Sturm im Wasserglas: Eva gegen Johnny und Philipp [Update]

Lesenswert: Johnny Haeusler (spreeblick.com) antwortet auf die Kollegin Eva Schweitzer, auch bekannt als taz-Bloggerin. Es geht um kostenpflichtige Abmahnungen, zulässige oder unzulässige Groß- oder Kleinzitate (um jene kann man sich juristisch streiten, um diese nicht). Vgl. spreeblick.com: „Journalistin lässt Blog abmahnen, fordert 1.200 Euro Schadensersatz für Textzitate“.

Leider erkennt man nicht auf Anhieb, was geschehen ist. Spreeblick behauptet: „Am 20. Mai 2008 veröffentlichte Philipp im Gemeinschaftsblog nom nom nom einen kurzen Eintrag mit zwei Links zu Frau Schweitzers damaliger ZEIT-Kolumne. Um zu unterstreichen, was ihm an der Kolumne gefiel, zitierte Philipp drei Absätze aus dem Artikel von Frau Schweitzer.“

Ich kenne Eva seit den frühen 80-er Jahren. Sie war keine „Unterstützerin“ der Hausbesetzerszene, wie Häusler behauptet, sondern schon damals Journalistin bei der nicht mehr existierenden Stadtteilzeitung Südwestexpress (nicht zu verwechseln mit dem Südostexpress). Deshalb war sie unbequem und unbeliebt, weil sie nicht verlautbarte, sondern auch etwas schrieb, was uns nicht gefiel. Ja, ich verkehrte damals in einem besetzten Haus in der Willibald-Alexis-Straße, weil meine Freundin dort wohnte. Eva hat auch mich interviewt. Später schrieb sie für den berliner Tagesspiegel und – ich erinnere mich dunkel – bekam irgendeinen wichtigen Preis. Mehr als ein Vierteljahrhundert später heuerte ich Eva an, als ich Chefredakteur von Berliner Journalisten war. Sie wurde unsere „Nordamerika-Korrespondentin“.

Eva schreibt: „Die ganze Geschichte fing an, als ich vor einiger Zeit meinen Namen durch eine Suchmaschine laufen ließ, die Zeitungsartikel der letzten paar Wochen findet. Dabei stellte ich fest, dass eine Tageszeitung einen Artikel von mir, für den sie ungefähr 80 Euro bezahlt hat, an sage und schreibe 15 andere Zeitungen verkauft hat, ohne mir Bescheid zu sagen. Ich beschwerte mich, mir wurde bedeutet, ich könne eine Nachzahlung verlangen, dann würde man mich aber hinauswerfen. Wenn man mich hinauswirft, möchte ich gerne, dass sich das richtig lohnt.“

In solchen Fällen beauftragt man einen Anwalt. Ich mache das auch so. Wenn ich jedoch merke, dass jemand, der meine Artikel einfach klaut, offenbar keine Ahnung hat, dass das Folgen haben könnte, dann schreibe ich vorher eine Gratis-E-Mail und warne. Das funktioniert meistens. Falls jemand nur einen Link auf meine Artikel setzt und einen Teaser, ist das korrekt. Man kann mich auch fragen.

Ich weiß nach der Lektüre des Pro und Kontra immer noch nicht, ob dieser Philipp, den Johnny verteidigt, nun Evas ganzen Artikel geklaut hat (dann hätte er Unrecht) und was „kannibalisiert“ heißt (Zitat Schweizer) oder ob er nur großfächig zitiert hat (darf er in der Regel) oder ob er ihren Gehirnschmalz als den Seinen ausgegeben hat (wäre fies). Und wenn die Kontrahenten bloggerisches Schwarmverhalten auslösen wollen, dann sollten sie uns das mitteilen.

Was lese ich da aber auf Spreeblick? „Diese eine Woche hatte Philipp mit der Recherche juristischer und auch moralischer Unterstützung und mit dem Versuch verbracht, Sie zu kontaktieren. Da er auf ihrem taz-Blog keine Mailadresse von Ihnen gefunden hat, nutzte er ihre im Netz gefundene Telefonnummer, unter der sie nicht erreichbar waren. Der Kollege Markus Beckedahl von netzpolitik.org nutzte derweil leider ergebnislos seine Kontakte zu ZEIT, bei der Ihr Artikel erschienen war.“ Wirklich wahr? „Im Netz“ gibt es auch eine Website der Journalistin mit allen Angaben, die man braucht, um sie zu kontaktieren – bei mir der 16. Treffer bei Google. [By the way: Alle Beteiligen können offenbar nur elektronische Postkarten schreiben. SCNR]

Der Sturm im Wasserglas hat sich gelegt. Schweitzer schreibt (wie bei der taz linkfrei – weil deutsches Offline-Medium): „Obwohl ich bloß eine Frau bin, habe ich nicht automatisch Respekt vor Männern, bloß weil sie Java Script von Latte Americano unterscheiden können. (…) Ich lasse die Forderung fallen. Da er aber offenbar auf dem in-der IT-Welt-wird-nicht-bezahlt-Planeten lebt, sollte er etwas für mich tun, kostenfrei. Ein Hinweis: Was mir wirklich fehlt, ist ein Apple-Reparaturservice in Berlin.“

Uptate: Jetzt wird es bei der taz unterirdisch. Aber was will man bei einer Zeitung verlangen, die zum Thema „Online-Durchsuchung“ Verschwörungstheorien verbreitet?