Vorschriften zur automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nichtig

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Leitsätze zum Urteil des Ersten Senats vom 11. März 2008 [1 BvR 2074/05 – 1 BvR 1254/07]: „Hessische und schleswig-holsteinische Vorschriften zur automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nichtig“

1. Eine automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen zwecks Abgleichs mit dem Fahndungsbestand greift dann, wenn der Abgleich nicht unverzüglich erfolgt und das Kennzeichen nicht ohne weitere Auswertung sofort und spurenlos gelöscht wird, in den Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) ein.
2. Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ermächtigungsgrundlage richten sich nach dem Gewicht der Beeinträchtigung, das insbesondere von der Art der erfassten Informationen, dem Anlass und den Umständen ihrer Erhebung, dem betroffenen Personenkreis und der Art der Verwertung der Daten beeinflusst wird.
3. Die bloße Benennung des Zwecks, das Kraftfahrzeugkennzeichen mit einem gesetzlich nicht näher definierten Fahndungsbestand abzugleichen, genügt den Anforderungen an die Normenbestimmtheit nicht.
4. Die automatisierte Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen darf nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist im Übrigen nicht gewahrt, wenn die gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kraftfahrzeugkennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben. Die stichprobenhafte Durchführung einer solchen Maßnahme kann gegebenenfalls zu Eingriffen von lediglich geringerer Intensität zulässig sein.

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Kommentare

2 Kommentare zu “Vorschriften zur automatisierten Erfassung von Kfz-Kennzeichen nichtig”

  1. MH am März 11th, 2008 11:30 pm

    Ein Hoch auf das BVerfG!!! Mehr braucht man nicht zu sagen.

  2. Herrmann am März 12th, 2008 12:48 pm

    Ich denke es gibt dazu noch viel zu sagen.

    Die letzten Urteile unseres Bundesverfassungsgerichtes zu gültigen Gesetzen unserer Bundesrepublik veranlassen mich zu diesem offenen Brief und dem Leitgedanken:

    Wer die Macht hat und neue Gesetze erlassen darf, ist absolut dem Grundgesetzt verpflichtet mehr noch als jeder Richter in diesem Staat. Es darf keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gesetze geben, Grenzen dürfen nicht ausgelotet werden, zweifelhafte Wege dürfen nicht beschritten werden. „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist die absolut oberste Pflicht. Durch ein „Gesetzwidriges Gesetz“ werden unschuldige zu Schuldigen verurteilt. Ein neues Gesetz, auch mit geringem Zweifel an die Gesetzmäßigkeit, folgt dem Gedanken „Im Zweifel gegen den Unschuldigen“, der noch nicht einmal angeklagt ist.

    Ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik Deutschland. Was wird aus unserer Demokratie, unserer rechtsstaatlichen Ordnung, wenn unsere Regierung nicht bereit ist unser Grundlage, unsere Grundgesetzte, als höchstes Rechtsgut zu beachten?
    Ich fürchte wir werden es erleben, oder besser wieder erleben, weil wir es bereits vor ein paar Jahrzehnten die Folgen erdulden mussten.
    Den Glauben verlieren ist oft ein langsamer und fortschreitender Prozess, geprägt durch kleine Ereignisse und immer wieder revidiert durch positive Erkenntnisse.
    Aber wie sieht es in unserem Staat aus? „Rechtverdrossenheit“ findet man auf zahlreichen Ebenen. Das „schwindende Unrechtsbewusstsein“ wird viel zitiert und zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten.
    Aber ist dies Verwunderlich, wenn unsere Regierungen unsere Politiker dies immer offener vorleben. Ich spare mir die Aufzählung der Skandale, die Worte „Schmiergeldzahlungen“, „schwarze Parteikassen“ dürften schon genug Erinnerungen bringen.
    Was man aber zurzeit an Rechtsverletzungen und erklärten Absichten zu Rechtsverletzungen von Regierungen erlebt, lässt den Glauben an den Bestand unseres Rechtstaates wasserfallartig ins Bodenlose stürzen. Regierungen, Politiker die nicht bereit sind unser Grundgesetz zu beachten und selbst bei massiven Rügen durch unser Bundesverfassungsgericht nicht einsichtig werden, sind eine Gefahr für unseren Rechtsstaat und müssen „Abgewählt“ werden.
    Es ist gar nicht die Frage ob ein neues Gesetz „scharf“, „knapp“, „in einem Punkt“ oder voll und ganz dem Grundgesetz widerspricht. Alleine die Absicht der Regierenden „knapp“ am Grundgesetzt zu agieren, dazu eigene Interpretationen mit Rechtsbeugungen zu verbreiten lässt unverholen die Absicht zur Beugung des Grundgesetzes erkennen und die ignorante Missachtung unserer Gesetzte durch Politiker.

    In unserem Rechtssystem gilt der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“.
    Jeden Richter muss dies in jedem seiner Urteile beachten.
    Wie viel wichtiger ist dieser Grundsatz jedoch erst bei der Gesetzgebung? Mit Gesetzen und Anordnungen, die dem Grundgesetz widersprechen werden Millionen unbescholtene, unschuldige Bürger ins Unrecht gesetzt, als Gesetzesübertreter behandelt, rechtswidrig in ihrem intimsten Bereichen berührt, rechtswidrig ausgespäht und vorverurteilt. Als Folge davon vielleicht sogar unschuldig von einer befreundeten Weltmacht aus ihrem Leben gerissen und vielleicht auch unschuldig entsorgt. (Schuldig entsorgt wäre auch nicht besser).
    Und ich wiederhole mich gerne.

    Wer die Macht hat und neue Gesetze erlassen darf, ist absolut dem Grundgesetzt verpflichtet mehr noch als jeder Richter in diesem Staat. Es darf keinerlei Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Gesetze geben, Grenzen dürfen nicht ausgelotet werden, zweifelhafte Wege dürfen nicht beschritten werden. „Im Zweifel für den Angeklagten“ ist die absolut oberste Pflicht. Durch ein „Gesetzwidriges Gesetz“ werden unschuldige zu Schuldigen verurteilt. Ein neues Gesetz, auch mit geringem Zweifel an die Gesetzmäßigkeit, folgt dem Gedanken „Im Zweifel gegen den Unschuldigen“, der noch nicht einmal angeklagt ist.

    Ich denke wir haben den Rechtsstaat fast oder bereits verloren. Bundesrichter sind bestenfalls noch ein Notanker, die von unseren Gesetzgebern einfach ignoriert werden.

    Jeder Bürger und auch jeder Politiker möge sich die Frage selbst beantworten:

    Fühlen sich unsere Regierenden noch dem Grundgesetz verpflichtet? Oder …

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