Benedikt der Unweise und der interreligiöse Dialog

Einen „interreligiösen Dialog“ kann es trotz der Ringparabel Lessings nicht geben. Natürlich kann man über alles reden: Der Tyrann kann mit einem Folteropfer reden; der Henker kann mit dem Verurteilten plaudern, ob dieser ein letzten Wort sprechen möchte, und Josef Ackermann kann mit einem Arbeitslosen einen „interklassischen“ Dialog führen. Das ist alles nur Schaumschlägerei und nichtssagend.

Der Papst ist laut Spiegel Online erstaunlich konsequent und hat der verbalen Lichterkettenträgerei eine Absage erteilt. Er sagt über Marcello Peras „Senza radici/Without Roots“ laut SpOn: „Der Papst schreibt nun, er habe das Buch ‚fasziniert‘ gelesen und lobt besonders die Absage an ein „kosmopolitisches“ Europa, ohne Verortung im christlichen Menschenbild. ‚Sie erklären mit großer Klarheit, dass ein interreligiöser Dialog im engen Wortsinn nicht möglich ist, wohingegen der interkulturelle Dialog umso dringender wird, bei dem die kulturellen Konsequenzen der religiösen Grundentscheidung untersucht werden.‘ Über Religion kann es keinen ‚wahren Dialog‘ geben, ‚ohne den eigenen Glauben auszuklammern‘.“

Da Religion auf frommen Legenden und Märchen beruht und sich der rationalen Argumentation per default sperrt, kann man über die Verehrung höherer Wesen nicht streiten, auch nicht die jeweiligen Vertreter diverser Versionen. Da es weder Gott noch Götter gibt, ist letztlich alles Quatsch, ob Christentum, Judentum oder Islam. Wer gläubig ist, kann auch nicht objektiv über Religion schreiben, weil der oder die immer befangen sind, Das ist eine Binsenweisheit, die im deutschen Journalismus leider unbekannt zu sein scheint: Dort darf man über geografische Probleme schreiben, auch wenn man glaubt, dass die Erde eine Scheibe sei.

Im Vatikan gibt es trotz alledem einen Päpstlichen Rat für den interreligiösen Dialog, der für „Kontakte“ zuständig ist. Und Radio Vatikan beeilt sich jetzt zu versichern: „Papst hält an Dialog der Religionen fest“. Ja, was denn nun? Dialogisieren oder nicht? Die Katholen wissen ofenbar nicht, was sie wollen. Einen „interkulturellen Dailog“ – die Spezialität deutscher Lichterkettenträger – gibt es übrigens genausowenig. Was zum Teufel (sic) soll eine „Kultur“ sein, die mit einer anderen redet?

Das Herumgeeiere des Vatikan nennt man übrigens unter Lateinern (hallo, Benedikt!) eine Contradictio in adiecto.

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Kommentare

7 Kommentare zu “Benedikt der Unweise und der interreligiöse Dialog”

  1. MH am Dezember 3rd, 2008 5:17 pm

    „Da es weder Gott noch Götter gibt, ist letztlich alles Quatsch, ob Christentum, Judentum oder Islam.“

    Stimmt, aber eins interessiert mich dann doch:
    Wie erklärst du dir die Entstehung der Welt??

    Selbst wenn sich die Urknall theorie irgendwann beweisen lässt, werden wieder neue Fragen aufgeworfen (Woher kam der Urknall … die Materie … warum genau zu dem Zeitpunkt … usw. ???)
    Das Spiel kann man infinit fortsetzen und man wird nie zu einem Ende kommen.
    Ich denke das allein gibt einen Hinweiß auf eine höhere Macht (die sicher nicht so aussieht wie in den Religionen beschrieben). Ich denke „Gott“ kann man sich als eine Anstoßkraft denken, die alles ins Rollen gebracht hat und mehr nicht.

    Oder wie sieht das der Herr Blogger?

