Glatzen in Groß-Kotzenroda

Kölner Stadt-Anzeiger (15.04.2008): „Den ‚Tagesthemen‘ wird jetzt Boulevardjournalismus zur Last gelegt. (…) Die ‚Tagesthemen‘ ließen die Familie sprechen und zeigten die Reaktionen im Ort – ein solider Bericht. Im Vorspann jedoch wurde der Beitrag mit den Worten angekündigt: ‚Rechter Terror: Neonazis vertreiben Pfarrersfamilie.‘ Genauso war in der ‚Tagesschau‘ knapp drei Stunden zuvor auf den Film hingewiesen worden. Hinter Moderator Tom Buhrow hatte die Regie zudem Hinterköpfe von Skinheads eingeblendet. Eine falsche, effektheischende Zuspitzung der Dinge. Denn von Neonazis war nie die Rede, auch bei Neuschäfers nicht. Im Gegenteil: Folgt man den Betroffenen, dann ist das, was sie erlebten, der Beweis dafür, dass Fremdenfeindlichkeit aus der Mitte der Gesellschaft kommt – nicht allein von irgendwelchen Glatzen.“

Die Sendung hieß: „Eine Pfarrersfamilie auf der Flucht“, von Eva Altmann, MDR [tagesthemen 23:00 Uhr, 10.04.2008].

Mich wundert das gar nicht, obwohl eine „Anzeige gegen die ARD wegen Verleumdung und Volksverhetzung“ lächerlich ist. „Terror“ wird so inflationär benutzt, dass der Begriff kaum noch etwas aussagt. Natürlich ist ein solcher Bericht wie der des MDR pädagogisch wertvoll gemeint und Moraltheologie. Eben deshalb schauen nur die hin, die entweder darin vorkommen oder ohnehin schon die Guten sind. Reportagen über den so genannten „Rechtsextremismus“ haben immer ein ähnliches Muster, seit 20 Jahren. Man hat alles schon einmal in diversen Varianten gehört, wie beim Thema Drogen auch. Deshalb sind Journalisten versucht, immer lauter gegen die sich schnell einstellende Langeweile anzuschreien, um überhaupt noch Gehör zu finden. Das gilt auch für Bilder. Otto Normalverbraucher macht nichts her, auch wenn er rassistische Sprüche klopft. Also muss wieder die Glatze daran glauben, die mit dem Thema „Neonazis“ inhaltlich und politisch nicht viel zu tun hat.

Man müsste anarchistsich vorgehen: Irgendeinen fünf Jahre alten Bericht mit ader gewohnten alarmistischen Attitude über das Thema heute einfach noch einmal ausstrahlen und nur das Datum und verschwinden lassen und für den Ort einen Fantasienamen einsetzen – Klein-Kleckersdort, Groß-Kotzenroda oder so. Das wird kaum jemandem auffallen. Wetten dass?