Deutsch-Drahthaar-Ohren

Ajax




Smart, stylisch und sinnlos

Ein Artikel von mir in der Netzeitung: „Smart, stylisch und sinnlos – Wenn Computer immer kleiner und Multifunktionshandys immer größer werden – was wird dann eigentlich aus den normalen Mobilfunkgeräten?“




Die taz blamiert sich wieder:

Sorry, hatte ich gar nicht mibekommen: Kommentar vom „Rechtsexperten“ der taz, Christian Rath (28.02.2008): „Für eine wirksame Terrorabwehr würde es genügen, dass sie E-Mail-Verkehr und Telefonate auch überwachen kann, wenn diese verschlüsselt im Internet geführt werden.“ Man fasst es nicht. Verschlüsselte E-Mails überwachen? Das möchte ich sehen. Das kann jeder bei mir gern tun – aber wie sieht es mit dem Lesen aus?




Titanium-Messer

Messer

Hatte ich die schon präsentiert? Hübsch – wir haben jetzt ganz viele davon.




Zum Auflösen zu blöd

Ein Kommentar von mir in der Jungle World: „Zum Auflösen zu blöd“ – Die Neonazis sind bei den Wahlen in ­Niedersachsen, Hessen und Hamburg sang- und klanglos untergegangen. Hier das ungekürzte Original-Manuskript:

Die Neonazis sind bei den Wahlen in Niedersachsen, Hessen und Hamburg sang- und klanglos untergegangen. In Hessen erreichte die NPD noch nicht einmal die Stimmenzahl, die nötig ist, um Wahlkampfkosten erstattet zu bekommen. In Hamburg war nur die Deutsche Volksunion (DJV) angetreten. Auch sie bekommt kein Geld aus der Staatskasse. In einigen Bezirken erreichte sie sogar noch weniger Stimmen als „Die Partei“, die deutsche Kampftruppen nach „Süd-Liechtenstein“ schicken will.

In den alten Bundesländern haben nur Rechtspopulisten – wie der längst Ronald Schill mit seiner Partei Rechtsstaatlicher Offensive – eine Chance, kurzfristig einen Zipfel der Macht zu erhaschen. Die DVU, die durch die Finanzkraft ihres alternden Vorsitzenden Gerhard Frey in der Lage gewesen wäre, die Bevölkerung mit brauner Propagandasoße zu überschütten, bleibt eine schrumpfende Politsekte. Neonazis in Parlamenten sind also ein ostdeutsches Phänomen.

Das Geld Freys eröffnete dem ultrabraunen Milieu den zumindest propagandistischen Zugang zu Nicht- oder Protestwähler, denen es egal ist, was sie ankreuzen, wenn es nur die „Etablierten“ ärgert. Damit ist es vorerst vorbei. Den unpolitischen Protest scheint jetzt „Die Linke“ aufgesogen zu haben. Die größte Leistung Oskar Lafontaines im Westen ist es, dieses Milieu zu neutralisieren. Schill und Schönhuber hätte keine Chance gegen den wortmächtigen Bonsai-Napoleon.

Die NPD allein ist im Westen nicht in der Lage, die Klientel zu erreichen, die ihr noch in den sechziger Jahren in Südwestdeutschland zweistellige Wahlergebnisse beschwert hatte. Sie stützt sich vorwiegend auf die militanten Aktivisten der so genannten „freien Kameradschaften“ und auf Teile der rechten Jugendkultur. Im Beitrittgebiet ist das anders: Die NPD hat vor allem in Kleinstädten verankert. Die Nazi-Klientel dort ist aus ökonomischer Sicht kleinbürgerlich, aber viel weniger abgesichert als vergleichbare Milieus im Westen, daher leichter zu radikalisieren.

Das Wahlergebnis bedeutet nur etwas für das Machtgefälle zwischen den beiden konkurrierenden Nazi-Parteien und das Zweckbündnis „Deutschlandpakt“. Die NPD ist in einer Zwickmühle: Modernisiert sie sich wie die italienischen Neofaschisten, um für andere und neue Wählerschichten akzeptabel zu sein, müsste sie ihre Aktivisten abstoßen. Verließe sie sich auf ihre ostdeutschen Stammwähler, kann sie den Westen abschreiben. Der „Deutschlandpakt“ war ein Versuch, das zu ändern – und der ist wohl endgültig gescheitert, zumal Frey als Geldgeber in naher Zukunft schon aus biologischen Gründen ausscheiden wird.

