Journalistische Folklore

Der Kerl sagt, wie es ist und hat Mumm. Ulrich Tilgner, Korrespondent des ZDF, beschreibt in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung die Berichterstattung aus und über Afghanistan:

„Gerade die Afghanistan-Problematik ist sehr komplex und wird zunehmend unter dem Blickwinkel der deutschen Politik gesehen, manchmal sogar im Rahmen des Auftretens von Politikern. Deren Interessen werden nur zu oft sehr gut bedient“, (…) Wenn die politische Berichterstattung von Kollegen gemacht wird, die mit der Bundeswehr kommen und ich für eine Art journalistischer Folklore zuständig bin, dann habe ich ein Problem. (…) So gebe es mitunter Druck auf die Korrespondenten, Geschichten vor Ort entsprechend der Erwartung der Heimatredaktion zu erarbeiten. So sagte Tilgner in Bezug auf die Befreiung einer deutschen Geisel in Afghanistan: ‚Wenn der Druck der Konkurrenz oder von Politikern auf Redaktionen steigt, wird es schwierig, nicht die erwartete „Erfolgsgeschichte“ zu berichten, die es nach meinen Recherchen eben so nicht gab‘.“

Schön, dass das jemand so deutlich ausspricht: Hofberichterstattung, unkritische Lobhudelei, politische Willfährigkeit, mangelnde Recherche – das ist der Mainstream des deutschen Journalismus. Chapeau, Tilgner!