Gemeinsam mit Dr. Faustus und Mephisto führte unser Osterspaziergang in einen Teil Berlin-Kreuzbergs, der von Touristen und sonstigen Japanern bisher verschont wurde. Heute das Gegenteil. Bekanntlich schrieb Julius Caesar: "Berlin est omnis divisa in partes tres, quarum unam incolunt Wessis, aliam Ossis, tertiam qui ipsorum lingua Kreuzberger, nostra Monscrucii appellantur." Kreuzberg wiederum ist in zwei Teile geteilt: wir beschäftigen uns heute nur mit Kreuzberg 61.
Wie der Stadtplan verrät, liegt im Zentrum des interessantesten Stadtteils Deutschlands der Viktoriapark mit seinem künstlichen Wasserfall; östlich davon die Bergmannstrasse. Touristen seien hiermit aufgefordert, andere Teile Kreuzbergs zu meiden, dort nerven sie nur. Die Kneipendichte ist in der oben genannten Bergmannstrasse am größten, für jeden Geschmack ist etwas dabei. Man trifft sogar zahlreiche Einheimische, weil die Touristen im Kaufrausch in den Läden hängenbleiben oder sich bei Architekturspaziergängen vergnügen. Für's gesellige Beisammensein bevorzuge ich das Atlantic [Atlantic for British people, vgl. Bild oben Mitte].
Der Kreuzberger an sich ist Lokalchauvinist. Das heisst: im Stadtteil Prenzlauer Berg wohnen nur die so genannten Kiddies, auch Studenten genannt, die alle gleich alt bzw. jung und alle gleich aussehen und alle gleich langweilig sind. Oder Ossis, die aus einer anderen Kultur stammen - und die kennen weder die Tradition des Entglasens noch wissen sie, was ein Squatter ist. Deshalb verlässt man seinen Kiez freiwillig nicht. Aber vielleicht ist das nur ein Vorurteil. Die Kreuzberger Chronik reicht leider nicht bis in die frühen achtziger Jahre zurück. Um interessante Quellen zu studieren, müsste der historisch interessierte Fremde sich einschlägige Fotos ansehen oder das Kreuzberg-Museum aufsuchen oder volkskundliche Studien zu Gemüte führen. Den geneigten Leserinnen und wohlwollenden Lesern dieses kleinen Kreuzberg-freundlichen Forums dürften aber die Kiezgeschichten auf der offiziellen Website bekannt vorkommen.
Schwer ist es, über etwas online zu schreiben, das man gut kennt. Genauer: seit 25 Jahren. Deshalb unterliegt der Autor der Versuchung, das Publikum mit zahllosen Links zu erschlagen. Genug davon. Der Frühling ist da, die Bäume schlagen aus, und die Bauern spannen ihre Rösslein an. Und die Damen sehen ganz besonders gut aus. Und wo könnte man das besser beobachten als hier gleich um die Ecke. Gesagt, getan.
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BURKS ONLINE 17.04.2004
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