Das Wahlverhalten der Deutschen ist seit Jahrzehnten unflexibel und relativ konstant, trotz zahlreicher soziologischer Unkenrufe, die Wählerinnen und Wähler entschieden sich immer unberechenbarer. Als Politsekte und als Hefe im nur konjunkturell zu bräunenden Teig der politischen Mitte hat die NPD keine Chance, weder in einem Stadtstaat wie Hamburg noch mit einem Wahlkämpfer wie Koch, der die Parolen der NPD volkstümlicher an die Wähler gebracht hat als das Original, noch in Niedersachsen, wo sich niemand mehr an politische Inhalte des Wahlkampfs erinnern kann.

Den Kadern der NPD und der DVU bliebe nur eine Chance, mehr politischen Einfluss zu bekommen als jetzt: Das zu tun, was ihnen die Maoisten von der KPD 1980 vormachten – die Partei aufzulösen und woanders unterzuschlüpfen. Aber dazu sind die Nazis zum Glück zu blöd.




„Wir sind hier im Vereinsrecht“

Recherchegruppe.tk (05.03.2008): „Wir sind hier im Vereinsrecht“ – Der DJV (als Kläger) und der DJV Brandenburg (als Beklagter) haben heute bei der Verhandlung vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht einen Vergleich geschlossen. [mehr…]




Burkscity braucht Einwohner!

Burkscity
Nachtrag:: Increase industry!




Wir sind alle Deutsche

Rob Gonggrijp: „Today, we are all Germans“ (vgl. auch Heise zum Thema):

So the people of Germany seem to be successfully defending themselves against their government. What’s wrong with the rest of the world?




Tölchen leistet ganze Arbeit

Ajax

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch liebt es, Stöcke und Stöckchen in unsere Wohnung zu tragen und diese dann sorgfältig zu Kleinholz zu verarbeiten. Wir heizen leider nicht mit Holz. Aber das Hundchen meint es vermutlich gut.




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Spiegel OnlineMeine Lieblingsmeldung bei Spiegel Online, seitdem mich die kleinen Filmchen dort mit Werbung zuspammen wollen.




Venezuela | wahr und falsch

Puerto Ayacucho

Über Venezuela schreibt Spiegel Online wahr und falsch. Wahr: „Ohne die Arbeitskraft der kolumbianischen Immigranten wäre der Ölstaat wirtschaftlich am Ende: Wenn überhaupt etwas in dem relaxten Karibikstaat funktioniert, ist das meistens einem fleißigen Kolumbianer zu verdanken.“ Ja, das ist ein Witz, den sogar die Venezolaner erzählen. Ich mag die Kolumbianer, sie sind in der Regel ziemlich agil und fit, leider manchmal auch bei den falschen Themen. Und schon Alexander von Humboldt stellte wertfrei fest, dass in Venezuela (das es damals so noch nicht gab) niemand arbeiten wolle.

Falsch: „Venezuela ist traditionell friedfertig und musste noch nie einen Krieg gegen ein Nachbarland ausfechten.“ Was hier verschwiegen wird, ist, dass Venezuela fast die Hälfte seines östlichen Nachbarlands Guyana für sich beansprucht (vgl. „Guyana 2 – die Rebellion der Rancher“, spiggel.de, 23.08.2003). Beim klitzekleinen „Bürgerkrieg“ 1969 in Guyana haben die Venezolaner wohl kräftig indirekt mitgemischt.

Guahibos

Das obige Bild zeigt eine Straße in Puerto Ayacucho, Bundesstaat Amazonas, Venezuela. Ich bin in einem LKW mitgefahren. Das untere Bild zeigt mich bei Guahibo-Indianern, ungefähr hier am Rio Capanaparo im Süden des Bundesstaats Apure.




