Hildegard von Broder

Laut FAZ erhält Henryk M. Broder den Hildegard-von-Bingen-Preis (Die Dame „gilt als erste, aber nicht typische Vertreterin der deutschen Mystik des Mittelalters.“). Broder dazu: „In meiner Jugend war ich ein bekennender Atheist. (…) Später wurde ich Agnostiker, aus Gründen der Logik: Wenn man nicht beweisen kann, dass es Gott gibt, kann man auch nicht beweisen, dass es ihn nicht gibt. Und heute, älter und reifer geworden, glaube ich an Gott. Ich bin überzeugt, dass es ihn gibt, mag er nun Christ, Jude, Muslim, Buddhist, Hindu, Zarathustraner, Mann, Frau oder ein Alien sein. Ich glaube nur nicht an den gütigen, gerechten, allmächtigen Gott. Der Gott, an den ich glaube, ist ein Sadist und ein Zyniker, ein Witzbold und ein Chaot.“ Und: „Ich sorge dafür, dass der Messias nicht kommt und der ganz normale irdische Betrieb weitergeht. Ich sorge dafür, dass Juden und Christen weiter ihre Kirchensteuern zahlen, dass die Priester und die Rabbis nicht arbeitslos werden, dass die Bahnhofsmission, die Caritas, das Müttergenesungswerk und die Aktion Mensch weiterarbeiten können. Und jedes Jahr der Hildegard-von-Bingen-Preis verliehen werden kann.“

Sehr schön auch Broders Passagen über Ersatzreligionen wie den Kommunismus und Barack Obamas „Yes, we can“, das erstens tpyisch für die real nicht existierende Linke in den USA ist, die an soziale Gerechtigkeit nur denken könnte, wenn das eine theologische Kategorie wäre und zweitens zeigt, dass ich vermutlich Recht haben werde mit meiner prophetischen Aussage, dass Obama scheitern wird, weil die USA ein zu rassistisches, bigottes und reaktionäres Land sind, als dass ein liberaler Prediger Präsident würde. (Ein viel zu langer Satz, und ich schweife zu sehr ab.)

Das Schönste kommt bei Broder zum Schluss: „Je länger das ‚Dritte Reich‘ tot ist, umso heftiger wird der antifaschistische Widerstand. Bringen Sie etwas Leben in die Erinnerungssülze, stehen Sie auf, und rufen Sie: ‚Und was ist heute mit den Baha’i?‘ Man wird Sie für verrückt halten. Machen Sie es trotzdem. Hildegard von Bingen hätte es auch getan. Verlassen Sie sich nicht auf Gott, Sie wissen doch: Es rettet uns kein höh’res Wesen, / kein Gott, kein Kaiser noch Tribun. / Uns aus dem Elend zu erlösen / können wir nur selber tun!“




DDR-Test – Was wissen Sie über die DDR?

Ein ganz netter DDR-Test bei Welt online. Ich hatte leider nur 82 Prozent richtige Antworten. „Nach welchem Standard sendete das DDR-Fernsehen in Farbe?“ Boah. Zu schwere Frage.




Neukölln verkauft sich gut

Der Tagesspiegel: „Neukölln liegt im Trend. Nicht nur als der angesagte Ortsteil mit Abenteuerfeeling für urbane Glücksritter. Das Kreuzberg der 2000er Jahre zieht auch Schriftsteller, Komiker und Filmregisseure an, die das Leben im Kiez zum Thema ihrer Bühnenprogramme, Bücher und Kinofilme machen.“ Wieso muss ich eigentlich immer Avantgarde und trendy sein? Das war keine Absicht. Ich schwöre es. Wir sind nur nach Neukölln gezogen, weil es billiger und ruhiger und die neue Wohung schöner war.




Imponiergehabe

Ajax

Tölchen aka Ajax vom Teufelslauch (rechts) und ein Kampfhundbastard vergnügen sich hier.




