Opfer der Terror-Hysterie

Spiegel online: „Tatsächlich sind die Indizien gegen den 24-jährigen Deutsch-Somalier ungewöhnlich dünn. Der Haftbefehl ist gerade einmal eineinhalb Seiten lang und erkennbar hastig ausgefertigt. Die Richterin am Amtsgericht, offenkundig keine Expertin in heiklen Staatsschutzdelikten, begründet die Verwahrung darin mit einem angeblichen Entschluss, der Beschuldigte wolle einen islamistisch motivierten Selbstmordanschlag begehen. Wann, wo und wie, das bleibt offen, nur so viel: Voraussichtlich solle Sprengstoff verwendet werden. (…) Zudem argumentiert die Richterin, Omar D. verfüge über keine gefestigten Verbindungen.“

Vermutlich. Undsoweiter. Man sollte sich diese Richterin immer vor Augen führen, wenn es wieder mal – auch im Zusammenhang mit der real gar nicht existierenden Online-Überwachung – um das so genannte „Richterband“ oder den „Richtervorbehalt“ geht. Das bedeutet nichts. Oder nur, dass Richter oft keine Ahnung haben, worüber sie schnell entscheiden müssen. Der Verdacht gegen die vermeintlichen Terroristen scheint sich also in Luft aufzulösen.

Man muss nur die Berichterstattung der letzten Tage dagegenhalten, wie etwa den Tagesspiegel: „Der Fall zeigt, dass auch Deutschland ein mögliches Rückzugsgebiet für islamistische Terroristen ist und er belegt die immer dichtere Vernetzung der islamistischen Terrorszene.“ Ach ja? Der Fall zeigt doch eher, dass die unkritischen deutschen Medien sich so verhalten wie die hysterische Öffentlichkeit in den USA in der McCarthy-Ära. Oder der Berliner Kurier unter der reißerischen Überschrift „Rekruten des Terrors“: „Der Deutschsomalier Omar D. (24) und der Somalier Abdirazak B. (23) wollten in den ‚Heiligen Krieg‘ ziehen, für ihren Glauben töten. Laut Ermittlern waren die beiden Islamisten Mitglieder eines ganzen Rings von Fanatikern im Raum Bonn. Stück für Stück wird sichtbar, wie eng das Netz des Terrors in Deutschland geknüpft ist.“

Ach ja? Wollten die das? Ist das erwiesen? Keine Recherche, nirgends. Die einzige Quelle waren offenbar „die Ermittler„. Also Public Relations der „Sicherheitsbehörden“. Es ist wie bei dem Hype um die „Online-Durchsuchung“; Nur Gefasel und Kaffeesatzleserei. Aber jede Wette, dass kein Jota der vorverurteilenden Artikel jemals zurückgenommen werden wird oder sich die Schreiberlinge entschuldigen werden. Wo kämen wir denn da hin? Man verliert irgendwie die Lust an diesem Beruf angesichts der Mischpoke, die einen derartigen Schmarrn zusammenschmiert.

Was schreibt Spiegel online? „Wenn nicht die Auswertung der Asservate und die derzeitigen Vernehmungen neue belastende Indizien ergeben, könnte es sein, dass Omar D. und Abdirazak B. in nicht allzu ferner Zukunft wieder auf freiem Fuß sind.“ Was bleibt, ist ein vages und faktenfreies Gefühl in der Öffentlichkeit, dass der Terror überall lauern könnte.