Zapp arbeitet unseriös

Ja, das darf ich sagen, dafür gibt es zahlreiche Belege. Zum Fall Senait Mehari und der Zapp-Berichterstattung schreibt Sabine Pamperrien (Berliner Journalisten (09/2007): „Auch sonst zeichnet sich der Zapp-Beitrag eher durch Weglassen als durch konzise Beweiswürdigung aus.“ Am 28.02.2008 im Redaktionsblog Berliner Journalisten: „Das tonangebende Netzwerk… Hans Leyendecker lehnt sich offenbar auch gelegentlich gemütlich zurück und hält ganz einfach alles, was so berichtet wird, für die reine Wahrheit. Wenn’s denn von Rechercheuren aus dem ”tonagebenden” Netzwerk stammt?“ Es kommen also alle Wichtigtuer vor, die wir kennen und lieben. Hier ein paar Links zum Lesen:
– Abini Zöllner, Berliner Zeitung: Hysterie statt Hintergrund. Der „Skandal“ um Senait Mehari: Was das NDR-Medienmagazin „Zapp“ nicht thematisiert. (27.02.2008)
Blogmedien: Zapp ist zahm geworden. Das ehemals bissige NDR-Medienmagazin sendet immer häufiger “Gute-Nacht-Geschichten” (13.10.2006)
Stefan Niggemeier: Experten-Casting bei „Zapp“ (29.03.2007)
Stefan Niggemeier: Liebe Freunde von „Zapp“ (15.02.2007)
Pottblog: Medienmagazin ZAPP (NDR) wird unglaubwürdig… (31.03.2007)
DWDL.de: „RTL II: Schwarzes Schaf unter schwarzen Schafen.“ Sex-Werbungen in Teletext-Angeboten gibt es seit Jahren. Am Mittwoch berichtete das NDR-Medienmagazins „Zapp“ darüber – verschwieg dabei aber wichtige Fakten. (17.01.2008)




BKA-Chef fordert Redeverbot über Online-Durchsuchungen

Ziercke in Hochform – jetzt fordert er Redeverbot: „Vor allem sei in der Öffentlichkeit nicht weiter über die mögliche Technik des so genannten Bundestrojaners zu spekulieren, erklärte der Oberpolizist gegenüber Spiegel Online. Zugleich zeigte er sich zuversichtlich, dass das BKA zum Zeitpunkt des Inkrafttretens einer gesetzlichen Regelung über eine einsatzfähige Software verfügen werde.“

Ich bin es jetzt leid, mir ständig diese urbanen Märchen anzuhören – und unkritische Interviews. Gestern habe ich eine E-Mail geschrieben:

Lieber Kollege Gebauer,
ich schreibe ein Buch über das Thema Online-Durchsuchung.
Im Interview mit BKA-chef Ziercke behaupten Sie: „Die beiden bekannten Fälle von Online-Durchsuchungen wurden gegen den Berliner Islamisten Reda S., der gute internationale Kontakte in die Dschiahd-Szene unterhält, und einen Iraner geführt, der der Proliferation verdächtigt wurde.“
Ich gehe davon aus, dass Sie das nicht beweisen können bzw. dass die einzige Quelle die Focus-Falschmeldung vom 05.01.2008 ist.
Da noch gar keine Software zur Verfügung steht, um eine Online-Durchsuchung technisch zu bewerkstelligen, wäre ich daran interessiert, ob Sie für die These, es habe schon zwei gegeben, andere Quellen besitzen.
Vgl. tagesschau.de: „Seit 2005 haben deutsche Geheimdienste nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp ein Dutzend Privatcomputer heimlich via Internet durchsucht“ sowie tagesschau.de: „Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt und gerade die gefährliche Szene wird Wege finden, sich vor Bundestrojanern zu schützen.“
Wie viele verifizierte (!) Online-Durchsuchungen gab es Ihrer Meinung nach von 1995 bis heute?
Mit freundlichen Grüßen
Burkhard Schröder




Schlechte Karten für „Bundestrojaner“

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Verfassungsschutzgesetz in Nordrhein-Westfalen für nichtig zu erklären, ist salomonisch und listig: Es gestattet allen Beteiligten, das Gesicht zu wahren. Erst im Kleingedruckten – in der ausführlichen Begründung – wird deutlich, dass die juristischen Hürden für die vom Bundesinnenministerium gewünschten „Online-Durchsuchungen“ fast unüberwindbar hoch sind.

