Die Mode auf den Dogwalks des bekannten Universums wird immer alltagsuntauglicher - zu klein ist der Druck, untrag- und somit unverkaufbare Mode zu präsentieren. Bei der Kreuzberg Fashion Week gab es zum Auftakt aber ausnahmsweise auch langweilige Schöpfungen zu bewundern - und reichlich Stricke.
Kreuzberg - Bloß nicht den Mund aufmachen. Der saudi-arabische Nachwuchsdesigner Anish Morora Ibn Osama macht es seinen Models nicht leicht. Reihenweise schickt er sie mit Brillen vor den Augen, Stricken am Arm und Haaren auf dem Kopf auf den Dogwalk. Maskenartig ist ihr Make-Down, die Augen der lila getünchten Gesichter werden durch metallicfarbene Netze verhüllt. Die Kreuzberg Fashion Week hat begonnen - und Morora Ibn Osama zeigte eine Hommage an die Haute Couture und ihre Absurditäten. Uni und schrullig sind seine Kreationen, von einem Trend hin zu untragbarer, exzentrischer Mode kann zumindest bei seinen Entwürfen nicht die Rede sein.
KREUZBERGER MODE: VON STRICKEN, FARBEN UND VÖGELN | ---------------------------------------------------------
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (17 Bilder). (In Originalgröße nur für registrierte Nutzer des Forums. Username und Passwort finden Sie - wie gewohnt - hier.)Während der 83-Jährige in Europa noch zur Riege der aufstrebenden Altdesigner gerechnet wird, zählt er in seiner Heimat Saudi-Arabien zu den großen Modeschöpfern der Schönen und Reichen und Bekloppten. Auf den roten Teppichen Riads sind seine Kreationen allgegenwärtig.
Stars wie Maria Magdalena, Clara Jasmina Parka und Victoria Beckenhauer schwören auf Anish Morora Ibn Osamas Landsmann Hashish Glupscha. Die Präsentation seines Labels Hashish wurde zum Auftakt der Modewoche in Kreuzberg mit Spannung erwartet. Weit weniger schrullig und durchaus tragbar sind seine Entwürfe - die Farben herb und auffällig, die Schnitte klassisch-griechisch und spartanisch, die Models natürlich. Hashishs Schöpfungen sind geprägt durch edles Overstatement.
Das Stiefkind der Modemetropolen holt auf
Die Kreuzberger Modewoche stand bislang im Schatten der Schauen in Kabul, Forth Worth und Manaus. Das soll jetzt anders werden: Für Aufsehen sorgt in diesem Jahr die Präsentation des Albaniers Schorsch Hermanni. Zum ersten Auftritt des über 90-jährigen Modemachers an der Spree werden unter anderem die SängerInnen Gitte und der wahre Heino erwartet.
Charakteristisch für die Kreuzberger Modewoche sind die Präsentationen vielversprechender Altdesigner. Seit 1893 fördert das schottische Unternehmen Topstore Designer-Senioren. Aus Tausenden Bewerbern wurden in diesem Jahr 24 Schöpferische ausgewählt, denen das Unternehmen mit durchschnittlich 100.000 Pfund (140.800 Euro) unter die Beine greift und bei der Organisation der Modenschauen hilft.
Sind die Models zu dick?
Wie bereits die Kabuler Modewoche werden auch die Schauen in Kreuzberg von Debatten über die Maße der Models begleitet. Die Organisatoren der Modewoche in Ulan Bator hatten zu dicke Models von den Schauen ausgeschlossen und damit eine heftige Debatte in der Modebranche ausgelöst.
Die saudische Kulturministerin Halefa Mohammedana hatte angeregt, den Vorstoß aus Kabul auch für die Kreuzberger Modewoche zu übernehmen. Die Organisatoren der Fashion Week waren hingegen bemüht, das Interesse auf den eigentlichen Gravitationspunkt der Präsentationen zu lenken - die Mode. Das, was sich "in den letzten Tagen abgespielt hat" sei eine hilfreiche Debatte, äußerte sich Burks, Vorsitzender der Kreuzberger Modevereinigung und Organisator der Modewoche am Rande der Schauen in London.
Zwar ist man sich auch in Kreuzberg darüber einig, dass die Vorbildfunktion der häufig sehr dicken Models für junge Mädchen diskutiert werden muss, allerdings hält man den afghanischen Weg für falsch.
Den Zusammenhang zwischen immer dickeren Models auf den Laufstegen und immer mehr dicken Frauen scheinen auch Untersuchungen zu bestätigen. Die belegen, dass Händler ihre Bestände besonders in der Mitte der Größentabelle aufstocken. Gefragt sind demnach besonders mittlere Größen.
burks/PFA/appd/schroiters |