einem Jahrzehnt abgeschafft. Doch in Deutschland herrscht sie weiter. Eine bestimmte Gruppe von Menschen darf in diesem Land nur an bestimmten Orten sein, in bestimmten Läden gegen Gutscheine einkaufen und bestimmte Ärzte besuchen.“

Man muss sich das scheinheilige Gefasel von CDU-Abgeordneten anhören, um zu verstehen, welche Politik in Deutschland für Einwanderer immer noch vorherrscht und dass der Begriff „Apartheid“ dafür gar nicht falsch ist. Das Asylrecht ist institutionalisierter Rassismus.

Aber: „Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 10. April 1997 (2 BvL 45/92) auf Grund einer konkreten Normenkontrolle (Art. 100 GG) diese asylrechtlichen Bestimmungen und ihre Strafbewehrung in vollem Umfang für verfassungsmäßig erklärt (diese Entscheidung hat Gesetzeskraft).“

Dazu noch zwei Sätze aus Wikipedia: „Diese Praxis ist insofern rechtlich fragwürdig, als dass anerkannte Flüchtlinge nach Genfer Flüchtlingskonvention Freizügigkeit genießen. Die Residenzpflicht ist einmalig in der Europäischen Union und existiert nur in Deutschland.“

Ein weiterer Artikel der taz erklärt, warum in Brandenburg ein Bundesgesetz nicht mehr angewendet kann. „Ein Rechtsgutachten im Auftrag des Brandenburger Flüchtlingsrats bestätigt, dass zwei Länder im Alleingang die Residenzpflicht aufheben dürfen, wenn sie eine Vereinbarung schließen.“

Es ist kaum zu glauben: Die Nachricht ist wirklich uneingeschränlt gut, wahr und schön und hat keinen Haken. Schlecht ist nur, dass ich mir alle Links selbst zusammensuchen musste, weil die taz nicht weiß, wie man Internet oder gar „Online-Journalismus“ buchstabiert.

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Kommentare

5 Kommentare zu “Residenzpflicht wird leider nur in Brandenburg abgeschafft”

  1. Sven am November 6th, 2009 2:35 pm

    Ich habe so etwas mal in der JVA Lübeck erlebt. Ich, als „richtiger Deutscher“, bin mit einem Türken, mit Aufenthaltsgenehmigung für Meck-Pomm, in der besagten JVA gewesen um seinen Bruder zu besuchen. Nach der Besuchzeit schloss sich das Tor wieder und mein Türkischer Freund musste zur gerufenen Polizei. Es klärte sich auf aber ich habe mich einfach nur geschämt.

  2. uberVU - social comments am November 7th, 2009 3:24 am

    Social comments and analytics for this post…

    This post was mentioned on Twitter by hrafnsgaldr: Residenzplicht leider nur in Brandenburg abgeschafft. http://tinyurl.com/yect93g via @burks_gpf #Asyl #Rassismus…

  3. kaywendel am November 8th, 2009 4:34 pm

    „Die Nachricht ist wirklich uneingeschränkt gut, wahr und schön und hat keinen Haken.“ – Zweifellos ist die Ankündigung der neuen Brandenburger Landesregierung eine frohe Botschaft, allerdings nur für die Asylbewerber/innen, die sich noch im laufenden Verfahren befinden. Für die geduldeten Flüchtlinge, und das sind ca. 70 % der Betroffenen, ist die geplante Zusammenlegung von Berlin und Brandenburg in Bezug auf die räumliche Beschränkung nicht anwendbar. Hier kann die Brandenburger Landesregierung nur mit verschiedenen Erlassen die räumliche Beschränkung erweitern, aber nicht abschaffen:

    – in etwa der Hälfte der Brandenburger Landkreise und kreisfreien Städte sind die Geduldeten nach wie vor auf „ihren“ Landkreis beschränkt, obwohl die Bewegungsfreiheit für das gesamte Land ohne weiteres verwirklicht werden könnte.

    – nach vier Jahren Aufenthalt können die Ausländerbehörden Geduldeten eine Beschäftigungserlaubnis erteilen und sie somit ganz von der Residenzpflicht befreien, auch für Reisen im gesamten Bundesgebiet.

    So wichtig der Schritt von Berlin und Brandenburg ist, so wenig ersetzt er eine generelle Abschaffung der Residenzpflicht auf Bundesebene. Und hier hat die neue Bundesregierung nur eine vage Absichtserklärung abgegeben, die Residenzpflicht für diejenigen Flüchtlinge abzuschaffen, die arbeiten. Also die Bindung eines Grundrechts an die individuelle Leistungsfähigkeit, Ausfluss ihrer neoliberalen Ideologie.

    Dieser Haken muss noch gezogen werden!

  4. admin am November 8th, 2009 8:20 pm

    @kaywendel: danke für den Hinweis. Ich ahnte irgendwie, dass man Bundesgesetze auf Länderebene nicht einfach umgehen kann. Also war die Pressemeldung wieder mal zum Teil nur Agitprop…

  5. Mauern auch für Flüchtlinge abbauen! « Mnementh am November 9th, 2009 8:09 pm

    […] (via burksblog) […]

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