Bundestrojaner

Das neu eingeführte Gundrecht auf Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schließt einige juristische Lücken, die sich laut Gericht aus „neuartigen Gefährdungen“ im Zuge des „wissenschaftlich-technischen Fortschritts“ ergeben. Die durch das Grundgesetz garantierte „freie Entfaltung der Persönlichkeit“ musste exakter gefasst werden, weil Computer dafür eine immer größere Bedeutung erlangt haben, insbesondere in vernetzten Systemen. Das ist an sich nichts Neues. Interessant ist jedoch, dass das Bundesverfassungsgericht es für fragwürdig hält, prophylaktisch Informationen über Personen zu sammeln:

„Dabei handelt es sich nicht nur um Daten, die der Nutzer des Rechners bewusst anlegt oder speichert. Im Rahmen des Datenverarbeitungsprozesses erzeugen informationstechnische Systeme zudem selbsttätig zahlreiche weitere Daten, die ebenso wie die vom Nutzer gespeicherten Daten im Hinblick auf sein Verhalten und seine Eigenschaften ausgewertet werden können. In der Folge können sich im Arbeitsspeicher und auf den Speichermedien solcher Systeme eine Vielzahl von Daten mit Bezug zu den persönlichen Verhältnissen, den sozialen Kontakten und den ausgeübten Tätigkeiten des Nutzers finden. Werden diese Daten von Dritten erhoben und ausgewertet, so kann dies weitreichende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Nutzers bis hin zu einer Profilbildung ermöglichen“.

Daraus ergebe sich ein „erhebliches Schutzbedürfnis“, dem im Urteil Rechnung getragen wird. Der Einzelne sei darauf angewiesen, wenn er sich im Sinne des Grundgesetzes frei entfalten wolle, dass auch der Staat die Integrität und Vertraulichkeit informationstechnischer Systeme achte.

Der Schutz der „Persönlichkeit“ wird durch das Urteil erweitert auf die Technik, die die Person benutzt, um ihr Leben zu gestalten. Dazu passt, dass die Wohn-, Betriebs- und Geschäftsräume, die durch das Urteil zum Großen Lauschangriff vor dem Zugriff des Staates grundsätzlich geschützt wurden, jetzt auch die genutzten Rechnersysteme umfassen. Setzt sich jemand mit seinem Laptop in ein Cafe, gehört dieser automatisch zum „Kernbereich der privaten Lebensgestaltung“, in dem der Staat nicht einfach so herumschnüffeln darf. Der Bundesverfassungsgericht geht sogar ins Detail, Keylogger zu erwähnen und die elektromagnetische Abstrahlung des Computers, die man abfangen und auslesen könnte.

Selbst das bisherige Recht auf informationelle Selbstbestimmung ging dem Bundesverfassungsgericht nicht weit genug, weil heute jeder darauf angewiesen sei, Computer zu benutzen.

„Ein Dritter, der auf ein solches System zugreift, kann sich einen potentiell äußerst großen und aussagekräftigen Datenbestand verschaffen, ohne noch auf weitere Datenerhebungs- und Datenverarbeitungsmaßnahmen angewiesen zu sein. Ein solcher Zugriff geht in seinem Gewicht für die Persönlichkeit des Betroffenen über einzelne Datenerhebungen, vor denen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schützt, weit hinaus.“

Das höchste deutsche Gericht beweist in seinem Urteil mehr technischen Sachverstand und hat investigativer zum Thema recherchiert als die meisten deutschen Medien. Es räumt auch gleich mit einigen urbanen Legenden auf. Hat es schon eine „Online-Durchsuchung“ privater Rechner gegeben? Es sei nichts über die Technik der bisherigen „Online-Durchsuchungen“ und über deren Erfolge bekannt. Die Präsidenten des BKA und des Verfassungsschutzes hatten keine Aussagegenehmigung. Das Bundesinnenministerium hatte auch in den Medien immer ausweichend reagiert und auf die Fragen des Bundesjustizministieriums geantwortet, die dazu nötigen Programmen würden erst noch entwickelt.

Im Verfassungsschutzgesetz Nordrhein-Westfalen findet sich die wolkige Formulierung, man wolle heimlich auf „informationstechnische System“ zugreifen. Noch schwammiger ist der „Zugriff auf Internet-Festplatten„. Von einer „Online-Durchsuchung“ war ursprünglich nicht die Rede. Letztlich lässt sich nicht mehr klären, ob der Gesetzgeber von Anfang an beabsichtigte, auch private Rechner durchsuchen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht hat die Diskussion kurz und bündig beendet. Nicht ganz humorlos wird erklärt, sowohl ein einzelner Rechner als auch das Internet als solches sei jeweils ein „informationstechnisches System“.

