Ein Haufen Irres

source:CCCLaut Heise will die CDU „heimliche Online-Durchsuchungen“ auch gegen „Kinderpornografie im Internet“ einsetzen. Man merkt, dass sich der Hoax verselbständigt hat: Die Wahnvorstellung, die Regierung könne private Rechner „irgendwie“ fernwarten oder es könne ihr gelingen, ohne Wissen der Nutzer dort herumzuschnüffeln, hat sich in den Köpfen so festgesetzt, dass rationale Argumente nichts mehr helfen. Der Glaube an den „Regierungshacker“ hat mittlerweile eine religiöse Konsistenz. Beckstein lügt dazu dreist: „Ich kenne keinen Fachmann aus den Landeskriminalämtern oder Landesverfassungsschutzämtern, der nicht die Online-Durchsuchung für notwendig hält.“ Dann sitzen dort nur Idioten. Ich kenne übrigens keinen IT-Fachmann (Frauen eingeschlossen), der eine „Online-Durchsuchung“, wie sie sich die CSU offenbar vorstellt, für möglich hielte.

Auch die „groß angelegten Angriffe auf Web-Anwender“ lassen mich kalt: „Zu ihrem Schutz sollten Anwender nur mit einer vollständig gepatchten Version des Internet Explorer arbeiten oder einen alternativen Browser nutzen. Zudem sollten Anwender den RealPlayer deinstallieren.“ Nein, zu ihrem Schutz sollten Anwender auf Windows verzichten, wenn sie damit nicht umgehen können. Ziel der Angriffe sind also nicht Web-Anwender (By the way: „Web“ ist kein Synonym für „Internet“!), sondern Windows-Nutzer. „Web-Anwender“ ist da schon ganz richtig, denn die meisten Nutzer halten das WWW für das Internet und haben von den anderen Diensten noch nie etwas gehört.

Hier gibt es ein schönes Interview mit dem Ex-Bundesverfassungsrichter Professor Hans-Joachim Jentsch: „Ob die Klage Erfolg haben wird, ist schwer einzuschätzen. In einer früheren Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht gesagt, dass eine Vorratsdatenspeicherung zu unbestimmten Zwecken nicht zulässig ist“.

Der mit Abstand lustigste Artikel bei Heise, der sich auf eine Meldung der Wirtschaftswoche bezog, ist schon von vorgestern: „Verfassungsschutz soll gezielte Trojanerattacken abwehren.“ Wer gerne lacht, sollte ihn unbedingt lesen. Leider besteht er zur Hälfte aus bloßen Gerüchten, die bisher niemand verifiziert hat: „Sollen häufig professionelle Spione im Staatsauftrag hinter den gezielten Attacken stehen“. Die Chinesen „sollen“ angeblich auch wild in der Gegend herumhacken. Und was die Esten den Russen unterstellen, ist auch nur ein Gerücht. Was der Verfassungsschutz behauptet, kann man jedoch wie gewohnt als Agitprop bezeichnen, als frei erfunden oder zum Totlachen: „Rund 750.000 Computer hiesiger Unternehmen sollen mit Trojanern infiziert sein und vertrauliche Daten unbemerkt weiterleiten –­ oft direkt an die Konkurrenz.“ Die Schlapphüte haben genau mitgezählt. Jawoll, was die können, kann der Verfassungsschutztrojaner schon lange. Bruhahaha.

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