Sarrazin über die Türken und Araber

Wieso kann ich mich über das, was der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin so alles sagt, nie richtig aufregen oder gar empören, sondern muss vielmehr schmunzeln? Spiegel Offline: „Sarrazins türkenfeindliche Tiraden lösen Entsetzen aus“. Entsetzen. Geht es nicht ein bisschen kleiner?

Spiegel Offline geruht uns keinen Link mitzuteilen, wo das Original-Interview mit Sarrazin nachzulesen ist – in der aktuellen Ausgabe der Kulturzeitschrift Lettre. Dort sagt Sarrazin:

„Es kamen die Achtundsechziger und alle, die Berlin eher als Lebensplattform suchten. Menschen, die gerne beruflich aktiv waren, wurden ersetzt durch solche, die gerne lebten. Dieser Austausch führte zu einer gewissen Stagnation. Berlin war immer hip und toll, barbusige Frauen im Tiergarten konnte man schon 1975 bestaunen.“

Leider, und das entschuldigt die linkfreien deutschen Medien zu einem Viertel, ist auf der Website von Lettre nur ein langer Teaser und nicht die interessanten Passagen. „Für besondere Empörung sorgen jetzt vor allem die despektierlichen Beschreibungen der ausländischen Bevölkerung der Stadt. Er müsse ’niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert‘, findet der Bundesbanker. „Das gilt für 70 Prozent der Türken und für neunzig Prozent der arabischen Bevölkerung.“

Und: „Sarrazin müsste also wissen, was er tut, wenn er über mehr als eine Seite lang seine Anschauungen zur Integrationspolitik darlegt. ‚Das klingt alles sehr stammtischnah‘, erklärt er denn auch einsichtig in dem Interview, behauptet aber: ‚Man kann das empirisch sehr sorgfältig nachzeichnen.'“

Bestimmt kann man das. Vermutlich hat Sarrazin auch Recht. Seine Schlussfolgerungen sind jedoch Stammtisch-Unfug. Ich amüsiere mich aber darüber, wie herrlich „politisch inkorrekt“ Sarrazin redet. Ihm ist es schnurzpiepegal, was andere über ihn denken. Find ick jut.

Man kann es sich vorstellen: Journalisten rufen Berufsbetroffene und -immigranten und Personen an, deren Vorfahren irgendwann eingewandert sind und die deshalb in Neusprech einen „Migrationshintergrund“ haben (welcher Deutsche hat den nicht?). Frage: „Sarrazin hat gesagt, Einwanderer aus arabischen Ländern und der Türkei hätten eine höhere Geburtenrate. Wie finden sie das?“ Genau: Alle sind empört, entsetzt und betroffen. Wahr bleibt es trotzdem. Also atmet mal entspannt aus.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Sarrazin über die Türken und Araber”

  1. MARK SEIBERT:LOGBUCH » Blog Archive » Thilo Sarrazin sagt sorry am Oktober 1st, 2009 8:15 pm

    […] Jetzt ist Thilo Sarrazin nicht mehr Finanzsenator, sondern im Vorstand der Bundesbank (versteht es also auch ganz gut, langfristig von öffentlichem Geld zu leben; eine richtige Karriere also). Seine verbale Diarrhoe konnte er jedoch nicht auskurieren. In der Zeitschrift Lettre teilte er mit: Er müsse ‘niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert’, findet der Bundesbanker. “Das gilt für 70 Prozent der Türken und für neunzig Prozent der arabischen Bevölkerung.” (Quelle) […]

  2. Noch mal Sarrazin : Burks’ Blog am Oktober 3rd, 2009 11:57 pm

    […] mal zu Sarrazin. Auch wenn ihr mich alle teert und federt: Ich finde den medialen Diskurz über Sarrazin […]

  3. Mark Wildeck am August 30th, 2010 5:24 pm

    Der Typ scheffelt damit doch nur Geld!

    Je mehr darüber diskutiert wird, um so mehr verkauft sich sein armseliges Buch!

    Ich denke gar nicht, dass er wirklich so extremistisch denkt. Denn wer in die SPD eintritt wird wohl kaum faschistoides Denken praktizieren. Es scheint ihm nur darum zu gehen dieses Buch zu verkaufen!

  4. Elmar Schlürscheid am September 2nd, 2010 12:14 pm

    Na klar ist der Mann populistisch und betreibt auch eine gewisse Werbung für sein Buch.
    Aber Nazi ist er nicht,er nennt nur das Kind beim Namen,und das hat in Deutschland keiner so gern.
    Mit den Genen übertreibt er ein bißchen,aber was die Einstellung der meisten Migranten betrifft hat er völlig Recht.Sollen sich doch unsere Politiker mal jeden Tag mit dem Pack auf der Straße rumschlagen.In ihrem Elfenbeinturm kriegen die doch gar nichts mehr mit.

  5. Bernd am September 5th, 2010 8:57 pm

    Sarrazin hat sich mit seinem Buch gleich auf mehere Minenfelder begeben und möglicherweise kommt er nun darin um. Dass sien Ansichten „politisch inkorrekt“ sind ist mal ein Theme – und das wäre es wert wirklich ausgiebig diskutiert zu werden. Seine Ansichten zu genetischen Veranlagungen sind leider wirklich mehr als angreifbar – das ist seit 30 Jahren ein Minenfeld und daher war es definitiv doof von ihm dies überhaupt in sein Buch zu nehmen.
    Und seine „Verliebtheit“ in prozentuale Aussagen sind natürlich immer etwas wo Angriffe sehr leicht möglich sind – da finde ich, dass er es seinen Gegnern leicht macht mal irgendwo ein paar % mehr oder weniger zu bekriteln – letztendlich wird man für fast jede Prozentzahl entsprechende Unterlagen und Stufien finden.

    Das er aber „beim Volk“ auf eine derart große Zustimmung trifft wundert mich nicht. Ich glaube, dass einfach nach Jahrzehnten einer Politik, die sich fast bei allen Parteien darum bemüht, herauszufinden was der Staat alles für eine bessere Integration tun kann, eine Unmut aufgestaut hat, dass eigentlich nie die Frage gestellt wird was die Migranten für eine bessere Integration tun können / tun müssen. Allein die in den letzten Jahren oft geführte Diskussion Diskussion darüber ob man den Migranten „zumuten“ kann verpflichtend Deutsch zu lernen zeigt ja auch dass dieser Staat eigentlich beim „fördern und fordern“ dieses „fordern“ nur im Text hat weil es so schön klingt – wirklich ernsthaft gefordert wird eigentlich nichts.
    Ich möchte noch dazusagen, das mir sehr wohl bewußt ist, dass wir hier über einen wirklich kleine Minderheit reden. der Großteil der Migranten IST integriert und sorgt für das eigene Auskommen. Aber wie bei so Vielem, reicht halt eine Minderheit aus, um letztendlich den Gesamteindruck stark zu beeinflußen.

    Und natürlich fokusiert Sarrazin auf diese Minderheit, weil dies eben „sein“ Thema ist.
    Und hier fokusiert er eben auf eine „bildungsresistente“ und integrationsunwillige Gruppe die sich sozusagen in die soziale Hängematte des Staatss begibt – und dies muss wirklich nicht unwidersprochen hingenommen werden.

  6. Anja am Oktober 20th, 2010 5:16 pm

    Mal eine gute Nachricht:
    SARRAZIN UNTERSTÜTZT TÜRKISCHEN FUSSBALLVEREIN!
    Hier:
    http://www.youtube.com/watch?v=j4-qUvi7ozA

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