BVerfG

„Unter einem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System ist demgegenüber eine technische Infiltration zu verstehen, die etwa Sicherheitslücken des Zielsystems ausnutzt oder über die Installation eines Spähprogramms erfolgt. Die Infiltration des Zielsystems ermöglicht es, dessen Nutzung zu überwachen oder die Speichermedien durchzusehen oder gar das Zielsystem fernzusteuern. Die nordrhein-westfälische Landesregierung spricht bei solchen Maßnahmen von einer clientorientierten Aufklärung des Internet. Allerdings enthält die angegriffene Vorschrift keinen Hinweis darauf, dass sie ausschließlich Maßnahmen im Rahmen einer am Server-Client-Modell orientierten Netzwerkstruktur ermöglichen soll.“

Da der heimliche Zugriff auch auf private Rechner definitiv nicht ausgeschlossen sei, müsse man auch über die „Online-Durchsuchung“, wie sie allgemein diskutiert werde, urteilen.

Spannend ist das Urteil vor allem in den Passagen am Schluss, die die Ausnahmen regeln. Der Schutz des „Kernbereichsschutz“ wird aufgeweicht. Bisher mussten Lauscher die Mikrofone auschalten, wenn die Verdächtigen anfingen zu beten oder über Sex redeten. Praktisch war eine Überwachung kaum noch möglich. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass das im Prinzip auch für Computer gilt. Die aus technischer Sicht sehr kühnen Thesen des Bundesinnenminsteriums, man könne einfach durch das Design der Software die Privatsphäre ausreichend schützen, ein Spionage-Programm werde keine anderen Programme des betroffenen Rechers beeinträchtigen und diesen nicht verändern, glaubt das Bundesverfassungsgericht nicht. Es sei „praktisch unvermeidbar“ bei einem heimlichen Zugriff, wenn er bei einem technisch unbedarften Verdächtigen funktioniere, auch an Daten zugelangen, die die Ermittler weder zur Kenntnis nehmen noch verwerten dürfen. Einen „rein lesenden Zugriff infolge der Infiltration“ gebe es nicht.

„Im Rahmen des heimlichen Zugriffs auf ein informationstechnisches System wird die Datenerhebung schon aus technischen Gründen zumindest überwiegend automatisiert erfolgen. Die Automatisierung erschwert es jedoch im Vergleich zu einer durch Personen durchgeführten Erhebung, schon bei der Erhebung Daten mit und ohne Bezug zum Kernbereich zu unterscheiden. Technische Such- oder Ausschlussmechanismen zur Bestimmung der Kernbereichsrelevanz persönlicher Daten arbeiten nach einhelliger Auffassung der vom Senat angehörten sachkundigen Auskunftspersonen nicht so zuverlässig, dass mit ihrer Hilfe ein wirkungsvoller Kernbereichsschutz erreicht werden könnte.“

Das Bundesverfassungsgericht hat zur Kenntnis genommen, dass sich jeder vor einer „Online-Durchsuchung“ schützen kann – es verweist ausdrücklich auf die einschlägige Literatur. Dennoch könnte man allein deswegen diese Methode nicht ausschließen. Die Schranken für eine Überwachung eines privaten Rechners sind aber sehr hoch: Es muss eine konkrete Gefahr vorliegen, die ein „überragend wichtiges Rechtsgut“ bedroht. Klar ist auch, dass eine heimliche „Online-Durchsuchung“ immer einen schweren Grundrechtseingriff bedeutet, für ein ein Richtervorbehalt jetzt gesetzt ist. Das bedeutet: Nur bei unmittelbarer Gefahr für Leib und Leben einer Person oder bei konkreter Bedrohung für „den Bestand des Staates oder die Grundlagen der Existenz der Menschen“ dürfen die Ermittler über eine „Online-Durchsuchung“ anfangen nachzudenken.

