Wohnungsdurchsuchung, revisited: Ich will es jetzt wissen

Ich danke Marco D., Heiko H., Christian S. und Betram R., die mir anlässlich meiner Hausdurchsuchung per Paypal etwas gespendet haben. Ich danke Gunter H-K. aus dem Wendland, Karsten T., Jan-Kaspar M. und Christoph Heinrich K., die auf anderes Konto von mir gespendet haben – von den letzteren habe ich leider keine E-Mail-Adresse. Tobias Hensel hatte ich schon gedankt – das mache ich gern noch einmal.

Der aktuelle Stand: Meine Anwältin hat Akteneinsicht genommen (ich habe die Akten noch nicht bekommen.) Die Initiative gegen mich – Wohnungsdurchsuchung und Beschlagnahme meines Rechners – geht offenbar vom BKA und vom Landeskriminalamt NRW aus. Es ist bekanntlich nicht das erste Mal, dass Zierckes Mannen etwas gegen mich unternehmen. Der Anlass ist also offenbar nicht eine Anzeige irgendeines hyperventilierenden Internet-Blockwarts oder eines meiner doch recht zahlreichen politischen und verbandspolitischen Feinde. Nein, die wollen mich kleinkriegen. Meine Anwältin kann auch nicht ausschließen, dass das LKA noch einmal in meine Wohnung kommt.

Ursprünglich war der Deal mündlich vereinbart worden, dass ich meinen Rechner wiederbekäme, wenn das LKA sich eine Kopie der Festplatte hätte ziehen können. Das hatte ich ohnehin angeboten. Um meinen guten Willen zu dokumentieren, hatte meine Anwältin den Widerspruch gegen die Hausdurchsuchung zurückgenommen, und ich hatte mein Posting über die Sprengchemie vorerst in einen für Surfer nicht zugänglichen Bereich des Forums spiggel.de verschoben.

Die zuständige Staatsanwältin und das LKA scheinen sich aber an Abmachungen nicht halten zu wollen. Eine Woche lang rief niemand an, um die Übergabe des Rechners zu organisieren. Wenn das LKA keine Zeit und zu viel zu tun hat – für mich gilt das auch. Zudem habe ich erfahren, dass die Staatsanwältin ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen mich eröffnet hat: Ich habe – salopp ausgedrückt – zu ausführlich aus dem Durchsuchungsbeschluss auf meines Website zitiert. (Keine Ahnung, warum das verboten sein soll.) Mein guter Wille und meine Kooperationsbereitschaft waren schlagartig perdu.

Mir reicht es nun. Wir haben jetzt wieder Widerspruch gegen alles eingelegt. Die Sache wird bis zum Schluss ausgefochten – ich nehme das jetzt persönlich. Ich habe auch den betreffenden Artikel „Einführung in die Sprengchemie“, der das Zitat eines Usenet-Postings aus dem Jahr 1995 ist, wieder online verfügbar gemacht – samt Appendix und Erläuterungen.

Ich werde mich jetzt noch ausführlicher mit dem Thema beschäftigen und recherchieren, in welchen öffentlich zugänglichen Quellen die „Rezepturen“ von Explosivstoffen erhältlich sind. Dr. Blumes Artikel „Über die Leichtigkeit, Spreng- und Kampfstoffe herzustellen“ stammt schon aus dem Jahr 1991. Die Ermittlungsbehörden sind offenbar der Meinung, dass man Informationen über die Zusammensetzung und Herstellung etwa von Pikrinsäure nicht publizieren dürfe und auch Journalisten nicht mehr darüber berichten dürften.

Wir werden jetzt herausfinden, was die Pressefreiheit in Deutschland wirklich wert ist. Unterstützung von der Journaille erhoffe ich mir nicht – dazu sind die meisten viel zu feige. Ausnahmen bestätigen die Regel. Der DJV hüllt sich ja auch in Schweigen – das hat seinen guten Grund. Man muss den Herrschaften nur den Textbaustein „Bombenbauanleitung“ hinwerfen, dann heißt es gleich; Kopf ab zum Gebet.

Gerade trudelt noch eine E-Mail herein und weist mich auf Medienberichte hin: „Der Journalist Hans-Martin Tillack vom Wochenmagazin Stern hat im Streit um eine Durchsuchung seines Brüsseler Büros durch die belgische Polizei vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Recht bekommen. Die Straßburger Richter verurteilten Belgien am Dienstag wegen Verletzung der Pressefreiheit. Zugleich wurde die belgische Regierung angewiesen, dem 46-jährigen Journalisten 10 000 Euro Schadensersatz zu zahlen.“