Die Linke und ihre Abweichler

Einmal stalinistisch, immer stalinistisch. Wer bei der Linken eine andere Meinung hat, wird gemobbt. Es ist wie im DJV. Der Fall Ronald Weckesser zeigt wieder deutlich, dass es bei partei- oder verbandsinternem Streit meistens nicht um die Inhalte, sondern schlicht um Gruppendynamik geht. Jemand wird zum bösen Buben erklärt, weil das den angeschlagenen Laden psychologisch zusammenschweißt. Wer sich den Luxus einer eigenen Meinung jendseit der Parteidisziplin oder -doktrin erlaubt, wird von den Mediokren, die im Normalfall das Sagen haben, instrumentalisiert.

Ich habe mich mit der politischen Meinung Weckessers nicht beschäftigt. Aber das Interview, das er der sächsischen Zeitung gegeben hat, sagt genug: „Wenn, wie in meinem Fall, im Stundentakt vorformulierte Empörungsschreiben aus den Kreisverbänden eintreffen, die dann bündelweise den Fraktionsmitgliedern vorgelegt werden, dann kann ich nur sagen: Die alte Organisation beherrscht man noch perfekt.“ Ja, die typisch scheinheilige deutsche „Empörung“.

Geradezu ekelhaft finde ich die diffamierende Überschrift der Jungen Welt: „Linke will Dresdner Abgeordneten wegen Zustimmung zu Naziantrag ausschließen.“ Das ist gelogen. Mit keinem Wort wird auf das eingegangen, was Weckesser selbst zum Fall sagt. Das Prinzip audiatur et altera pars scheint man bei den „Jungen Welt“ nicht zu kennen. „Darin schrieb der Landtagsabgeordnete bereits am 1. August, daß er die von Andrè Schollbach, Fraktionsvorsitzender der Linken im Dresdner Stadtrat, ‚gepflegte ›Anti-Nazi-Hysterie‘ für bekloppt und unpolitisch‘ halte.“ Der MDR: „Landesvorsitzende Cornelia Ernst wirft dem Finanzexperten vor, er habe mit seiner Zustimmung den ‚antifaschistischen Konsens‘ der Partei aufgekündigt.“ [Über Cornelia Ernst bei Wikipedia: „Nach dem Abitur 1974 und dem Eintritt in die SED machte Cornelia Ernst 1979 den Abschluss als Diplom-Pädagogin. Sie wurde 1983 mit der Arbeit ‚Zur Geschichte des Internationalen Frauentages in der Übergangsperiode vom Kapitalismus zum Sozialismus auf dem Gebiet der DDR (1945/46 – 1961)‘ an der Universität Leipzig promoviert.“ Die Dame weiß, was ein „Konsens“ ist. Harhar.]

Dieser so genannte „antifaschistische Konsens“ ist ein Schmarrn und nur eine Tarnbezeichnung für Parteidisziplin jenseits der Inhalte. Es wird ja wohl erlaubt sein, über den Kampf gegen Rechts unterschieldicher Meinung zu sein, sowohl über die Art und Weise als auch über die Inhalte. Die Linke ist dabei bisher kaum durch argumentative Brillianz oder originelle Ideen aufgefallen, sondern nur durch die sattsam bekannten inhaltsleeren Textbausteine wie „Nazis raus aus dem Internet.“

Es geht also darum, dass Weckesser die dauerempörten Lichterkettenträger offenbar für bekloppt hält. Ich übrigens auch. Aber wenn ich in einer Partei Mitglied wäre, würde man mich vermutlich im monatlichem Rhythmus versuchen auszuschließen wie früher im DJV Berlin.

Andererseits ist auch die Überschrift bei Welt online suggestiv und falsch: Um Weckessers Kritik an Lafontaine geht es überhaupt nicht. Es geht darum, wie eine Partei, die sich offenbar nur demokratisch übertüncht hat, mit interner Kritik umgeht und was die Parteiführung machen kann und macht, wenn ein Ortsverein durchdreht und ein SED-Revival veranstaltet.