„Die Tatsachen müssen zum einen den Schluss auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen, zum anderen darauf, dass bestimmte Personen beteiligt sein werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und weitgehend auf sie beschränkt werden kann. Dagegen wird dem Gewicht des Grundrechtseingriffs, der in dem heimlichen Zugriff auf ein informationstechnisches System liegt, nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn der tatsächliche Eingriffsanlass noch weitergehend in das Vorfeld einer im Einzelnen noch nicht absehbaren konkreten Gefahr für die Schutzgüter der Norm verlegt wird.“

Und wenn dann ein Richter dem zustimmte, bedürfe es noch besonderer Vorkehrungen, um den geschützten Privatbericht nicht zu behelligen. „Gibt es im Einzelfall konkrete Anhaltspunkte dafür, dass eine bestimmte Datenerhebung den Kernbereich privater Lebensgestaltung berühren wird, so hat sie grundsätzlich zu unterbleiben.“

Linux

Durch das Urteil rückt das Sicherheitsinteresse der Staates ein wenig näher an die einzelnen Menschen heran. Der so genannte „Kernbereich“ des Privaten ist kleiner geworden, dafür um so sicherer. Ein bloßes Gesetz schützte wenig vor privaten und staatlichen Datenkranken; ein Grundrecht jedoch, das als solches vom Bundesverfassungsgericht definiert ist, kann man kaum außer Acht lassen.

Die Hausaufgabe, die das Gericht dem Bundesinnenminister aufgegeben hat, ist so gut wie unlösbar, zumal eine Online-Überwachung durch die Polizei und das Bundeskriminalamt noch schwieriger ist als durch den Verfassungsschutz, der seine Daten für sich behalten kann. Die Ermittler hätten jedoch vor Gericht das zusätzliche Problem, beweisen zu müssen, dass die gefundenen Beweise auch echt sind. Möglicherweise, so steht es geheimnisvoll im Urteil, sei der „Beweiswert der Erkenntnisse gering“: Eine
„technische Echtheitsbestätigung der erhobenen Daten“ setze grundsätzlich „eine exklusive Kontrolle des Zielsystems im fraglichen Zeitpunkt voraus“. Und das muss man erst einmal technisch umsetzen und anschließend einem Richter beweisen – schlechte Karten für jede Art und Version eines „Bundestrojaners“.

Dieser Artikel von mir erschien am 27.02.2008 auf Telepolis.




Colombia | Venezuela

Venezuela

Ich möchte die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser am geruhsamen und wetterwendischen Sonntag Colombiaauf einen informativen Artikel in der taz aufmerksam machen: „Vergiftete Nachbarschaft“. Es geht um das Verhältnis zwischen Venezuela und Kolumbien. Da ich beide Länder sehr gut kenne (vgl. spiggel.de, 06.07.2003: „An der Grenze zur grünen Hölle“), interessiert mich das.

Aktuell ist das Thema, weil Raúl Reyes, der zweitwichtigste Kommandant der FARC, getötet worden ist. Auch die offizielle Website der Guerilla ist verschwunden. [Bei der Suche danach bin ich auf ein Blog gestoßen, das ich vor 35 Jahren noch toll gefunden hätte…]

Das obige Foto habe ich in San Fernando de Atabapo gemacht, einer Siedlung in der venezolanischen Region Amazonas. Es zeigt die Grenze zu Kolumbien, die mitten im Rio Atabapo verläuft. [Blickrichtung exakt nach Westen zum Rio Guaviare, links ist der Rio Atabapo, zwei Kilometer nördlich (rechts) fließen beide in den Orinoco.] Auf der anderen Seite liegt das kolumbianische Dorf Amanaven; ich bin zwei mal kurz dort gewesen. Dort, wo ich das obige Foto schoss, hat auch Alexander von Humboldt gestanden.




