Todesstrafe für Spammer-Avatare?

Second Life

Ich habe mich doch sehr gewundert, als ich gestern im offiziellen Second-Life-Blog den Artikel las: „Mainland and the Ad Farm Problem“. Uneingeweihte verstehen schon bei der Überschrift nur Bahnhof oder Suaheli. „Mainland“ sind die „Kontinente“ in Second Life, „öffentliches Land“ im Gegensatz zum „private estate“, den zahllosen Inseln, die jeweils einem Privateigentümer gehören.

Der kleine, aber feine Unterschied: Der Eigentümer einer Insel kann zwar sein Land in kleine Parzellen teilen und einzeln verkaufen, diese Parzellen aber auch wieder enteignen und zusammenlegen. Auf dem Mainland kann das nur Linden Lab. Das nutzen die Spammer („Ad Farm“) aus: Auf dem „Mainland“ haben viele Land in die kleinstmögliche Einheit zerlegt, 16 „Quadratmeter“, auf die maximal drei Bauteile passen. Ein Grundstück, von dem eine solche Ecke fehlt, auf der sich eine riesige Werbetafel dreht, ist somit so gut wie unverkäuflich – wenn der Eigentümer der 16 Quadratmeter sich weigert zu verkaufen. Parzellen mit zahllosen Werbetafeln, die die virtuelle Gegend verschandeln, gibt es nur auf Mainland.

Das wird sich jetzt ändern:

So to recap:
* Advertising on small parcels is fine, we are not outlawing the use of small parcels for this purpose.
However..
* Using content, particularly advertising, to deliberately and negatively affect another resident’s view so as to sell a parcel for an unreasonable price, will be deemed unacceptable and dealt with as a violation of our community standards.

„Unreasonable price“ ist so etwas wie „fairer Handel“ oder „gerechter Lohn“, also eine sinnfreier affirmativer Begriff für etwas, das im Kapitalismus nicht existiert. Löhne und Preise und Warenwerte sind keine moralischen Kategorien und somit weder fair noch unfair noch ungerecht. Ein „fairer Handel“ oder „gerechte Preise“ existieren nur in den Hirnen linker Dumpfbacken, die die zu ihnen passende Bibel nicht studiert haben, weil sie dazu zu faul oder zu dämlich waren (meistens beides). [Ich war in den 70ern fünf Semester Tutor in Kapital-Kursen – der einzige Maoist bei Wolfgang Fritz Haug.]

Wenn Linden Lab, der Eigentümer der 3D-Welt Second Life, jetzt die Preise künstlich festsetzen will, ist das Sozialismus. Und das von einer kalifornischen Firma! Hugo Chavez lässt grüßen.

Aber da Second Life ohnehin nur bestimmte Aspekte der Realität simuliert und mitnichten nach den Gesetzen der Marktwirtschaft funktioniert, ist das wurscht. Ich finde es ganz hervorragend, wenn die Besitzer der Ad Farms und andere Spammer ohne Entschädigung gnadenlos enteignet werden. Ich wäre sogar dafür, bei Spammern die Guillotine für Avatare einzuführen.

image_pdfimage_print

Kommentare

One Kommentar zu “Todesstrafe für Spammer-Avatare?”

  1. hfi am Februar 20th, 2008 11:19 pm

    naja, da gibts von mir, der nicht 5mal, aber in den 90ern immerhin einmal Marx-Tutor war (W.Diederich, Hamburg, unsere damalige Verständnishilfe: Robert Paul Wolff, Understanding Marx, Princeton 1984) mal wieder ein fröhlich-degeneriert-bürgerliches Ästheten-jein, burks. „Gerechter Preis“ – nun ja. Es wäre gut gewesen und hätte uns den Stalinismus erspart, wenn die Linke auf ein paar abstrakte Begriffe Wert gelegt hätte. Gibt es DIE Gerechtigkeit? Vermutlich nicht. Aber als relationaler Begriff taugt er. x gerechter (weniger ungerecht) als y. 9,50 € die Stunde ist nach meinem etwas verfeinerten Bürgerhirn nun einmal wirklich etwas weniger ungerecht als 4,50 €.

Schreibe einen Kommentar