Der Weckesser ist mir spontan sympathisch, weil er cool bleibt: „Sollte es zu einem Beschluss über einen Ausschluss kommen, warte ich auf eine schriftliche Begründung und werde davon meine Entscheidung – Klage oder nicht – abhängig machen.“ Genau. Die haben juristisch keine Chance. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt. Hoffentlich bleibt er hart. Und aus eigener Erfahrung kann ich ihm raten: Drinbleiben! Woanders ist es genauso. „Und im Moment ist es doch so, dass sich alle Parteien auf das Superwahljahr 2009 vorbereiten. Da braucht keiner zusätzliche ‚Prominenz‘ wie mich. Quod erat demonstrandum. Parteien sind für Leute, die gern eine stromlinienförmige Meinung haben, wie etwa die Mehrzahl der Journalisten.




Palins holy E-Mails

e-mail.zip

Auf cryptome.org findet man jetzt die Datei palin-email.zip – der Inhalt einiger Mails sowie Betreffzeilen und die E-Mail-Kontaktliste von Sarah Palin. Auf John Young ist eben Verlass. Die hier abgebildete E-Mail stammt von Amy McCorkell. Weitere Screenshots bei gawker.com.




Funcity

uncity

Ich recherchiere gerade wieder einmal zum Thema „Virtuelle Welten“ und bin auf ein recht archaisches Exemplar gestoßen: funcity existiert schon seit 1997 und erinnert mich an die ehemalige Welt WorldsAway, an der ich 1997 teilgenommen habe. Das „online graphical virtual chat environment“ von funcity hat mit echten 3D-Welten wie Second Life natürlich nichts zu tun. Es ist technisch so primitiv wie das Mailboxsystem CL-Netz im Vergleich zum Internet. Aber es scheint noch immer Leute zu geben, die ohne Avatar chatten wollen und dabei dennoch irgendeine eine zusätzliche zweidimensionale grafische Anregung für ihre Fantasie brauchen. Komische Welt.




Niemand spielt mir mir!

Ajax




Der Baader-Meinhof-Komplex

Zeit online lässt Gerhart Baum über den RAF-Film „Der Baader-Meinhof-Komplex“ zu Wort kommen: „Wichtige Zeitumstände bleiben leider ausgeblendet – so der zeitweilig von Teilen der öffentlichen Meinung und der Politik aufgeheizte Taumel in Panik und Hysterie. Heinrich Böll sprach 1972 vom »Notstand des öffentlichen Bewusstseins« und zielte damit auf diejenigen, die glaubten, man müsse den Krieg gegen Terroristen ausrufen. Ausgeblendet bleibt auch die Instrumentalisierung des Terrors für politische Zwecke, durch die sich der Rechtsstaat selbst in Gefahr brachte. (…) Unsere Grundrechte werden im Kampf gegen den Terror beschädigt – damals wie heute (…) Wenn wir eines aus dem Umgang mit dem RAF-Terrorismus lernen können, dann ist es dies: Angst darf unser Denken nicht vergiften. Wir müssen uns auch heute dagegen wehren, dass uns Bedrohungen wie der Dschihad-Terrorismus mental beherrschen und zu Sicherheitsmaßnahmen verleiten, die die Freiheit ohne Not beschädigen.“




Automatischer Absturz des Automatenjournalismus

Jede Wette, dass das auch in Deutschland passieren könnte: „Der Computer als Journalist: Google News meldete vergangene Woche den Konkurs einer amerikanischen Airline – obwohl die Nachricht sechs Jahre alt war. Die Folgen waren verheerend. (..) United Airlines, eine der weltgrößten Fluggesellschaften, melde Konkurs an, wurde die Tageszeitung Sun Sentinel aus Florida zitiert. Der Börsenkurs von United brach um 75 Prozent ein. In zwölf Minuten wurden mehr als eine Milliarde Dollar vernichtet. Dabei hatte United gar nicht Konkurs angemeldet. Die Meldung war sechs Jahre alt und wurde aus Versehen von einem Computerprogramm, mit dem Google die Website der Zeitung durchsuchte, als neu ausgegeben“. (via Süddeutsche, dort wie gewohnt linkfrei.)