Online-Durchsuchung zum Aussuchen

Tagesschau.de (27.04.2007): „Seit 2005 haben deutsche Geheimdienste nach Angaben des Bundesinnenministeriums knapp ein Dutzend Privatcomputer heimlich via Internet durchsucht.“
Tagesschau.de (28.04.2007, ‚Wolfgang Wieland im Interview): „Wir gehen auch davon aus, dass das noch nie richtig geklappt hat. Es gab technische Schwierigkeiten. Das Einschleusen hat nicht geklappt..“
Spiegel Online (09.07.2007, Wolfgang Schäuble im Interview): SPIEGEL: „…wie etwa die heimlichen Online-Durchsuchungen zeigen. Die haben die Sicherheitsbehörden ohne gesetzliche Grundlage jahrelang angewandt. Schäuble: Moment. Es gab einen Anwendungsfall im Inland.“
Focus Online (05.01.2008): „Reda Seyam klickte laut FOCUS die getarnte E-mail der Verfassungsschützer an und aktivierte so die erste und bislang einzige Online-Durchsuchung in Deutschland.“
Bundesverfassungsgericht (27.02.2008): „Vereinzelt wurden derartige Maßnahmen durch Bundesbehörden bereits ohne besondere gesetzliche Ermächtigung durchgeführt. Über die Art der praktischen Durchführung der bisherigen „Online-Durchsuchungen“ und deren Erfolge ist wenig bekannt. Die von dem Senat im Rahmen der mündlichen Verhandlung angehörten Präsidenten des Bundeskriminalamts und des Bundesamts für Verfassungsschutz haben mangels einer entsprechenden Aussagegenehmigung keine Ausführungen dazu gemacht.“
Spiegel Online (01.03.2007): „Die beiden bekannten Fälle von Online-Durchsuchungen wurden gegen den Berliner Islamisten Reda S., der gute internationale Kontakte in die Dschiahd-Szene [sic] unterhält, und einen Iraner geführt, der der Proliferation verdächtigt wurde.“




Nachtflug

rocket

Nächtlicher Raketenflug von meiner Raumstation in Second Life auf vier „Kilometer“ Höhe.




Blogs als Seismografen

Neue Zürcher Zeitung: „Blogs als Seismografen“.

Hierzulande spielen politische Blogs kaum eine Rolle. In den USA erzielen sie grössere Aufmerksamkeit. Angehörige des US-Kongresses nehmen sie dabei als Seismografen, aber weniger als Informationslieferanten wahr. Dies ergab eine Umfrage der Washington University.

Die Autorin Dr. Sabine Pamperrien ist übrigens meine Nachfolgerin beim Medienmagazin Berliner Journalisten.




Durchführung gewaltextremistischer Aktivitäten

Quark

Vom Chef-Zyniker Karl Kraus stammt der Satz: „Es genügt nicht, keine Meinung zu haben. Man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.“ Ein pädagogisch lehrreiches Beispiel für das Unvermögen, verständliches Deutsch zu schreiben, ist der Heise-Text von gestern „Schweizer Regierung will gewaltextremistische Websites stärker bekämpfen“. Einen schlechter redigierten Text habe ich selten gelesen; wäre ich dort Lektor, bekäme der Autor sein Elaborat um die Ohren gehauen mit der Maßgabe, Deutsch für Profis zu lesen, in Hexameter umzuformen und bei der nächsten Redaktionskonferenz auswendig vorzusingen. Man kann den Text gar nicht korrigieren – fast jedes zweite Wort ist stilistisch schlecht, falsch oder Blödsinn.

„Gewaltextremistisch“: Man spürt, dass der Schöpfer dieses Wortungetüms das allzu böse „Extreme“ noch steigern möchte. Ich schlage vor: „ultrabösegewaltdschihadistischextremistisch“. „Aktivitäten“ gibt es nicht: Die Aktivität bezeichnet die Summe mehrerer Taten und kennt keinen Plural.

Jedes Wort, das auf -ung oder -keit endet, ist verboten. Ausnahmen müssten in vierfacher Ausfertigung dem Chefredakteur in den 20. Stock gebrachten werden, ohne den Fahrstuhl benutzen zu dürfen – in der Hoffnung auf Erlösung vom Nominalstil. Ung und Keit hören sich einfach blöd an – wie das Neue Deutschland vor dreißig Jahren. Wenn man den Schreiber zwänge (ja, diese Form gibt es!), nachzudenken, bevor er seine verbale Schmiere in die Tasten hämmerte, käme etwas heraus, was die Leser verstünden – das ist hier nicht der Fall.

Die Schweizer Regierung will etwas gegen den Terror (welchen?) tun und das Internet überwachen. Gut, das zu wissen. Ich wäre nicht drauf gekommen. Bis hierhin ist es Agitation und Propaganda a.k.a Pressesprecher-Gewäsch. Damit muss man nicht das Internet vollschreiben. Was sind „explizite neue Strafrechtsnormen“? Ausdrückliche neue? Das ist Bläh-Deutsch – wird gestrichen. Auch die „verschiedenen“ Vorstöße wollen wir nicht lesen – überflüssig. Man diskutierte dieses und jenes – aber versteht sich das nicht von selbst?