  2. julian am Dezember 4th, 2008 1:20 pm

    @MH
    Warum muss man immer alles erklären können? Wieso ist die Nichterklärbarkeit von Dingen automatisch ein Hinweis auf ein höheres Wesen?
    Ich glaube, dass Religiosität oft daher rührt, dass man sich einfach nicht eingestehen will, gewisse Dinge (noch) nicht erklären zu können.
    Ich glaube auch, dass es einfach nicht möglich ist, alles zu erklären, einerseits dem Umstand geschuldet, dass wir selbst Teil des Systems sind, was wir erklären müssten, andererseits, dass es so etwas wie Unendlichkeit gibt, wohin man fast jede Argumentation expandieren kann.

    Allerdings finde ich die Formulierung:

    “Da es weder Gott noch Götter gibt, ist letztlich alles Quatsch, ob Christentum, Judentum oder Islam.”

    auch reichlich Platt. Ich glaube zwar nicht an überirdische Mächte oder dergleichen, aber kann sie genausowenig widerlegen. Es ist halt eine nette Hypothese für das nichterklärbare; wie wahrscheinlich sie ist, sei mal dahingestellt. … so what

  3. Wolf am Dezember 4th, 2008 1:21 pm

    — Papst-Zitat —
    Über Religion kann es keinen ‘wahren Dialog’ geben, ‘ohne den eigenen Glauben auszuklammern’.
    — Papst-Zitat Ende

    Folgerung: Wahrer Dialog nicht möglich

    — Radio-Zitat —
    Und Radio Vatikan beeilt sich jetzt zu versichern: “Papst hält an Dialog der Religionen fest”. Ja, was denn nun?
    — Radio-Zitat Ende —

    Auflösung: Fortgesetzt wird lediglich der Dialog. Ausgeschlossen hat der Papst nur den ‚wahren‘ Dialog, andere Varianten lässt er zunächst offen.

  4. Wolf am Dezember 4th, 2008 1:22 pm

    Nachtrag: sorry für die Tippfehler von eben.

  5. Wolf am Dezember 4th, 2008 1:45 pm

    Kommentar zu Kommentator Nr. 1 — du stellst die Frage nach dem „Woher“.

    Lassen wir die Frage nach Auslöser des Urknalls außen vor. Deine Schlussfolgerung, dass eine höhere Macht dahinter stecke, muss dich zwangsläufig zur nächsten Frage führen: Woher kommt die höhere Macht?

    Einigen wir uns darauf, es nicht zu wissen. Die Nicht-Existenz Gottes kann ich dir nicht beweisen. Die Nicht-Existenz des Weihnachtsmanns allerdings auch nicht.

  6. admin am Dezember 4th, 2008 2:51 pm

    Mit dem Beweis für die Existenz höherer Wesen ist es wie mit der Online-Durchsuchung. Nicht diejenigen, die nicht an sie glauben, müssen beweisen, dass es sie nicht gibt, sondern die, die an sie glauben, müssen beweisen, dass es sie gibt.

  7. MH am Dezember 4th, 2008 9:52 pm

    Naja beweißen müssen sie sie auch nicht. Darum heißt es ja auch „Glauben“. Wenn sie heute „Gott“ wirklich beweisen könnten, dann wäre es ja Fakt und keiner könnte sich dem entziehen. Man kann ja auch nicht an die Schwerkraft glauben, entkommen kann man ihr dennoch nicht. Problematisch ist natürlich, dass die „Gläubigen“ ihren Glauben für Fakt nehmen und daher bspw. für Gotteslästerer Strafen fordern, oder bei Beleidigung „ihres“ Glaubens Menschen töten usw. Das ist eklich. Meinetwegen soll jeder glauben (oder nicht) was er will, solange er den anderen das gleiche zugesteht und nicht zu irgendwelchen Zensuren etc. aufruft. Glauben ist Privatsache.

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