Hausdurchsuchung beim Pressesprecher der Piratenpartei

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Es gruselt mich. „Hausdurchsuchung bei Piratenpartei„, berichten netzpolik.org, ein dünner Artikel bei Heise und die Frankfurter Rundschau. Andreas Popp, der bayerische Vorsitzende der Piratenpartei zu netzpolitik.org: „Also der Durchsuchungsbefehl wurde ausgestellt vom Amtsgericht München in einem Ermittlungsverfahren gegen unbekannt, wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses (internes Schreiben des Justizministeriums vom 13.12.07). Unser Pressesprecher (…) wurde deshalb als Zeuge (ja, als Zeuge!) durchsucht, natürlich ohne Vorwarnung um 5 Uhr früh ausm Bett geholt und es wurde ihm angedroht seine gesamten Datenträger zu beschlagnahmen wenn er nicht bei den Ermittlungen kooperiert.“

„In dem Dokument ging es um den Einsatz von Bundestrojanern in Bayern ohne gesetzliche Grundlage, u.a. um Skype-Kommunikation überwachen zu können. Man kann jetzt wohl davon ausgehen, dass das Dokument echt ist.“ (vgl. Screenshot). Die Verschwörungstheorie bei Heise, es wäre eventuell ein „Bundestrojaner“ zum Einsatz gekommen, teile ich nicht. Erstens handelt es sich IMHO hier um das Thema Telekommunikationsüberwachung, also das Abhören eines laufenden Kommunikationsvorgang. Es handelt sich theoretisch also das, was unter Quellen-TKÜV gehandelt wird. Skype kann man nicht abhören, das hat auch BKA-Chef Jörg Ziercke im Innenausschuss des Bundestags jüngst wiederholt. Also wollen die Ermittler zweitens, wie aus dem Dokument hervorgeht, „auf dem Rechner des Betroffenen“ eine spezielle Software installieren. Von „online“ ist nicht die Rede. Sie müssten also vorher heimlich in dessen Wohung einbrechen, was in Bayern nach dem bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) vom 22 Juli 2008 erlaubt ist. (Alle Juristen halten das für verfassungswidrig.) Interessant ist, dass die Firma, die diese Software herstellt und vermietet (!), genannt wird. Es ist die DigiTask GmbH in Haiger. „Die DigiTask GmbH ist bundesweit führender Anbieter von speziellen Sicherheits- und Kommunikationslösungen für Behörden.“

Skype Journal über DigiTask „DigiTask can read SSL encrypted communications between your browser and a secure web site, like Skype.com. The better to see your Skype and PayPal accounts. (…) Skype conversations are only as secure as the PCs of all parties to a conversation. (…) If legitimate government public servants can buy these tools, there must also be a dark market.“

Udo Vetter hat noch untertrieben: „‚Die bayerischen Behörden haben ohne jede gesetzliche Grundlage an einem Trojaner gearbeitet und versuchen jetzt, die Kritiker mundtot zu machen. Die Strafjustiz wird instrumentalisiert, um unbequeme Behördenmitarbeiter einzuschüchtern, die auf Missstände hinweisen.‘ (…) Skandalös sei das Vorgehen der Polizei auch deshalb, weil der Pressesprecher laut Durchsuchungsbeschluss lediglich als ‚unbeteiligter Dritter‘, also als Zeuge eingestuft werde.“

Das wird langsam zu einem bayerischen Horrorfilm. Die dortigen Wähler sind aber offenbar zu blöd, um sich für so etwas zu interessieren. Ich wünsche jedem CSU-Wähler, dass ihn jeden Morgen um fünf ein Polizist aus dem Bett zerrt, die Möbel durcheinanderstellt und alle privaten Unterlagen beschlagnahmt.

