Was macht eigentlich der DJV? [Update]
Vor langer, langer Zeit habe ich in Telepolis einen Artikel geschrieben, der ungeahnte Folgen hatte. Der politisch etwas braun angebrannte Kamerad Witt hat vor einigen Wochen einen Schlaganfall erlitten und wird nicht wieder ins vereinspolitische Tagesgeschäft zurückkehren können. Und seine Anhänger, mit denen er zwei Landesverbände des DJV kurzzeitig übernommen hatte, haben sich in alle Winde zerstreut. Dennoch herrschen weder Frieden noch Eintracht, sondern ein erbitterter Grabenkrieg. Der DJV ist handlungsunfähig, wenn man die Fähigkeit zu streiken als eines der relevanten Merkmale einer Gewerkschaft annimmt; der Gesamtvorstand orientierungslos und mit der Gruppendynamik eines Kindergartens, die Mitglieder weitgehend desinteressiert an den Desastern, die die Dilettantentruppe, die sich Bundesvorstand nennt, wieder anrichtet. Jetzt wird sogar die Präsenz in Berlin verkleinert, weil das Geld nicht mehr reicht. Dafür leistet sich der DJV aber eine teure Geschäftsstelle in Bonn - und in Berlin und Brandenburg gleich vier Landesverbände mit eigenen Geschäftsstellen, Vorsitzenden, Vorständen, Angestellten und jede Menge Ehrenämtlern. Schilda lässt grüßen.
Manchmal gibt es jedoch auch etwas Schönes zu berichten, sogar, wenn es um Geld geht. Die Landesverbände des DJV haben entschieden, über ihren normalen Mitgliedsbeitrag hinaus einen Betrag zu zahlen, der den Landesverbänden zugute kommt, die selbst nicht genug Geld haben. Damit es ein Nullsummenspiel bleibt, wurde der allgemeine Betrag, den alle abführen, gesenkt. Den Fonds verwaltet nicht der Bundesverband, sondern der DJV NRW.
Man darf zu Recht vermuten, dass der Bundesverband seine notleidenden Landesverbände auch deshalb nicht direkt finanziell unterstützt, weil das vielleicht einen Rechtsanspruch auf diesen "Länderfinanzausgleich" herstellen könnte. Den will aber der Bundesvorstand nicht: Der DJV unterstützt den DJV Brandenburg aus "politischen" Gründen nicht, weil ihm dessen Vorstand nicht genehm ist, und prozessiert mit dem ungeliebten Landesverband um die nicht oder doch abzuführenden Mitgliedsbeiträge.
Übrigens: Die finanzielle Not entsteht nicht automatisch aus der mangelnden Zahl der Mitglieder, sondern daraus, ob vernünftig und gut gewirtschaftet wird. Der Landesverband Bremen zum Beispiel ist einer der kleinsten, kann sich aber selbst finanzieren, weil man sparsam ist; der Verein Berliner Journalisten schafft das nicht, sondern hängt am finanziellen Tropf. Sieben Landesverbände sind finanziell nicht selbständig - ausnahmslos alle im Beitrittsgebiet sowie Schleswig-Holstein, der Brandenburger Journalisten-Verband (nicht zu verwechseln mit dem DJV Brandenburg) und eben der VBJ in Berlin.
Die Angelegenheit ist dröge, juristisch verzwickt, bloße Vereinsmeierei und interessiert niemanden außer den Apparatschiks und den üblichen Verdächtigen. Die Sache hat aber eine lustige Pointe. In Berlin stehen die beiden Landesverbände DJV Berlin und Verein Berliner Journalisten in Konkurrenz zueinander. Die Finanzkommission der DJV hat am 18.12.2006 über den "Länderfinanzausgleich" entschieden. Demnach werden die beiden kleinen "neuen" Landesverbände in Berlin und Brandenburg auch 2007 Geld aus dem großen Topf bekommen. Warum, weiß niemand, denn in Berlin ist der Vorstand des dortigen "alten" Landesverbands, der dem Bundesverband so viel Sorgen machte, schon längst nicht mehr Amt, vielmehr haben dort die Guten das Sagen.
Und jetzt kommt endlich die Pointe: Der DJV Berlin hat, zwar unter Vorbehalt, zugestimmt, dass er seine eigene Konkurrenz, den VBJ, über seinen Beitrag an den Strukturfonds mitfinanziert. Nochmal zum Mitschreiben: Der DJV Berlin zahlt Geld an den Strukturfond, und der alimentiert mit eben diesem Geld den kleineren der beiden Berliner Landesverbände. Ist das nicht süß und geradezu rührend? Das wäre so, als zahlte Daimler jeden Monat Geld an Skoda - einfach nur, weil man sich lieb hat.
Jeder normale Mensch wird sich an den Kopf fassen und rufen: Sind die denn irre? Jawohl, sind sie, denn es handelt sich um einen Journalistenverband. Da geht es nicht wirklich um etwas wie etwa im DFB, nein, nur um kleine Summen wie die 750 000 Euro, die der amtierende Bundesvorstand mal eben zum Kamin hinausgejagt hat mit seinen kläglich gescheiterten Versuchen, zwei seiner Landesverbände auszuschließen.
Die Mitgliedsgelder sind futsch, der Verband fast pleite, wie im aktuellen Stadl ausführlich zu lesen. Die Publikation ist anonym und nennt ihre Quellen, ist also journalistisch unseriös, aber dennoch weitgehend wahr. Aber wen kümmert das? Der Bundesvorstand möchte natürlich im Herbst so tun, als sei nichts geschehen und wiedergewählt werden. Und wenn nicht noch ein Wunder der Erleuchtung über einige der duckmäuserischen Delegierten kommt, wird das auch so geschehen.
Berlin, Berlin: Man sollte nicht dramatisieren, dass der DJV Berlin den VBJ finanziell aufpäppelt. Es handelt sich nur um rund 160 Euro im Monat, also um knapp 2000 Euro im Jahr. Anders herum formuliert: Neun durchschnittliche Mitglieder des DJV Berlin finanzieren mit ihren Beiträgen ihre eigene Konkurrenz. So nett sind die! Um der Gerechtigkeit willen müsste der Vorsitzende des VBJ, Gerhard Kothy, einmal im Jahr in der Geschäftsstelle de DJV Berlin vorbeikommen und die 2000 Euro in bar angeben. Das Geld könnte dann für einen guten Zweck verwendet werden, zum Beispiel den Arbeitgeberverband zu unterstützen, dessen Pressesprecher gleichzeititg im Vorstand der Gewerkschaft DJV Berlin sitzt und über Tarifverträge abstimmt.
Ist das nicht alles zum Totlachen? In keinem Verein in Berlin, außer vielleicht in der Jüdischen Gemeinde, bekommt man so viel Slapstick geboten. Ceterum censeo: Jetzt in den DJV Berlin eintreten! Der Unterhaltungswert ist kaum zu toppen. |