Die Regierung verneinte „einen gesetzgeberischen Handlungsbedarf“. Welch ein Sprach-Geschwulst! Die Regierung will keine neue Gesetze. Das wussten wir schon. Gestrichen wird auch „in diesem Bereich“ – „Bereich“ sagt nichts aus und klingt so schön wie „die Mutter tut kochen.“ Was war noch mal der Unterschied zwischen der „Schule“ und dem schulischen Bereich? Richtig, jenes ist ein Wort und dieses verschwiemeltes Soziologen-Gequake.

Die Regierung „beantragte daher die parlamentarische Ablehnung von fünf der insgesamt sieben in diese Richtung zielenden Motionen.“ Ungungung. Wie könnte man das in lesbares und verständliches Deutsch übersetzen? Sieben der vom Parlament geplanten Gesetze widmen sich der Kriminalität im Internet. Die Regierung beantragte, fünf davon abzulehnen. Ist das gemeint? Ich weiß es nicht – der Originaltext ist so verdrechselt, dass man lange überlegen muss, was der Autor sagen will und doch zu keinem Fazit kommt.

„Ressourcen für die Überwachung und Auswertung dschihadistischer und gewaltextremistischer Websites“. Man wüsste gern, welcher Art diese „Ressourcen“ sind – technischer oder gar humanioder? Das klingt wie die einheimische Software-generierte Verfassungsschutz-Lyrik: „Die Bösen nutzen immer öfter das Internet.“ Die Schlapphüte fläzen sich vor ihren Monitoren herum, studieren gar fürchterbare Websites in zahllosen arabischen Dialekten und rufen „hurrra“, wenn sie etwas verstehen. Deutsch ist das nicht. Und keine der Tussen, die am Rockzipfel Heidi Klums hängen, könnte diesen Wortsalat fehlerfrei über die Lippen bringen.

Hinweis: Kein Satz fänge mit „denn“ oder „doch“ oder „schließlich“ an. Ich befehle es hiermit.

Der weiße Schimmel wird immer heller: „…kam die Regierung insgesamt zum Schluss“. Der Autor sagt uns jetzt irgendwie zum dritten Mal, dass die Schweizer Regierung meint, es bedürfe keiner neuen Gesetze. Ich langweile mich.

Die „rasche technologischen Entwicklung“ wird ebenso untersagt. „Technologie“ ist bekanntlich kein deutsches Wort und zudem holperig: Technik heißt englisch technology. Ich sehe keinen dringenden Bedarf, das lautmalerisch einzudeutschen. Zwei Silben sind besser als vier – verstanden? „Die technische Entwicklung“ hört sich aber immer noch bescheiden an. Man merkt, dass hier nur Sprechblasen vor sich hin blubbern, die lautlos zerplatzten, stäche man sie auf, um zu sehen, was darinnen ist. Wir benutzen jetzt ein Fremdwort: Gesetze werden schnell obsolet, weil die Technik sie überholt und damit überflüssig macht. Oder so ähnlich – ich müsste mehr als eine Minute überlegen, um den sprachlichen Fürzen Geschmack abzugewinnen. „Verantworlichkeit“ gibt es nicht – es heißt Verantwortung. Das ist auch schlecht, weil mit -ung. Wer verantwortet also was?

Der „Anpassungsbedarf“ werde „vertieft geprüft“ – es ist zum Kotzen. Wie kann man nur dieses Bürokratengewäsch in einen journalistisch gemeinten Artikel hineindröseln? Vertieft geprüft und verflacht geschrieben. „Die Umsetzung der Konvention sei damit bereits in die Wege geleitet worden“. Man hat also damit begonnen, die Konvention umzusetzen? Ja, aber das wäre viel zu kurz, wird der Autor sich gedacht haben – und das Risiko zu hoch, dass die Leser das sinnfreie Propaganda-Gefasel der Schweizer Regierung als ein solches entlarvten.

Mit Verlaub, der Text ist ganz große Scheiße! In die Tonne damit.




34.443 Klageschriften gegen die Vorratsdatenspeicherung

VDS

Heise: „34.443 Klageschriften gegen die Vorratsdatenspeicherung“. (Ja, ich bin dabei!) Aktuelle Fotos von der Aktion gibt es hier.