Nachtrag, 20.09.2008 auf netzpolitik.org: „Nach Serverbeschlagnahmung nun Uni-Sperrung?“




Kult des Künstlers

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Die Tafel wirbt für kultdeskuenstlers.de vom Verein der Freunde der Nationalgalerie. Gut gemacht! Ich bin sogar vom Fahrrad gestiegen, um mir das näher anzusehen. Der Satz hat mir ungemein gefallen.




US-Geheimdienste: Terroristen könnten Online-Rollenspiele zur Planung von Anschlägen nutzen

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Heise berichtet: „In den US-Geheimdiensten wird daher befürchtet, dass möglicherweise virtuelle Welten wie Second Life oder vor allem Online-Rollenspiele mit Millionen von Spielern eine Möglichkeit bieten könnten, um heimlich Pläne auszuhecken oder sich zu verabreden.“ Ich sag’s ja! Ich habe es selbst gesehen und sogar mitgemacht, wie auf den Screenshots eindeutig zu sehen ist. Von meiner Marinebasis in Cymric aus habe ich mit Al-Kaida-Kadern und Marineoffizieren der Taliban geübt, wie man mit meinem neu gekauften U-Boot virtuelle Segelschiffe torpediert. Bitte nicht weitersagen, sonst lande ich in Guantanamo! Übrigens habe ich die blöde Blockhütte am Strand abgerissen und einen Leuchtturm hingestellt, dass die Terroristen mit ihren Booten mir nicht gegen die Mole fahren.




13 Geek Must Haves

Bundestag

[via younic. Sehenswert!]




BKAG-E vor dem Innenausschuss

Bundestag

Zugegeben: Ich habe mich gestern während der Anhörung im Innenausschuss des Bundestages ziemlich aufgeregt. Das ist unprofessionell. Man merkt das unserem Telepolis-Artikel an.

Ich bin ausnahmsweise vollständig Fefes Meinung: „Der aktuelle Kriegsschauplatz ist nicht, ob wir den Bundestrojaner kriegen, sondern ob sie heimlich in die Wohnung einbrechen dürfen, um ihn zu installieren.“ Auch, dass der Kollege Krempl offenbar auf einer anderen Veranstaltung war ich Leitner und ich. Die Meldung in der Tagesschau überrascht mich mittlerweile gar nicht – beim Thema „Online-Durchsuchung“ haben sie ohnehin groben Unfug verbreitet. Kai Raven hat alles mitgeschrieben, deshalb muss ich meine Notizen hier nicht noch einmal bloggen.

Im Gegensatz zu Fefe war mein Favorit Roggan. Ich habe in der Pause mit ihm ein paar Worte gewechselt. Meinem Eindruck nach war er deshalb so zurückhaltend, weil er genau wusste, dass es kaum jemanden interessierte, was er zu sagen hatte, und dass die Angelegenheit eine bloße Farce war. Leider fragten die Vertreter der Parteien nur diejenigen Experten, die sie selbst eingeladen hatten. Ich habe mich auch darüber geärgert, dass Petra Pau und Ulla Jelpke Fragen an Jörg Ziercke vom BKA stellten. Ich hätte diesen erbärmlichen Schwätzer nicht so zu Wort kommen lassen. Ziercke muss man live erlebt haben: Ich frage mich, wie jemand, der so dumm und zum Teil primitiv argumentiert, eine solch große Behörde überhaupt leiten kann, ohne dass alles drüber und drunter geht. Roggan hat, wenn er gefragt wurde, scharf argumentiert und subtil verdeutlicht, wo er den Hebel ansetzen wird. Er wird, wie auch Gerhart Baum, das Gesetz juristisch angreifen. Und ich wette, dass das Bundesverfassungsgericht auch das BKA-Gesetz in die Tonne treten wird. Diejenigen Herrschaften, die das verabschieden wollen, sind schlicht belehrungsresistent.

