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Erschienen am 19.09.2001
im Tagesspiegel, Berlin
.Jihad-Mailingliste
- Ein Hacker macht die Mitglieder der deutschen Jihad-Mailingliste öffentlich

Ein Hacker mit dem Pseudonym "Anonymer Feigling" hat eine Liste von mehr als 500 E-Mail-Adressen von einer Mailingliste ins Internet gestellt. Die Adresse stammen von Personen, die eine Mailingliste abonniert haben, die weltweit den "Jihad", den Heiligen Krieg gegen die Ungläubigen unterstützt. Die Liste wurde in den Newsgroups alt.religion.islam, alt.military, alt.war, alt.politics, alt.current-events.usa, soc.culture.arabic verbreitet.

Unter den eingetragenen Lesern ist ein User mit der Adresse bahaj@tu-harburg.de. "Bahaj", 26, ehemaliger Student der Universität in Hamburg-Harburg, ist für die Fahndern des FBI und des BKA der Logistiker der Terroristen, die die Anschläge in den USA verübt haben. Nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand hat Bahaj den Todespiloten die Visa in die USA verschafft und eine der konspirativen Wohnungen in Hamburg besorgt.

Die meisten anderen Namen der Abonnenten-Liste sind arabischer Herkunft, es finden sich darunter aber auch viele deutsche Adressen. User der Fachhochschule Karlsruhe und der Uni Tübingen sind vertreten. Mehrere E-Mail-Adressen scheinen Studenten sowohl der Freien als auch der Technischen Universität in Berlin zu gehören. Einige der Namen scheinen Pseudonyme zu sein, die nicht ganz ernst gemeint sind - wie "iman-berlin" oder "muhammed-lucky". Andere suggerieren Sympathie mit dem Jihad wie "hwarrior_2000", der bei dem Web-Portal Yahoo registierte ist. Es ist unklar, ob die Abonnenten die Liste nur aus Neugier oder Interesse bestellt haben oder ob sie zu den Unterstützern des Jihad auch in Deutschland gehören.

Da die Kommunikation auf der Mailingliste nicht verschlüsselt wurde, wird dort kaum etwas zu finden sein, was mit den Terroranschlägen in den USA zu tun hat. Die Mailingliste wurde mit einem kostenlosen Tool erstellt, das auch auf deutschen Server verfügbar ist (www.webmeister-web.de/zubehoer/mailinglisten.htm). Diese Art von Kommunikation ist extrem unsicher und gegen den Angriff von Hackern kaum geschützt.

Die Mailingliste wurde auf mehr als einem Dutzend Websites angeboten, die untereinander vernetzt und schon seit Ende 1999 online sind. Zentrale Homepage für den Heiligen Krieg war qoqaz.net, die im brasilianischen Sao Paulo registriert ist, mit vielen "Mirrors" - identischen Kopien - in mehr als 16 Sprachen, darunter schwedisch, mazedonisch, bosnisch und albanisch. Die meisten Seiten sind zur Zeit nicht erreichbar, die südafrikanische, eine englische und die ukrainische Verion aber noch online. Auf der Startseite finden sich Links zu den Themen über das „Märtyrertum im Islam" sowie detaillierte Tipps zu "How do I Train Myself for Jihad?" Der Tenor aller Websites ist antisemitisch und ruft zum Boykott "zionistischer Unternehmen" auf.

Die deutsche Version, qoqaz.de, ist seit wenigen Tagen offline. Der Betreiber ist Lars Wolfgang Müller, 27, ein Student der Wirtschaftsinformatik in Münster. Müller ist vor einigen Jahren zum Islam konvertiert. Er hatte mehrere andere Studenten in ganz Deutschland kontaktiert, um "objektive Informationen" über den Krieg in Teschetschenien zu verbrieten. Er kontaktierte islamische Studenten in ganz Deutschland per E-mail, die ein ähnliches Anliegen hatten. Die Gruppe wandte sich vor knapp zwei Jahren per E-Mail sich an die englische Nachrichtenagentur azzam.com, die die Position der tschetschenischen Guerilla verbreitet. Azzam Publikations ist offenbar nach Scheich Abdallah Azzam benannt, einem Weggefährten Osama bin Ladens, vielleicht auch nach dem gleichnamigen Scheich Nafez Azzam von der palästinensischen Jihad-Bewegung.

Die Nachrichtenagentur bietet auf ihrer Website auch Videos bin Ladens an, auf denen der sich diverser Terror-Anschläge rühmt. Das qoqaz-Netz - Motto: Jihad in Chechnya - übernahm die arabische Version und übersetzte den Inhalt in die jeweilige Landessprache. Der Münsteraner Student, offenbar die wichtigste Kontaktperson in Deutschland, ist zur Zeit nicht mehr erreichbar. Auch im Studentenwohnheim im Gescherweg 56, wo er zuletzt gemeldet war, weiss niemand, wo er sich zur Zeit aufhält.

Die Websites zur Unterstützung des Heiligen Krieges wurden bis jetzt von Polizei und Staatsanwaltschaft in ganz Europa nicht behelligt, obwohl dort gewaltsame Aktionen befürwortet wurden. Bisher bezogen sich die Aufrufe zum Jihad fast ausschliesslich auf den Widerstand in Tschetschenien gegen das russische Militär. Seit den Anschlägen in den USA haben viele Provider jedoch Bedenken, derartige Inhalte auf ihren Servern anzubieten. Verhindern lässt sich das jedoch nicht. Der islamische Jihad wird weiter auf Dutzenden von Websites propagiert, oft in seriösem Ambiente wie zum Beispiel auf dem "Kavkaz Center" (kavkaz.org), registiert in Florida, wo der Taliban-Führer Mullah Omar auf englisch, türkisch und russisch alle Muslime zum Heiligen Krieg aufruft und dazu, sich zur die Sache zu opfern: "Prepare to sacrifice yourselves!"

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