Sehr gut gefallen hat mir „Paulus“ Hansjörg Geiger, der jede Menge Dreck am Stecken hat, aber sich offenbar auf die Seite der Guten schlagen will. Seine Empörung über das Ansinnen von heimlichen Durchsuchungen wirkte sehr echt.

Aber doch noch ein paar Stichpunkte, die ich im Artikel nicht erwähnt habe: Kutscha kritiserte, dass nicht geregelt sei, welche Daten wann an ausländische Geheimdienste übermittelt würden. Einige der neuen Befugnisse des BKA hätten keinen Terrorismus-Bezug – wie zum Beispiel das Recht, Platzverweise zu erteilen. Das sei doch eine „James-Bond-Persiflage“.

Möllers meinte, dem BKA würden jetzt alle Befugnisse und Kompetenzen gegeben, die bisher schon die Geheimdienste hätten. Die Gesetzgeber betreibe offenbar nur noch „Verfassungsgerichtsexegese“, anstatt selbst Gesetze zu gestalten. Es könne nicht sein, dass die gesetzlichen Normen immer nur „so gerade an der Verfassungsgemäßheit entlangschrappen.“

Poscher sah die vom Grundgesetz vorgeschriebene Trennung von Poliezi und Geheimdiensten relativiert.

Roggan: Bis jetzt gebe es keinen Nachweis, dass die Befugnisse der Online-Durchsuchung unverzichbar seien. Die Prävention habe Einzug in das Strafrecht gehalten. Der Personenkreis der „Gefährder“ werden unverhältnismäßig ausgeweitet. („Wir sind alle Gefährder“ war mein erster Arbeitstitel für den Telepolis-Artikel) Wenn man das durchsetzen wolle, was geplant sei, müssten sie das Grundgesetz ändern.

Kabarettreif war Wolfgang Wieland, der nicht nur so laut redete, dass man ihn gut verstand, sondern auch witzig argumentierte. Es gebe im Übrigen keine Definition des „Internationalen Terrorismus“, auch die Autonomen in Heiligendamm könnte man in Zukunft als terroristische Vereinigung ansehen. Es sei im Gesetzentwurf von „ideologischen Strömungen“ die Rede. Reiche es aus, dass ein Terrorist fernsehe und sich „deshalb“ als „international“ einschätze, dass er zu einer terroristischen Vereinigung werde? Poscher hielt diese fehlende Definition gleich für verfassungswidrig.

Fazit: Es kommt noch einiges auf uns zu. Von der CDU und der SPD ist rein gar nichts zu erwarten. Die würden alles abnicken, selbst ein Ermächtigungsgesetz. Sie würden es noch nicht einmal merken. Man kann nur hoffen, dass die niemals eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag kriegen. Dann könnte selbst das Bundesverfassungsgericht gegen die zahlreichen Verfassungsfeinde im Bundestag nichts ausrichten.

Auf meinem Foto ist der Ausschuss-Vorsitzende Edathy zu sehen, der ein Interview gibt. Ich hatte aber keine Gelegenheit, ihn zu begrüßen.




Frankfurts „Second-Life“-Blase ist geplatzt, revisited

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Auf Heise lesen wir: „Frankfurts „Second-Life“-Blase ist geplatzt“. Der Artikel bietet jedoch nichts Neues, sondern nur die Erkenntnisse, dass die Avatare nicht zu Hauf zusammenströmen, wenn man irgendwo ein paar lächerliche Hochhäuser virtuell zusammenpappt. Den Römer (Youtube) gibt es so nicht mehr, alles ist dort im Bau. Die Paulskirche sieht virtuell bescheiden aus. Warum sollte ich mich da aufhalten? Ich habe selten so ein hässliches Areal gesehen. Meinen Avatar hat es geschüttelt. „Das nachlassende Interesse der breiten Öffentlichkeit erweckt nach Ansicht des Frankfurter ‚Second-Life-Fachmannes Andreas Klünder aber einen falschen Eindruck: ‚Ich sehe keinen Rückgang in den User- Zahlen, sondern mehr in der medialen Berichterstattung‚, sagt Klünder, dessen Medienagentur die virtuelle Ausgabe der Mainmetropole entwickelte.“ (Fängt Heise jetzt auch das Nicht-Verlinken an? Und die Welt bringt schon wieder das dämliche Foto, was wir seit Januar 2007 aus dem „Spiegel“ kennen.) „Jüngere Nutzer, hat Klünder herausgefunden, lassen sich in der virtuell nachgebildeten Main-Metropole kaum blicken“. Eben. Aber das weiß man schon, seitdem es Second Life gibt.




Des Zierckes neue Gesetze

Ein Artikel von mir auf Telepolis: „Des Zierckes neue Gesetze – Die innenpolitischen Scharfmacher sagen offen, was sie wollen: Wohnungen heimlich durchsuchen und informationstechnische Systeme verwanzen und manipulieren. Nur das Grundgesetz steht dem noch im Weg.“




„Flintenweiber“ – Frauen auf der Pirsch

Fernsehtipp für morgen: NDR – „Flintenweiber“ – Frauen auf der Pirsch. Immer mehr Frauen erobern eine der letzten Männerdomänen: Jagen. Die Reportage beobachtet Jagdschülerin Inga Tillmann bei der Ausbildung. Gehen Frauen anders mit Wild und Waffen um?“ Nicht zufällig habe ich dieses Blog verlinkt.




509.421 Sprengstoff- und Bombenbauanleitungen in Deutschland

Die irren Filter- und Zensurfreunde von der PAN AMP AG haben wieder eine lustige Pressemeldung rausgehauen: „Sprengstoff- und Bombenbauanleitungen wurden per Robot-Technologie im Internet analysiert und bewertet. Eines der Ergebnisse: Der steile Anstieg auf 509.421 detektierte Sprengstoff- und Bombenbauanleitungen in Deutschland führte bereits zu zahlreichen Verletzungen der meist jugendlichen Nachbauer, auch Todesfälle konnten dem Nachbau gefährlichster Internet-Anleitungen zugeordnet werden. (…) Die größte Anzahl gefährlicher Sprengstoff- und Bombenbauanleitungen auf einem Server wurden im September 2008 auf dem Stadtgebiet Berlins analysiert.“ Meinen die damit burks.de? [via netzpolitik.org: „Auf die Bevölkerung hochgerechnet kommt also jeden 160. Bürger eine Bombenanleitung“.] Die Deutschen – offenbar ein Volk von Bombenbauern! By the way. Welche Ärztegattung wäre für die „Internetsicherheitsfirma“ und Konsorten zuständig?

Quellen zum Weiterlesen:
Wikipedia: Sprengstoff
Wikipedia: Explosive material
University of Mississippi: Explosive Materials Disposal
Prof. Blumes Bildungsserver: Über die Leichtigkeit, Spreng- und Kampfstoffe herzustellen
Reference.com: Explosive material
Documentation and Diagrams of the Atomic Bomb
de.sci.misc: Einfuehrung in die Sprengchemie
Links zur Pyrotechnik




Ypsilanti – „Müntefering“

Das Fake-Gespräch zwischen Ypsilanti und „Müntefering“ (Jochen Krause von Radio ffn) ist jetzt auf Youtube. Spiegel online berichtet zwar, verlinkt es aber nicht. (Es könnte vermutlich die Rezipienten sittlich gefährden.)